Europawahl 2024

Kandidaten zur Europawahl stellen sich den Fragen der Wirtschaft

Am 13. Mai nahmen im Haus der Wirtschaft der IHK Ulm neun Kandidatinnen und Kandidaten zur Europawahl Stellung zu den Fragen der Wirtschaft. Im Regional Forum Wirtschaft ging es u. a. um die Aufgaben der EU, Entbürokratisierung, den Green Deal und Handelsabkommen.
Eine freiheitlich-demokratische Grundordnung und Internationalität sind unverzichtbar für die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsstärke der Wirtschaft. Immer mehr Entscheidungen, die in Brüssel getroffen werden, wirken sich direkt auf Unternehmen in den Mitgliedstaaten aus. Das macht die Wahl des Europäischen Parlaments für die Wirtschaft zu einem besonders wichtigen Ereignis. Die Ulmer und Neu-Ulmer Kammern und Verbände – Club der Industrie Ulm/Neu-Ulm e. V., Handwerkskammer Ulm, IHK Schwaben, IHK Ulm und Südwestmetall Bezirksgruppe Ulm – brachten beim gemeinsamen Regional Forum Wirtschaft deshalb Kandidatinnen und Kandidaten zur Europawahl mit der regionalen Wirtschaft zusammen: Rede und Antwort standen Norbert Lins (MdEP, CDU), Steffen Reik (SPD), Lars-Patrick Berg (MdEP, Bündnis Deutschland), Alexander Kauz (Die Linke), Helmut Geuking (Familien-Partei Deutschlands), Christian Behncke (FDP), Jens Geibel (ÖDP), Anja Hirschel (Piratenpartei), Hans-Günter Brünker (Volt) und Lena Schwelling (B90/Grüne, Landesvorsitzende/keine Kandidatin).

Welche Bereiche sollte Brüssel regeln – von welchen die Finger lassen?

Mit der Einstiegsfrage mussten die Kandidatinnen und Kandidaten direkt Tatsachen schaffen. Weniger Militarisierung war die klare Antwort von Alexander Kauz (Die Linke). Finger weg von Bildungs-, Kultur-, Gesundheits- und Sicherheitspolitik – aber „Regulierung des Binnenmarkts: ja, bitte“, hieß es von Christian Behncke (FDP). Jens Geibel (ÖDP) will aus Brüssel weniger Bildungspolitik aber dafür mehr Einsatz für Ausbildungsstandards. Europa gehe der Wald nichts an, ebenso die Tarifpartnerschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und bei Fragen des Lebens, solle sich Europa auch raushalten, stellte Norbert Lins (CDU) klar und Steffen Reik (SPD) möchte die Struktur der EU überarbeitet sehen. Hier fiel auch ein Begriff, der den Abend über wiederholt zu hören war: „Subsidiaritätsprinzip“. Das bedeutet, dass die Verantwortung immer auf der kleinstmöglichen Ebene liegen soll – was auf regionaler oder kommunaler Ebene geregelt werden kann, sollte auch dort geregelt werden.

Das gemeinsame Ziel: Bürokratieabbau

Das führte zu einem der drängendsten Themen, die die Wirtschaft umtreiben: Bürokratie. Deren Abbau ist ein übergeordnetes Ziel, das die Wirtschaft und die Kandidatinnen und Kandidaten vereint. Ebenso wie die Frage, wie sie abgebaut werden soll. Die Antworten reichten von „Prozesse richtig digitalisieren, nicht schlechte analoge Prozesse zu schlechten digitalen machen“, so Anja Hirschel (Piratenpartei), bis zur regelmäßigen Überprüfung bestehender Gesetze auf ihre Sinnhaftigkeit, worüber sich die Befragten einig waren. Lena Schwelling (B90/Grüne) schlug sogar vor, den Artenschutz nochmal genau unter die Lupe zu nehmen und eventuell dort abzubauen, wo er Infrastrukturvorhaben zu sehr ausbremst.
Eines der aktuell viel diskutierten Bürokratiemonster ist der Green Deal, der von Unternehmen bezüglich bürokratischer Pflichten als besonders belastend wahrgenommen wird. Götz Maier, Geschäftsführer bei Südwestmetall, der die Veranstaltung gemeinsam mit Christian Harder vom Club der Industrie Ulm/Neu-Ulm e. V. moderierte, beendete eine kurze Einführung in das Thema mit dem Satz: „Es ist schon vieles abgeschlossen, aber einiges kommt auch noch auf Sie zu, liebe Unternehmer“. Weglassen würde Helmut Geuking (Familien-Partei Deutschlands) das Thema Wasserstoff, er sei als Energieträger zu ressourcenintensiv und deshalb der falsche Weg. Hier gab es aus der Runde teils deutlichen Gegenwind. Hans-Günter Brünker (Volt) steht ausdrücklich hinter den Zielen des Green Deals und klar müsse aber sein, dass die Wettbewerbsfähigkeit nicht leiden dürfe. Lars-Patrick Berg (Bündnis Deutschland) war der Ansicht, man müsse nur justieren: längere Übergangsfristen, ein allgemein langsameres Vorgehen, um eine Überforderung von Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft zu vermeiden.
In seinem Schlusswort fasste Jan Stefan Roell, Präsident der IHK Ulm, zusammen: „Das waren heute Abend viele neue Einsichten, viele Gemeinsamkeiten aber auch viele Unterschiede und viel Fachwissen. Ich bin Ihnen dankbar und Sie verdienen unseren Respekt dafür, dass Sie sich politisch für uns alle einsetzen.“ Er bat die Politikerinnen und Politiker außerdem, das Wort Subsidiarität, das so oft gefallen war, wirklich in Brüssel hochzuhalten. Der Wirtschaft könne vertraut werden und die Wirtschaft könne gefordert werden, ihren Beitrag zu leisten: „Wir fordern Sie auf, sich auf den Kern dessen zu fokussieren, wofür Europa eingerichtet wurde.“