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Sylter Hotels setzen auf Flüchtlinge
Arbeiten beim Sylter Benen-Diken-Hof: Salih Shekhan als
Azubi (links) und Zabih Hakim als Küchenkraft
© Simone Steinhardt
Azubi (links) und Zabih Hakim als Küchenkraft
Salih Shekhan balanciert ein Tablett mit Tee durch das Kaminzimmer, drapiert Kännchen, Tasse und Zucker mit einem freundlichen Lächeln vor dem Gast. Ganz selbstverständlich, als hätte er nie etwas anderes getan. "Ich wollte unbedingt arbeiten und habe auch viel versucht, um einen Job zu bekommen. Aber mein Deutsch war nicht so gut und ich hatte kaum Kontakte", erklärt der 26-Jährige. Eine ehrenamtliche Helferin stellt den Kontakt zum Hotelinhaber Claas-Erik Johannsen her, vermittelt Shekhan und weiteren Flüchtlingen ein Vorstellungsgespräch. Es klappt: Shekhan startet als Aushilfe im Garten, Zabih Hakim in der Küche, Usman Soltani im Zimmerservice. Während Soltani mittlerweile auf einen Studienplatz wartet, ist Shekhan glücklich, die Ausbildung begonnen zu haben. "Ich habe schon viel gelernt, über Deutschland, Gesetze, die Sylter. Sie sind sehr nett. Ich bin Herrn Johannsen sehr dankbar für die Chance hier."
Hohe Motivation
Dass Hotelinhaber Johannsen auf Flüchtlinge setzt, hat nichts mit Gutmenschentum zu tun: Laut Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Sylt sind 350 Arbeitsplätze und 50 Ausbildungsstellen derzeit unbesetzt. "Die Situation hier ist angespannt. Wir haben eindeutig zu wenig Mitarbeiter, insbesondere im Service in den Restaurants und in den Küchen. Da bieten sich die Asylsuchenden doch an", so Johannsen. Dass sie nicht professionell ausgebildet seien und zusätzlich die Sprachbarriere da sei, könne mit der Solidargemeinschaft der Arbeitgeber aufgefangen werden. Von der Motivation seiner neuen Mitarbeiter ist der Hotelier begeistert. "Sie sind sehr engagiert, Deutsch zu lernen und sich konstruktiv in die Betriebe einzubringen. Ihr Sprachdefizit machen sie mit sehr viel Engagement wett." Salih Shekhan spricht schon recht gut Deutsch - eine wichtige Voraussetzung auch für die Berufsschule.
Das Fünfsternehotel A-Rosa in List ist dem Beispiel des Benen-Diken-Hofs bereits gefolgt. Einen Asylsuchenden hat Hoteldirektor Gordon Debus schon im Housekeeping eingestellt. "Für zwei weitere Mitarbeiter laufen die Anträge bei der Ausländerbehörde", so Debus. Insgesamt will er fünf Flüchtlinge einstellen. Zwar dürfen Asylbewerber nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland arbeiten, unabhängig vom Stand ihres Asylverfahrens. Bevor sie jedoch eine Stelle antreten können, prüft die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung in Kooperation mit den örtlichen Arbeitsagenturen, ob es deutsche oder europäische Jobanwärter gibt.
Während Claas-Erik Johannsen mit der Bürokratie gute Erfahrungen gemacht hat, geht es Debus zufolge mit den offenen Anträgen schleppend voran. "Wir haben jetzt Druck gemacht und hoffen, dass die beiden Mitarbeiter bald starten können." Mittlerweile hat der Dehoga Sylt zusammen mit dem Verein Sylter Unternehmer einen Leitfaden für die Beschäftigung von Asylsuchenden erstellt. Wie in Sylt gibt es in ganz Schleswig- Holstein Aktivitäten der Wirtschaft zur Integration von Flüchtlingen - darunter Projekte der Industrie- und Handelskammern. Die Wirtschaft berichtet darüber fortlaufend.
Simone Steinhardt
Veröffentlicht am 7. März 2016
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Benjamin Tietjen