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"Wer alles betont, betont nichts"
Der Tourismus in Schleswig-Holstein boomt. Hotels und Restaurants stehen vor der Herausforderung, sich geschickt zu vermarkten, um davon zu profitieren. Wie das geht, erklärt Lars Ammer, Geschäftsführer der Hotelmarketingagentur agents group mit Sitz in Hamburg, im Interview.
Marketingprofi Lars Ammer
© Elissavet Patrikiou
Auf der einen Seite werden Marketing, insbesondere das Online-Marketing, und Vertrieb immer weiter professionalisiert, auf der anderen Seite steht die Branche vor einer enormen Herausforderung: Im Zuge der DSGVO, die 2018 in Kraft getreten ist und insbesondere das Cookie-Tracking betrifft, ist es Website-Betreibern erschwert worden, nachzuvollziehen, woher welche Buchung kommt. Es bleibt abzuwarten, welche Lösungen die Branche findet.
Worin liegt die Herausforderung, Anbieter aus dem Gastgewerbe zu vermarkten?
Das Verständnis für Marketingprozesse ist im eher traditionell geprägten Gastgewerbe häufig nicht vorhanden. Das führt dazu, dass die Kosten, die durch das Marketing entstehen oder entstanden sind, nicht verstanden werden. Viele Hotels und Restaurants stehen durch die veränderte Buchungslage, veraltete Strukturen und suboptimale Kalkulation zudem unter enormem Kostendruck - als Marketingdienstleister ist das eine zusätzliche Herausforderung. Die Chancen, die professionelles - nicht günstiges! - Marketing für die Branche bietet, sind allerdings immens.
Wie wichtig ist ein klares Markenprofil, eine Kernbotschaft auch für kleine und mittlere Hotels und Restaurants?
Besonders für kleine und mittlere Unternehmen ist ein klares Markenprofil ganz entscheidend. Alle Marketingmaßnahmen müssen das Produkt als solches in den Fokus rücken. Die Positionierung im Markt muss außerdem eindeutig sein. Genau daran scheitert es aber häufig: Strategien, die zu breit gefächert sind, verwässern das Profil und können dem Image oder der Kernbotschaft, die eigentlich übermittelt werden sollen, sogar schaden. Wer alles betont, betont am Ende nichts.
Welche Merkmale punkten momentan besonders bei Gästen und wie kommuniziert man sie vorteilhaft?
Die großen Bewertungsportale haben nach wie vor einen großen Einfluss auf die Meinungsbildung. Die Zufriedenheit anderer Gäste ist also ein entscheidendes Kriterium. Aber auch Atmosphäre und Glaubwürdigkeit sind wichtig: Ein Hotelzimmer, das auf den Fotos schön in Szene gesetzt ist, hilft nicht weiter, wenn es das einzige Zimmer im Hotel ist, das so aussieht. Entscheidend ist, dass der Gast das bekommt, was er auf Bildern in den sozialen Netzwerken sieht. Sonst wird er vermutlich nicht noch einmal buchen.
Welche Fehler sollten kleine Betriebe, die sich oft keine Marketingabteilung und keine Agenturen leisten können, vermeiden?
Oft beauftragen kleine Betriebe entfernte Verwandte oder Bekannte mit dem Bau einer Website, der Betreuung der Social-Media-Kanäle oder sogar dem Schalten von Anzeigen bei Google oder Facebook. Das ist oft kontraproduktiv, da die Vorgänge selbst bei scheinbar einfach klingenden Aufgaben, wie dem Verteilen von Budget, schon sehr komplex sind. Hier sollte Marketingexperten vertraut werden, um teure Fehler und Fehlentwicklungen zu vermeiden. Bei der Neueröffnung eines Restaurants in einer Großstadt sollten etwa sechs bis zehn Prozent des Umsatzes für Marketing kalkuliert werden.
Klemens Vogel
Veröffentlicht am 4. März 2020
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