Konjunkturampel steht auf Rot

Regionaler Konjunkturbericht Herbst 2024


J: Jahresbeginn; F: Frühjahr; H: Herbst

Die Konjunkturampel in der Region steht auf Rot. „Der Konjunkturbericht Herbst der IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim sieht bestenfalls eine stagnierende Wirtschaft und blickt pessimistisch in den Winter“, interpretiert der Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg Dr. Jürgen Helmes die Ergebnisse der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage. „Es fehlt an politischen Impulsen und an Planungssicherheit für einen wirtschaftlichen Aufschwung aus Berlin.“ Dazu zählen verlässliche Rahmenbedingungen, Bürokratieabbau, wettbewerbsfähige Energiekosten und niedrigere Netzentgelte sowie Investitionen in die wirtschaftsnahe Infrastruktur. „Von den regionalen Verwaltungen und Behörden erwarten wir unbürokratische und wirtschaftsfreundliche Genehmigungsprozesse.“

IHK sieht Strukturkrise

Unternehmerische Entscheidungen erfordern Mut und Weitsicht. Büromöbelherstellerin Ursula Hammerbacher in Neumarkt lässt sich von der schlechten konjunkturellen Lage nicht aus der Ruhe bringen. 15 Prozent Umsatzminus beobachtet die Familienunternehmerin. Dennoch: An der B 299 entsteht gerade ein moderner Neubau mit 18.000 Quadratmetern Lagerfläche. „Gerade in schlechten Zeiten sollte man investieren, sofern man die Finanzierung sicher stemmen kann. Nach jeder überstandenen Krise zieht die Nachfrage wieder an.“
Der vorsichtige Optimismus der regionalen Wirtschaft aus dem Frühjahr ist weg. Das Stimmungsbild unter den Unternehmen verschlechterte sich deutlich. Nur 32 Prozent der Betriebe berichten bei der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage unter Betrieben aller Größen und Branchen von einer „guten“ Geschäftslage. Das ist der Tiefstwert seit Jahresbeginn 2023. Auch das bisherige Zugpferd, die Dienstleistungsbranche, zeigt sich zurückhaltend. In der Industrie und im Tourismus überwiegen die negativen Lagebeurteilungen. „Anders als bei den Schocks der letzten beiden Jahrzehnte wie Finanzkrise, Corona-Pandemie und Energiekrise beobachten wir nun eine Strukturkrise, die alle Branchen erfasst“, sagt IHK-Konjunkturexpertin Sibylle Aumer.
Positive Signale sendet derzeit der Handel, der trotz Umsatzrückgängen seine Geschäftslage als überwiegend positiv bewertet. Auch die Baubranche trotzt – getragen vom Tiefbau – in der Gesamtschau den widrigen Umständen. Lohnsteigerungen und der Rückgang der Inflation schlagen sich indes noch nicht positiv auf den Konsum nieder.

Konkurrenz aus dem Euro-Raum, sinkende Erwartungen an USA und China

Durch die Unsicherheit im Vorfeld der US-Wahl sinken die Hoffnungen auf das Auftragsvolumen aus Nordamerika deutlich. Ebenso werden Rückgänge bei Geschäften mit chinesischen Kunden erwartet. Andere EU-Länder machen es derzeit wesentlich besser als die deutsche Politik: Die Exportunternehmen berichten über einen zunehmenden Konkurrenzdruck aus dem Euro-Raum
Wachstumsimpulse aus dem Ausland konnte noch ein Fünftel verzeichnen. Insgesamt setzt sich der rückläufige Trend des ausländischen Auftragsvolumens fort. Zahlreiche Industrieunternehmen fokussieren aufgrund der deutschen Konjunkturschwäche noch stärker auf das Exportgeschäft. Sie besuchen vermehrt Messen und suchen nach Kunden. Geplante Auslandsinvestitionen fließen bei 50 Prozent der Befragten in Kapazitätserweiterungen. Insgesamt nehmen die Exporterwartungen ab, dabei prognostizieren die Unternehmen einen Einbruch bei den Bestellungen von Investitionsgütern.

Selbst den Arbeitsmarkt könnte es nun treffen

Trotz der Robustheit des regionalen Arbeitsmarkts kommt die konjunkturelle Schwäche langsam in den Personalabteilungen an. Die Anzahl der Antworten beim Risikofaktor „Fachkräftemangel“ sanken seit Herbst 2021 um 17 Prozentpunkte. In jedem vierten Unternehmen soll die Mitarbeiterzahl am Standort in den nächsten zwölf Monaten abnehmen. Befragt nach den Hintergründen gibt hiervon ein Drittel den Arbeitskräftemangel als Ursache an, zwei Drittel planen gezielt einen Personalabbau.

Zumeist düstere Aussichten

Der Einstieg in die Zinssenkung lässt bei vielen Bau- und baunahen Betrieben die Hoffnung auf das Ende der Rezession steigen. Ob diese nun die Dienstleistungen als Konjunkturtreiber ablösen können, wird sich erst zum Saisonstart im Frühjahr zeigen. Aktuell verläuft die Erwartungskurve im Bau noch nach unten.
Gleichzeitig gingen über alle Branchen die Angaben zu den Investitionsplänen weiter zurück. Mit Blick auf die Amortisierungsdauer und fehlende politische Sicherheiten melden 40 Prozent der Industrieunternehmen einen Investitionsstopp. Der Fokus am Standort liegt auf Produktinnovationen und Rationalisierung. Damit verliert der Produktionsstandort an Substanz.
Bei den Risikofaktoren für die nächsten Monate zeigt sich gegenüber der Vorumfragen eine deutliche Verschiebung. Inlands- und Auslandsnachfrage rücken mehr in den Fokus, während der Fachkräftemangel gegenüber der Vorjahresumfrage um zehn Prozentpunkte an Brisanz verliert. Die Energiepreise bleiben trotz sinkender Kurve über Vorkrisenniveau, die aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten könnten diesen Abwärtstrend jedoch stoppen.
Fehlende Veränderungsimpulse aus der Politik und die wirtschaftliche Gemengelage mit zahlreichen Risiken lassen bestenfalls eine Stagnation der heimischen Wirtschaft erwarten. Jedes fünfte Unternehmen geht von einer Verschlechterung der Geschäftslage in den nächsten Monaten aus. Hier spielen teilweise auch saisonale Effekt mit hinein. Die von der Industrie prognostizierte Verlagerung von Produktionskapazitäten ins Ausland träfe auch abhängige Branchen in der Wertschöpfungskette am heimischen Standort.
(16.10.2024)