Verkehrswende

Verkehrswende nur durch Infrastrukturausbau

Auf Einladung der IHK Ulm diskutierten Unternehmensvertreter aus der Vollversammlung und Ausschüssen der IHK Ulm mit den regionalen Landtagsabgeordneten und Verkehrsexperten. Fazit: Ohne Unterstützung und Infrastrukturausbau sind die Ziele zur Verkehrswende nicht erreichbar.
Bei Busunternehmen Bottenschein am Standort Laupheim trafen zunächst Sonja Bayer (Robert Bayer GmbH), Horst Bottenschein (Bottenschein Reisen GmbH & Co.KG) und Maximilian Reinalter (H. Reinalter GmbH & Co. KG), zusammen mit Jonas Pürckhauer (stv. Hauptgeschäftsführer der IHK Ulm) und Simon Pflüger (Leiter Standortpolitik der IHK Ulm) auf die Abgeordneten Thomas Dörflinger (CDU) und Michael Joukov (Grüne) und gaben einen Einblick in die Herausforderungen der Branche. Neben dem gravierenden Busfahrermangel zeigten sie auf, warum die ehrgeizigen politischen Ziele im Bereich der Antriebswende von den kleinen und mittelständischen Busunternehmen unter den derzeitigen Voraussetzungen nicht zu erreichen sind: Das geplante Landesmobilitätsgesetz sieht vor, im ÖPNV in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2028 nur noch Fahrzeuge (Stadt- und Regionalbusse) mit CO°-freien Antrieben zuzulassen. Im Vergleich dazu gibt die Clean Vehicles Directive der EU nur vor, dass 32,5 Prozent der neuzugelassenen Fahrzeuge (Stadtbusse) ab 2030 emissionsfrei sein müssen. „Vorneweg, wir unterstützen die Energie- und Verkehrswende. Jedoch wären diese ambitionierten Ziele von uns privaten Busunternehmen in der kurzen Zeit nicht umsetzbar“, so Horst Bottenschein. „Für Fahrzeuge sind mindestens zwei Jahre allein für die Beschaffung erforderlich, soweit sie überhaupt auf dem Markt verfügbar sind. Auch fehlt die Infrastruktur, denn bis 2028 können Betriebshöfe wie der unsere zum Laden der Fahrzeuge nicht mit der notwendigen Leistung ans Netz angeschlossen werden.“ Sonja Bayer ergänzt: „Ob Wasserstofffahrzeuge und die dafür benötigte Infrastruktur bis in fünf Jahren für den flächendeckenden Einsatz vorhanden sind, ist auch nicht sicher.“ „Und über allem schweben dann noch die zusätzlichen Kosten, denn ein E-Bus kostet gleich das doppelte mehr. Wer übernimmt diese Kosten im viel zu klamm finanzierten ÖPNV?“, fragt Maximilian Reinalter. Aus Sicht der Wirtschaft müssen realistische Ziele verfolgt werden und die Unternehmen auf dem Weg zu CO°-neutralen Antrieben mit Austausch der Fahrzeugflotte einbezogen und mit geeigneten Förderprogrammen unterstützt werden. Für eine Übergangszeit können beispielsweise bereits erfolgreich im Einsatz befindliche alternative Kraftstoffe genutzt werden, die eine deutliche Reduzierung von CO² erreichen. „Die Clean Vehicle Directive (CVD) ist ein wichtiger Baustein, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Deren Umsetzung wird für die Busbranche jedoch herausfordernd sein. Daher ist vom Land auch Unterstützung notwendig. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, die Ziele der EU-CVD umzusetzen. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr im Sinne weiterer Verschärfungen“, so Thomas Dörflinger.

Wirtschaft will mehr auf die Schiene bringen als bahnseitig möglich

Beim Rohstoffunternehmen Eduard Merkle GmbH & Co. KG in Blaubeuren diskutierten Hartmut Koch-Czech (Eduard Merkle GmbH & Co. KG), Dominik Azadi (Heidelberg Materials AG - Zementwerk Schelklingen), Simon Brunner und Peter Denkinger (Denkinger Internationale Spedition GmbH), Ulrich Heusel und Benjamin Buchmüller (Liebherr-Werk Ehingen GmbH) sowie die IHK-Vertreter mit den Abgeordneten die Schwierigkeiten beim Verladen von Gütern über die Schiene am Beispiel der Donautalbahn. „Von Seiten einiger großer Unternehmen entlang der Strecke besteht großes Interesse, deutlich mehr Güter auf die Schiene zu verladen und zu transportieren. Wir wollen damit unseren Beitrag zum Klimaschutz noch weiter erhöhen“, so Ulrich Heusel. „Doch der Schienengüterverkehr auf der Donautalbahn ist unflexibel und es gibt keine Kapazitäten auf der Strecke, um darauf Güter mit unserem Bedarf zu transportieren. Das Ziel der Politik mit mehr Gütern auf der Schiene kann so nicht erreicht werden, auch wenn wir wollen“, fasst Hartmut Koch-Czech das Dilemma zusammen. Aus Sicht der Wirtschaft ist eine weitere Verkehrsverlagerung von Gütern auf die Schiene nur mit einem zeitnahen Infrastrukturausbau möglich – auf der Donautalbahn müsse dafür ein zeitnaher Kapazitätsausbau erfolgen. Nur so kann ein weiterer Beitrag des Verkehrs zur Reduzierung des CO°-Austoßes erreicht werden. „Wir hoffen auf mehr Unterstützung seitens der Landespolitik“, ergänzt Simon Brunner. „Ein funktionierender Schienengüterverkehr ist das Rückgrat einer industrialisierten Volkswirtschaft. Leider ist der Nachholbedarf auf der Donautalbahn enorm. Wir brauchen digitale Stellwerke, damit der Güterverkehr auch nachts stattfinden kann, tagsüber sind die Kapazitäten an der Grenze. Dafür setzt sich der Verkehrsminister ein und dafür setze ich mich ein – solange, bis die Ertüchtigung kommt, am besten gleich morgen“, verdeutlicht Michael Joukov.