Pressemeldung

Wirtschaftspolitik muss Komfortzone verlassen

Über die Herausforderungen der heimischen Wirtschaft und die Bedeutung der europäischen Integration diskutierten rund 200 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Institutionen am Dienstagabend beim Jahresempfang der Wirtschaft von IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim und Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz im Römerhof der IHK.
Diffuse Wirtschaftspolitik und fehlende Rahmenbedingungen treiben die regionalen Unternehmen derzeit noch mehr um als der Arbeitskräftemangel und die Energieversorgung. „Der Standort Deutschland wird unattraktiv. Immer weniger Unternehmen planen, in der Region zu investieren“, warnte IHK-Präsident Michael Matt in seiner Begrüßung.
„Die Zeit der Komfortzone ist vorbei“, appellierte dann auch Handwerkskammer-Präsident Dr. Georg Haber an Festredner Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthardt. „Die regionale Wirtschaft kritisiert nicht erst seit heute, dass sich die Standortbedingungen zunehmend verschlechtert haben“, so Haber. Es fehlten ein Fahrplan für die Zukunft, Planungssicherheit, Entschlussfreude bei den politischen Entscheidungsträgern und vor allem die nötige Zeit für Veränderungen. Zwar wurden auf Bundes- als auch auf Landesebene in den vergangenen Monaten immer wieder neue Erleichterungen für die Betriebe beschlossen. Gleichzeitig wurde wenig davon umgesetzt. Haber führte die überbordende Bürokratie und die Krise in der Schlüsselbranche Bau als Beispiele an. „Es muss besser regiert werden“, so auch IHK-Präsident Matt.

Kultur des Möglichmachens

Festredner Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthardt brach eine Lanze für die europäische Integration. Bayern stünde ohne den EU-Binnenmarkt heute nicht als fünftgrößte Wirtschaftskraft Europas da. Damit das so bleibt, müsse der Freistaat voll auf wirtschaftliche Diversifizierung setzen. „Wir müssen alle Weltregionen bedienen.“
Die Bürokratie mache der Wirtschaft indes zu schaffen. So habe die EU-Gesetzgebung eine Taktung erreicht, die kein Unternehmen mehr mitgehen könne, räumte Gotthardt ein. „Wir brauchen in Brüssel nicht nur ‚Better Regulations‘ wie es dort immer heißt, sondern auch einmal ‚No Regulations‘.“ Dabei sollte die Politik nur die Ziele vorgeben, den Weg dorthin sollten Firmen und Forschung selbst wählen können. Leichter gesagt als getan. Bürokratie abbauen sei schwierig, weil dann rechtliche Grauzonen entstünden. Deshalb fordert Gotthardt auf allen Ebenen der Behörden einen Sinneswandel. „Wir brauchen eine Kultur des Möglichmachens in der Verwaltung.“ Mit Blick auf die angespannte Lage im Baugewerbe etwa sei dies dringend erforderlich. Denn ein Niedergang des Bauwesens zöge einem „Flächenbrand“ beim Konsum nach sich.

Europa und Vielfalt als Wirtschaftsfaktoren

Angesichts der unsicheren geopolitischen Lage ist ein offenes Europa für die regionale Wirtschaft wichtiger denn je. „Jeder zweite Euro wird in Ostbayern auf internationalen Märkten verdient. Unsere Betriebe in der Region profitieren dabei besonders vom EU-Binnenmarkt“, erinnerte Matt. Optimierungsbedarf sieht er bei komplexen und praxisfremden Vorschriften, die oft ihren Ursprung in Brüssel hätten. Der Brexit habe vor Augen geführt, welche wirtschaftlichen Nachteile entstehen, wenn man sich gegen die europäische Einheit entscheide. „Wir brauchen ein starkes, geeintes Europa, das Wirtschaft fördert und Bürokratie abbaut“, betonte der IHK-Präsident.
Dabei seien Weltoffenheit, kulturelle Vielfalt und internationale Kooperation für Ostbayerns Wirtschaft nicht verhandelbar. „Die weltweite Vernetzung sowie der Austausch mit anderen Ländern sind für unsere Region ein Erfolgsgarant. Und nur wenn sich engagierte Menschen aus aller Welt bei uns wohlfühlen, werden sie zu uns kommen und in unseren Unternehmen arbeiten“, schloss Matt.

(06.02.2024)