Interview

„Wir als TWS forcieren die Energiewende.“

Helmut Hertle ist Geschäftsführer der TWS Netz GmbH, Ravensburg. Die TWS sind der zentrale Energieversorger in Ravensburg und betreiben sieben eigene Windparks mit 18 Windkraftanlagen in ganz Deutschland. Außerdem ist der Energiedienstleister an einem Windparkportfolio im Onshore-Bereich und an einem Offshore-Windpark beteiligt. Wir sprachen mit Helmut Hertle über Repowering, die Chancen des Wasserstoffs und darüber, was getan werden muss, um in der Bevölkerung Akzeptanz für die Energiewende zu schaffen.

Wie beurteilen Sie das Repowering von Windkraftanlagen, also den Austausch alter Anlagen gegen neue?

Das Repowering ist grundsätzlich eine gute Möglichkeit, mehr Strom aus einer veralteten Anlage zu gewinnen. Ein Beispiel: Wir konnten in einem kleinen Windpark vier Windräder, die insgesamt 3 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr produzierten, durch ein neues Windrad ersetzen, das nun allein 12 Millionen Kilowattstunden jährlich produziert. Möglich ist also eine Verdopplung oder Verdreifachung der Flächeneffizienz. Das neue Windrad ist natürlich viel größer, und da gilt es andere Restriktionen zu beachten, denn so ein großes Windrad verursacht mehr Schallemissionen, mehr Schattenwurf und erfordert größere Abstände zur Wohnbebauung. Wir hätten in diesem Windpark gern statt der vier kleinen zwei große Windräder installiert, was aber wegen der Abstände nicht möglich war. Insofern ist uns auch wieder Fläche verlorengegangen. Wir haben hier in der Region allerdings kaum Altanlagen, die wir repowern könnten, schlicht, weil es keine älteren Anlagen gibt. Man sollte eine Altanlage nicht vorzeitig abbrechen, um ein Repowering zu machen, das ist wiederum eine Wirtschaftlichkeitsfrage und eine Frage der Ressourcenschonung.

Welche Laufzeit haben Windkraftanlagen üblicherweise?

Bei neuen Anlagen geht man von einer Lebenszeit von etwa 25 Jahren aus, bei Altanlagen von rund 20 Jahren – pauschal kann man das aber nicht sagen. Wenn die Anlagen dicht beieinander stehen, ist die Laufzeit kürzer. Nach aktueller Gesetzeslage erlischt nach 20 Jahren die Betriebserlaubnis, und das Landratsamt muss nach Prüfung der Anlage entscheiden, ob und wie lange sie weiter betrieben werden darf. Und eine Anlage muss gepflegt werden, beispielsweise müssen die Schrauben der Rotorblätter ersetzt werden.

Ist die Akzeptanz von Windkraftanlagen höher, wenn sie von regionalen Gesellschaften errichtet werden?

Ich denke schon, denn als regionaler Akteur bin ich vor Ort und ansprechbar. Die Akzeptanz ist höher, denn wenn es ein Problem gibt, kann man bei uns auch noch in 20 Jahren an die Tür klopfen. Gespür dafür, die Leute mitzunehmen, fällt einem regionalen Anbieter leichter. Als überregionaler Projektentwickler hat man einen ganz anderen Zeitdruck. Ein weiterer Grund für die höhere Akzeptanz regionaler Betreiber ist, dass das Geld in der Region bleibt und dass sich Bürger oft an den Anlagen beteiligen können. Bei den überzeugten Windkraftgegnern allerdings spielt das keine Rolle. Diese sind entweder grundsätzlich gegen Windkraft oder sie sind als Betroffene dagegen. Da spielt es dann auch keine Rolle, woher der Betreiber kommt.

Thema Wasserstoff: Welche Herausforderungen sehen Sie hier zukünftig bezüglich der Genehmigungsverfahren?

Man kann schnell ein lokales Wasserstoff-Kernnetz und Speicherkapazitäten aufbauen. Da die Wasserstoffmoleküle sehr klein und flüchtig sind, muss man bei der Technik jedoch genau hinschauen. Jeder Betreiber möchte die Anlagen sicher betreiben, und er ist auch dazu verpflichtet. Die Genehmigungsverfahren und die Betriebssicherheitsverordnung müssen hier beachtet werden. Um die Wasserstofftechnik und den Ausbau schnell voranzubringen, müssen diese Regelwerke neu betrachtet und auch auf Sinnhaftigkeit überprüft werden. Oftmals verzögern aufwändige und komplexe Genehmigungsverfahren die Inbetriebnahme, und es müssen Änderungen vorgenommen werden, obwohl es für die technische Beurteilung der Anlage unerheblich ist.

Auf welche Energieformen setzen Sie?

Wir als TWS forcieren die Energiewende und möchten den Ausbau von selbst erzeugtem Ökostrom weiter vorantreiben. Bei Photovoltaikanlagen setzen wir auf große Dachanlagen in der Größenordnung 100 Kilowatt Spitzenleistung aufwärts. Im Bereich Freiflächen gibt es schon genügend andere Akteure, beim PV-Zuwachs sind wir in der Region gut aufgestellt. Ihren Schwerpunkt hat die TWS im Bereich Windenergie. Was die Wärmeversorgung angeht, sehen wir in der Tiefengeothermie im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung große Chancen. Für die Stromerzeugung ist der Wirkungsgrad zu gering, denn wir kommen hier in der Region nicht an die dafür notwendigen Temperaturen ran.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen beim weiteren Ausbau der erneuerbaren Energieanlagen?

In aller Kürze: bei der Finanzierung der Infrastruktur zu vernünftigen Konditionen, bei den fehlenden Fachkräften und der überbordenden Bürokratie. Außerdem brauchen wir eine Bewusstseinsänderung bei der Bevölkerung hin zu mehr Akzeptanz, wenn es um die Auswahl wirtschaftlicher Standorte geht.
Interview: Stefan Kesenheimer, Bettina Wolf