Tourismus in Schleswig-Holstein

Traumurlaub das ganze Jahr

30 Millionen Gäste, 30 Prozent Zuwachs beim touristischen Bruttoumsatz und einen Platz unter den Top Drei der Bundesländer mit der höchsten Gästezufriedenheit - so lauten die zentralen Ziele der neuen Tourismusstrategie Schleswig-Holstein 2025. Um diese zu erreichen, soll das Land auch außerhalb der Hauptsaison noch mehr Urlauber anlocken.
Schleswig-Holstein ist ein klassisches Urlaubsland. "In den drei Top-Monaten Juni, Juli und August werden in den gewerblichen Beherbergungsbetrieben etwa 11,5 bis zwölf Millionen Gästeübernachtungen generiert - und damit fast die Hälfte des jährlichen Übernachtungsaufkommens", sagt Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer. 2014 lag die Auslastungsquote in dieser Zeit in den größeren Hotelleriebetrieben mit 25 und mehr Gästezimmern im Landesdurchschnitt zwischen 70 und 80, in den Küstenregionen zeitweise sogar bei 100 Prozent. Doch auch in der Nebensaison besuchen immer mehr Urlauber das Land zwischen den Meeren. "Bemerkenswert ist die gute Auslastung im September, die im vergangenen Jahr mit 76,1 Prozent genauso hoch war wie im Juli. Auch die Monate Mai und Oktober mit 67,7 beziehungsweise 63,6 Prozent entwickeln sich positiv. Im April und November lag die Auslastung deutlich über 50 Prozent", so Meyer. Diese Tendenz lässt sich unter anderem mit dem demografischen Wandel begründen. Die meist zeitlich flexible Gruppe der "Best Ager" wächst und nutzt auch in der Nebensaison die touristischen Angebote im Norden. "Diese Nachfragepotenziale gilt es zu nutzen, um zusätzliche Umsätze und Wertschöpfung zu generieren", betont Meyer. Insgesamt gehe es darum, zielgruppengerechte Angebote zu schaffen, die einen Urlaub in Schleswig-Holstein zu jeder Jahreszeit attraktiv machen.
Betriebswirtschaftliche Aspekte
Die Stärkung der Nebensaison ist ein zentrales Ziel der Regierung und der Tourismusakteure im Land. Erstrebenswert ist dies auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht. "Für jedes Unternehmen gilt in der Tendenz: Je gleichmäßiger die Auslastung, desto effizienter kann es produzieren. Das gilt auch für Tourismusbetriebe", weiß Dr. Dirk Schmücker vom Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa. "Wenn die Kapazität auf Nachfragespitzen ausgelegt wird, bleiben in der übrigen Zeit viele Betten, Restauranttische et cetera leer und produzieren nichts außer Fixkosten und einem unbelebten Ortsbild."
Vor allem größere Betriebe müssen in den Sommermonaten hohe Kapazitäten vorhalten, die dann in der Nebensaison nicht ausgelastet werden. "In einem relativ kurzen Zeitraum müssen die Umsätze generiert werden, die den Bestand eines Betriebs sichern. Eine ungünstige Hauptsaison könnte also schwerwiegende Folgen haben", betont Wirtschaftsminister Meyer. Darüber hinaus zwinge eine starke Konzentration der Übernachtungszahlen auf den Sommer viele Betriebe dazu, Saisonarbeitskräfte zu beschäftigen, sagt Dr. Anja Wollesen, Professorin im Bereich Tourismus an der Fachhochschule Westküste. Dies sei ein großes Problem bei der Fachkräftesicherung, da qualifiziertes Fachpersonal in Regionen abwandern könnte, die keiner so starken Saisonalität unterworfen seien. "Außerdem kann man Personal ganz anders binden und qualifizieren, wenn man die Vor- und Nachsaison stärkt. So entstehen den Betrieben weniger Kosten- und Qualitätsprobleme."
Tourismusstrategie
Wegen der Bedeutung der Thematik sollen auch die sieben Handlungsfelder der Tourismusstrategie zu einer Stärkung der Nebensaison beitragen. Weitere wichtige Themen zur Förderung des Ganzjahrestourismus, die ebenfalls in die Tourismusstrategie einfließen, sind unter anderem der Geschäftsreise- sowie der Seminar- und Kongresstourismus, Slow Tourism, der Gesundheitstourismus sowie der Städte- und Kulturtourismus. Auch die Marketingstrategie der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein ist stark auf die Nebensaison ausgerichtet. Eine wichtige Aufgabe sei es nun, so Anja Wollesen, den touristischen Akteuren die definierten Themen und Handlungsfelder zu vermitteln. Weiterbildung und Qualifizierung stellen für sie hierbei wichtige Maßnahmen dar.
Zu den Anbietern, die bereits eine gute Auslastung in der Nebensaison zu verzeichnen haben, gehört unter anderem das Hotel "Zweite Heimat" in St. Peter-Ording. Die Werte reichen hier von 65 Prozent im Januar 2015 bis 95 Prozent im August 2014. "Ganzjahreswerte liegen noch nicht vor, da wir erst im April 2014 eröffnet haben", erklärt Direktorin Helga Herbers. Unterschiedliche, auf die jeweilige Saison abgestimmte Arrangements machen das Haus das ganze Jahr hindurch für Urlauber attraktiv. "Insbesondere die Ausstattung einiger Zimmer mit einer eigenen Sauna oder Kamin schaffen einen Anreiz, uns auch in den Wintermonaten zu besuchen", so Herbers. In dieser Zeit liegt der Fokus zudem verstärkt auf dem Spa-Bereich. Die Gastronomie ist ebenfalls auf die Jahreszeiten abgestimmt.
Auch das Hotel F-Ritz in Schleswig verzeichnet das ganze Jahr über gute Übernachtungszahlen. Ein besonderer Fokus liegt hier auf der Zielgruppe der Geschäftsreisenden. "Die verkehrstechnisch gute Lage mit Nähe zu Autobahn und Bahnhof, die ständige Erreichbarkeit und die flexiblen Frühstückszeiten schätzen unsere Geschäftsreisenden sehr, ebenso das Ambiente, das Raum zum Arbeiten und Entspannen bietet", verrät Inhaberin Heda Silbernagel. Darüber hinaus setzen sie und ihre Mitarbeiter verstärkt auf den für Schleswig-Holstein wichtigen Quellmarkt Dänemark. "Seit unsere Homepage auch in dänischer Sprache abrufbar ist, konnten wir eine 18-prozentige Steigerung bei den dänischen Gästen feststellen", so Silbernagel.
Andrea Henkel
Veröffentlicht am 4. März 2015