Hetlingen: Ciderwerkstatt

Süden Englands an der Elbe

Im Süden Englands konzentriert sich die Produktion von Cider. Hier wird aus Äpfeln der leckerste Apfelwein gewonnen. Cider gibt es aber auch direkt aus der Elbmarsch in Schleswig-Holstein.
Viel näher als der Süden Englands liegt die Elbmarsch im Südwesten Schleswig-Holsteins, nahe am Meer, mit kleinen Dörfern, weiten Feldern und Streuobstwiesen – und genauso leckerem Cider, ganz nach englischem Vorbild. Petra Triepels und Boris Steuer haben in Hetlingen vor gut drei Jahren die Ciderwerkstatt GmbH gegründet. Zuerst experimentierten sie bei sich zuhause im Keller, nun vertreiben sie im Manufakturstil vier nachhaltige Cidersorten unter der Marke Ciderwerk. Da gibt es den eher herben „Blanken Keerl“, die süßere „Seute Deern“, die fruchtige und naturtrübe „Witte Fruu“ und den „Masch-Cider“, der fruchtig, mittelsüß und erdig daherkommt. „Hier in der Marsch liegt das größte Apfelanbaugebiet Schleswig-Holsteins“, erzählen die beiden Gründer, „aber nicht alle Äpfel kommen in den Verkauf. Da haben wir uns gefragt, wie man die Restäpfel verwerten könnte.“ Die Antwort stand für die Cider-Fans schnell fest: Cider im britischen Stil. „Wir wussten genau, wie er schmecken soll und haben uns langsam an den Geschmack herangetastet – schön herb und aromatisch, so wie wir in Irland und England getrunken haben“ sagt Petra Triepels. „Die Vielfalt ist wichtig. Die alten Apfelsorten, die es hier noch gibt, spielen eine große Rolle für den perfekten Geschmack.“ Die Äpfel der Ciderwerkstatt stammen aus Streuobstwiesen, ehemaligen Plantagen, Privatgärten und Bioanbau. Viele Gartenbesitzer haben in der Marsch alte Apfelbäume und kommen nicht gegen die Menge an Äpfeln an – ideal für Ciderwerkcider. In verschiedenen Mostereien werden die Äpfel gepresst und der Saft in der Ciderwerkstatt vergoren. Ganz wichtig: Das Herstellungsverfahren ist biozertifiziert, sodass drei der vier Sorten Bio-Cider sind.
Von den ersten Versuchen in der eigenen Garage 2020 bis zur Produktion in der Halle war für das Start-up viel zu organisieren. Wo gibt es ein geeignetes Baugrundstück? Wie kommt man an eine passende Wärmepumpe für die Halle? Wo bekommt man Etiketten und Kronkorken in Kleinserien? Triepels erzählt: „Für einen Kleinbetrieb kostet alles gefühlt das Zehnfache. Langsam ist aber eine Skalierung möglich, die Kosten sinken und die Wirtschaftlichkeit ist in Sicht.“ Die Halle sei gleich so groß gebaut worden, dass das Unternehmen weiter hineinwachsen könne, ergänzt Steuer. Mehrere tausend Liter Cider produziert das Ciderwerk nun im Jahr. Erhältlich ist er im lokalen Einzelhandel, in der Gastronomie und online über das Ciderwerk. „Es klopfen aber auch immer wieder Neugierige an die Tür“, sagt Petra Triepels, „und viele kommen wieder.“ Die wissen es schon: Der Süden Englands liegt jetzt an der Elbe.
Autor: Dr. Paul Raab
Veröffentlicht: Oktober 2023