Interview

"Die regionalen Unternehmen zeichnen sich durch eine hohe Innovationskraft aus"

Die Transport- und Logistikwirtschaft wird in den nächsten Jahren – mit Digitalisierung, Dekarbonisierung, der Entwicklung der E-Mobilität und der Verschiebung von Verbrennern hin zu alternativen Antrieben – tiefgreifende Veränderungen durchlaufen. Sie erfordern neue Ideen und Lösungen. Als Manager des Cluster Nutzfahrzeuge Schwaben e. V. (CNS) erlebt Joachim Vogt diese Transformation, die die Mitgliedsunternehmen des Clusters durchlaufen, hautnah mit.

Welche Auswirkungen wird diese Transformation auf die Nutzfahrzeugindustrie und die Zulieferer in der Branche haben?

Aktuell ist nur bedingt absehbar, was das für Konsequenzen haben wird. Hinsichtlich der Antriebssysteme hängt das sowohl von der Art des Nutzfahrzeugs als auch von dessen Einsatzgebiet ab. Zudem muss bei unseren international tätigen Mitgliedsfirmen auch die Situation der Märkte vor Ort berücksichtigt werden. Nicht in jedem Fall wird ein batterieelektrischer Antrieb das Gebot der Stunde sein. Auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen bieten keinen klaren Entwicklungskorridor. Parallele Entwicklungen in unterschiedlichen Technologien würden die meisten Unternehmen jedoch in mehreren Hinsichten überfordern.

Was erfordert die Umstellung auf batterie- und brennstoffzellenbetriebene Elektrofahrzeuge von den Originalgeräteherstellern beziehungsweise OEMs und den Zulieferern? Müssen sie ihr komplettes Geschäftsmodell transformieren?

Die Herausforderungen sind vielfältig. Neben dem Aufbau neuer Kompetenzen müssen Voraussetzungen für Lagerung, Inbetriebnahme und Ladeinfrastruktur geschaffen werden. Dabei dürfen auch Sicherheitsthemen nicht außer Acht gelassen werden, zum Beispiel: Wie gehe ich mit brennenden Batterien um? Oft müssen dabei komplett neue Gebäude erbaut werden. Zusätzlich müssen Ersatzteillösungen erarbeitet werden, wobei aufgrund der gegenüber einem PKW deutlich höheren Nutzungsdauer hier ungleich längere Bereitstellungszeiten berücksichtigt werden müssen.

Welche Folgen haben strengere Vorschriften für die Hersteller von Nutzfahrzeugen?

Im Hinblick auf Cyber Security gibt es große Herausforderungen. Hochvernetzte Fahrzeuge müssen durch Software-Updates immer auf dem Stand der Technik gehalten werden, um nicht durch Cyber-Angriffe geschädigt zu werden oder Schaden zu verursachen. Diese Systeme müssen im Vorfeld entwickelt werden und etabliert sein. Darüber hinaus sind auch unsere Mitglieder mit den neuen Regularien wie zum Beispiel Lieferkettensorgfaltsgesetz, Compliance und Nachhaltigkeitsberichtswesen konfrontiert.

Mit welchen Herausforderungen sind die Zulieferer der Nutzfahrzeughersteller konfrontiert? Ergeben sich mit der Transformation auch Chancen für sie?

Eine gute Beobachtung der Entwicklungstrends, gepaart mit einer agilen Unternehmenskultur sind wichtige Elemente, um langfristig im Markt bestehen zu können.

Wie sind die Unternehmen der Nutzfahrzeugindustrie in der Region aufgestellt?

Grundsätzlich haben sich die regionalen Unternehmen in den letzten Jahren durch eine hohe Innovationskraft ausgezeichnet. Insofern gehe ich davon aus, dass auch diese Herausforderungen der Transformation gemeistert werden können, auch mit Unterstützung der entsprechenden Netzwerke.

Was bietet der CNS seinen Mitgliedern zur Unterstützung an, und welche Initiativen gibt es? Wie können sich Ihre Mitglieder in einer neuen und globalen Lieferkette positionieren?

Durch unsere fünf Arbeitskreise in verschiedenen Bereichen sehen wir uns als Impulsgeber für Innovationen, welche die Mitgliedsunternehmen bei Bedarf aufnehmen können. Darüber hinaus sind beim Networking in zahlreichen Veranstaltungen bereits Kooperationsprojekte entstanden. Und von uns in Auftrag gegebene Studien können unseren Mitgliedsunternehmen helfen, die nächsten Schritte hinsichtlich der Firmenausrichtung zu planen. Speziell durch die exklusiv für unsere Mitglieder erstellte internationale Marktstudie für Wasserstoff haben wir uns frühzeitig und intensiv mit dieser Zukunftstechnologie auseinandergesetzt. Durch unsere starke Verbindung zu den Hochschulen und zur Universität bleiben wir am Puls der wissenschaftlichen Forschung und den daraus resultierenden Innovationen. Zusätzlich sind auch internationale Netzwerke im Aufbau bezüglich eines Technologietransfers und Projektpartnerschaften.

Interview: Amir Alizadeh, Christin Schiele