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Pioniere vom Land
Von wegen Landgasthofsterben: Ein Grillmeister in Langstedt und ein Bio-Koch in Maasbüll haben sich bewusst für den Standort auf dem Land entschieden. Sie beschreiten mit innovativen Konzepten neue Wege.
Balthazar Helwig hat den Landgasthof Neukrug in Angeln neu eröffnet.
© Julius Demant
Austern als Vorspeise und Currywurst zum Hauptgang – Balthazar Helwig mag es unkonventionell. Er mischt hochwertige saisonale und regionale Bioküche mit traditionellen Gerichten. So versteckt sich hinter „Hof Ankersolter Brudihahnfilet Wiener Art“ ein Schnitzel und Currywurst gibt es vom Demeter-Schwein. Der Koch hatte sich mit seinem vorherigen Bio-Restaurant „Le Camping“ in Flensburg bereits einen Namen gemacht. Mit der Neueröffnung des Landgasthof Neukrug in Angeln wagt er nun den Schritt aufs Land – bisher mit Erfolg. „Seit Anfang März waren wir jeden Abend ausgebucht“, sagt der 47-Jährige.
Mit dem neuen Projekt möchte er sich vergrößern. „Die finanziellen Löcher, die die Coronapandemie in Le Camping gerissen hat, waren zu groß. Ich musste erkennen, dass Gastronomie eine gewisse Größe braucht, um wirtschaftlich zu sein und die unsichtbaren Kosten durch die Umsätze abdecken zu können“, erklärt er.
Die Größe hat mich nicht abgeschreckt. Wir haben vorher schon Catering für 100 bis 150 Personen gemacht. Hier haben wir unsere Geräte vor Ort; das macht es noch einfacher.Balthazar Helwig
Die Basis für den Neuanfang seien seine bisherigen Mitarbeitenden. Mit einer Ausnahme sind alle nach Maasbüll mitgekommen, um den 450 Quadratmeter großen Landgasthof zu betreiben. „Die Größe hat mich nicht abgeschreckt. Wir haben vorher schon Catering für 100 bis 150 Personen gemacht. Hier haben wir unsere Geräte vor Ort; das macht es noch einfacher.“
Balthazar Helwig ist von seinem Konzept als Bioland-zertifizierter Betrieb überzeugt: „Für mich gibt es keine Alternative zu Bio-Produkten, weil sie die beste Qualität haben. Auch wenn die Dokumentation der Herkunft unserer verwendeten Lebensmittel aufwendig ist, bin ich bereit, den Mehraufwand in Kauf zu nehmen.“
Landgasthof Neukrug
© Gasthof Neukrug
Um für seine Gäste die Preise trotzdem niedrig zu halten, wird Helwig auch gerne erfinderisch. Er fährt die Schweine etwa vom Demeter-Bauernhof aus Husby selbst mit dem Anhänger zur Schlachtung, weil die Direktvermarktung für ihn günstiger ist. „So kann ich unser regionales Bio-Fleisch zu denselben Preisen wie konventionelle Produkte anbieten.“
Neben dem Restaurant- und Saalbetrieb bietet der Landgasthof auch Raum für Kunst und geschäftliche Treffen. Seit Ende April stellt der Verein Kunst für Angeln e. V. Bilder von Künstlern aus dem Norden im Neukrug aus. Zudem bietet Helwig einen kleinen Meetingraum für acht bis 20 Personen, der das entsprechende Equipment beinhaltet. „Die Gäste können dadurch Angenehmes mit dem Nützlichen verbinden“, sagt der Gastronom mit einem Augenzwinkern.
Für Peter und Anna Schröder gaben der Außenbereich und die Wohnmobilstellplätze den Ausschlag für die Entscheidung, das Landgasthaus in Langstedt zu übernehmen. Seit August letzten Jahres führt das Ehepaar das Gasthaus mit Restaurant, Hotelzimmern und Saalbetrieb.
Bei uns trifft deutsche Küche auf Barbecue. […] Jedes Gericht trägt meine Handschrift.Peter Schröder
Peter Schröder war zuvor zehn Jahre lang als Showkoch und Grillmeister auf Events tätig. Deutschlandweit grillte er auf Messen und gab Kurse für Grillhersteller. Das merkt man auch in seinem Gasthaus in Langstedt: „Bei uns trifft deutsche Küche auf Barbecue. Wir kochen frisch und ohne Fertigprodukte. Von Burgerpatties bis hin zu den Brötchen machen wir so gut wie alles selbst. Jedes Gericht trägt meine Handschrift“, so der gebürtige Ostholsteiner.
Anna und Peter Schröder vom Landgasthaus in Langstedt
© IHK/Boye
Das Ehepaar legt Wert auf regionale und saisonale Küche sowie auf Nachhaltigkeit. Um Müll zu vermeiden, nutzen sie etwa Marmeladen- und Honigspender. „Der Müll, der durch die kleinen Plastikverpackungen beim Frühstück entstand, hat mich gestört – deshalb die Spender. An die zu kommen, war gar nicht so einfach“, sagt der Gastronom. Die Gäste honorieren die Bemühungen. So erhielten sie bereits gute Bewertungen auf einer Onlineplattform für Wohnmobilstellplätze, die ihnen weitere Besucher bescherte. Auch das Hotel sei für dieses Jahr an den Wochenenden fast ausgebucht.
Peter Schröder ist immer noch dabei, herauszufinden, was die Gäste möchten und was sich am besten rechnet. „Leider stand das Gasthaus vorher leer, sodass mir kein Vorpächter seine Erfahrungswerte weitergeben konnte“, bedauert er.
Grillmeister Peter Schröder
© IHK/Boye
Besonders gut laufe bisher das Eventcooking, das ihm als Showkoch und Grillmeister besonders viel Spaß macht. Bei Grillevents für zehn bis 16 Personen zeigt er verschiedene Zubereitungsarten und Garmethoden für verschiedene Fleischsorten. Die Teilnehmenden machen zudem Brot, Dips und Nachtisch selbst. Das kommt gut an: „Die nächsten drei Termine sind ausgebucht, und fünf Firmen haben den Grillkurs bereits für ein internes Teambuilding gebucht. Die Gäste kommen für die Events aus ganz Deutschland zu uns“, sagt er.
Zukünftig möchte er den Barbecue-Bereich noch weiter ausbauen: „Wir möchten immer mehr zur Erlebnisgastronomie werden. Ein Traum von mir wären Feuerplatten am Tisch zum Live-Grillen. Es soll ein richtiges Event werden, bei uns zu essen.“
Aenne Boye
Veröffentlicht im Juli 2024.
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