Konjunktur

Automobilindustrie auf schwierigem Terrain

Die Sonderauswertung der DIHK-Konjunkturumfrage zum Kraftfahrzeugbau zum Jahresbeginn 2023 zeigt: Die Automobilindustrie ist bisher ohne größeren Schaden durch die Krise gekommen. Ein Einbruch, der noch im Herbst zu befürchten war, konnte vermieden werden. Vielmehr hellt sich die Stimmung in der Automobilindustrie langsam wieder auf. Allerdings gibt es keinen Grund zu einem überschwänglichen Optimismus. Ein gebremstes weltweites Wachstum, weiterhin hohe Energiepreise und auch strukturelle Probleme wie zum Beispiel der Fachkräftemangel bremsen eine Erholung. Zusätzlich muss die Branche mit dem Transformationsprozess hin zur Elektromobilität noch eine besondere Herausforderung meistern.
Die Produktionszahlen und der Absatz sind in der Automobilindustrie zuletzt wieder gestiegen. Immer weniger Kraftfahrzeugbauer müssen ihre Produktion aufgrund der Energiepreise reduzieren (6 Prozent nach 16 Prozent im Herbst). Dank der einsetzenden Entspannung bei Materialengpässen sind die Unternehmen besser in der Lage, ihre Bestellungen abzuarbeiten. Allerdings bleibt die Belastung der Unternehmen aufgrund hoher Preise für Energie und Vorleistungen, aber auch aufgrund des Fachkräftemangels hoch. Immerhin gelingt es den Automobilisten besser, einen Großteil der Mehrkosten an die Kunden weiterzugeben. Das führt insgesamt zu einer Stabilisierung der aktuellen Geschäftslage im Kraftfahrzeugbau. Knapp ein Drittel der Unternehmen (31 Prozent nach zuvor 32 Prozent) bewertet weiterhin seine Lage als gut.

Geschäftslage deutlich verbessert

Hingegen ist der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als schlecht einschätzen, von 20 Prozent auf 13 Prozent gesunken. Entsprechend steigt der Saldo der Lagebewertung zum Jahresbeginn 2023 gegenüber dem Herbst 2022 um sechs auf 18 Punkte. Die Geschäftslage des Kraftfahrzeugbaus bleibt damit weiterhin unter dem langjährigen Durchschnitt von 24 Punkten. Bei den Herstellern von KFZ-Teilen und -Zubehör (Zulieferer) hellt sich die Lage noch stärker auf als beim Wirtschaftszweig Kraftfahrzeugbau insgesamt. Insbesondere halbiert sich hier der Anteil der Unternehmen mit schlechter Geschäftslage von 26 Prozent in der Vorumfrage auf aktuell 12 Prozent. Der Saldo der Geschäftslage steigt deutlich um zwölf auf 14 Punkte.

Geschäftserwartungen: Optimismus und auch Unsicherheit

In der Entwicklung der Geschäftserwartungen der Automobilindustrie zeigt sich die große Unsicherheit der Branche. Nachdem die Geschäftserwartungen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine in den Keller gerauscht sind, zeigen sich die Kraftfahrzeugbauer nun wieder vorsichtig optimistisch. Extremszenarien, die noch im Herbst zu befürchten waren, wie zum Beispiel eine Gasmangellage, sind glücklicherweise nicht eingetreten. Insgesamt ist der Anteil der Kraftfahrzeugbauer mit negativen Geschäftserwartungen deutlich von 50 Prozent im Herbst auf 12 Prozent gesunken. Hingegen hat sich der Anteil der Optimisten von 10 Prozent auf 19 Prozent fast verdoppelt. Der Saldo aus positiven und negativen Geschäftserwartungen dreht erstmals seit einem Jahr wieder ins Positive auf sieben Punkte (zuvor minus 40 Punkte) und liegt damit im langjährigen Schnitt.
Noch extremer ist das Bild bei den Zulieferern. Der Anteil von Unternehmen mit negativen Geschäftserwartungen sinkt deutlich auf 11 Prozent nach zuvor 58 Prozent. Zudem schätzen nun 15 Prozent der Unternehmen ihre Erwartungen als gut ein. Der neue Saldo ist mit vier Punkten ebenfalls wieder im positiven Bereich und liegt leicht über dem langjährigen Schnitt von zwei Punkten.
Der nun optimistischere Blick in die kommenden zwölf Monate beruht zum einen auf einer positiveren Einschätzung der Nachfrage: Trotz trüber Weltkonjunktur geht die Branche von einem wieder anziehenden Auslandsgeschäft aus. Zum anderen springt dank abnehmender Materialengpässe auch die Produktion langsam wieder an und ermöglicht es, den Auftragsbestand abzuarbeiten. Sorge vor einem Einbruch der inländischen Nachfrage geben nur noch 49 Prozent nach zuvor 59 Prozent der Kraftfahrzeugbauer als Geschäftsrisiko an.

Mehr Unternehmen erhöhen Investitionsbudgets

Optimistischere Geschäfts- und Exporterwartungen schlagen sich auch in den Investitionsabsichten der Kraftfahrzeugbauer nieder. Während in der Vorumfrage noch 28 Prozent der Unternehmen ihre Investitionen kürzen wollten, sind es zu Jahresbeginn nur noch 22 Prozent. Obwohl ein Viertel der Unternehmen in der Automobilindustrie aufgrund der hohen Energiepreise Investitionen
zurückgestellt haben, steigt der Anteil der Unternehmen, die ihre Investitionsbudgets erhöhen wollen, von 30 Prozent auf 35 Prozent. Der Saldo der Investitionsabsichten erhöht sich damit zum zweiten Mal in Folge und steigt um elf auf 13 Punkte. Das liegt deutlich über dem langjährigen Schnitt von drei Punkten. Die Zulieferer zeigen sich bei den Investitionen etwas verhaltener, hier sind es auch knapp ein Drittel der Unternehmen (31 Prozent), die wegen hoher Kosten für Energie Investitionsprojekte schieben. Mit 26 Prozent planen weniger Unternehmen ihre Investitionen zu erhöhen (zuvor 28 Prozent), allerdings rechnen auch weniger Unternehmen mit rückläufigen Investitionen. Der Saldo steigt damit leicht um vier auf einen Punkt.
Wegen zunehmend helleren Absatz- und Exporterwartungen investieren etwas mehr Kraftfahrzeugbauer in Kapazitätsausweitung als noch in der Vorumfrage (32 Prozent nach zuvor 31 Prozent). Besonders deutlich ist die Steigerung bei den Zulieferern (39 Prozent nach zuvor 31 Prozent). Rückläufig sind hingegen Investitionen zur Rationalisierung (43 Prozent nach zuvor 46 Prozent). Wichtiges Investitionsmotiv bleibt der Ersatzbedarf. Darunter fallen auch Maßnahmen im Rahmen des sogenannten Fuel Switches, zum Beispiel ein Wechsel von gasbefeuerten Anlagen auf alternative Energieträger wie Öl und Kohle oder der Ersatz von wenig energieeffizienten Geräten durch sparsamere Anlagen. 28 Prozent der Unternehmen in der Automobilindustrie geben an, aufgrund der hohen Energiepreise auf alternative Energieträger umzusteigen.
DIHK