In Deutschland hat die Wirtschaft ein enges Netz aus den Industrie- und Handelskammern, die die Belange der Unternehmen vertreten, sie beraten und unterstützen. Die Auslandshandelskammern (AHKs) erweitern dieses Netzwerk über die Grenzen Deutschlands hinaus – 150 AHKs unterstützen Unternehmen an 93 Standorten weltweit dabei, einen Fuß ins Ausland zu setzen.
Der erste Schritt ins Ausland: Fragen über Fragen
Es gibt viele gute Gründe, den Blick ins Ausland zu richten: Zum Beispiel haben geopolitische Herausforderungen, Lieferkettenstörungen in der Corona-Pandemie und globale Konflikte in den vergangenen Jahren viele Unternehmen die Bedeutung resilienter Lieferketten spüren lassen.
Unternehmen, die sich erstmals ins Ausland orientieren, stehen vor einer langen Liste an Fragen: von grundlegenden Themen wie „Welcher Standort ist der richtige für mein Unternehmen?“ und „Wo finde ich das richtige Personal und die richtigen Partner?“, bis zu den Details wie „Welche Schulen sind für meine Kinder, und die meiner Mitarbeiter vor Ort?“. Bei diesen und vielen weiteren Themen können die AHKs unterstützen.
Kompetente Partner vor Ort
Bei den AHKs finden deutsche Unternehmen einheimische, aber englisch- und meist sogar deutschsprachige Gegenüber, die in der lokalen Wirtschaft zuhause und mit der deutschen Arbeitsweise und Kultur vertraut sind. Sie stehen im engen Austausch mit den Unternehmen, der Politik und der öffentlichen Verwaltung und können so umfassend über Land und Märkte informieren oder bei der Partnersuche und dem Kontakt mit den Behörden unterstützen. Wer könnte besser über die Märkte eines Landes berichten und die Möglichkeiten einschätzen als jemand, der dort lebt und arbeitet, die Wirtschaftsstruktur und Unternehmen kennt – und sich Tag für Tag damit beschäftigt?
Auf die Details kommt es an
Die Hilfe dieser „Insider“ nehmen auch international erfahrene Player an, wenn es darum geht, neue Märkte zu erschließen: So beispielsweise die Handtmann Service GmbH & Co. KG aus Biberach. Das Unternehmen hat in den Jahren 2019 und 2020 ein neues Produktionswerk in der Slowakei errichtet und wurde von der IHK Ulm an die slowakische AHK vermittelt. „Hintergrund war die Frage über mögliche Subventionen oder Wirtschaftsförderung für Unternehmen bei der Ansiedlung in der Slowakei“, erzählt Thomas Bainder, der bei der Handtmann Service GmbH & Co. KG für diesen Teil des Projekts verantwortlich war. „Mit dieser Frage haben wir uns zunächst an die IHK Ulm gewandt und wurden dann direkt an die AHK Slowakei vermittelt.“
Förderanträge können auch in Deutschland eine Herausforderung sein. Um das gleiche Vorhaben in einem anderen Land mit anderen Regeln und in einer anderen Sprache umzusetzen, braucht es viel Geduld und Nerven – besser noch einen erfahrenen Partner vor Ort.
Thomas Bainder war froh um diesen Partner in der slowakischen AHK, besonders der persönliche Kontakt war ihm wichtig. „Bei unseren Projekten in der Slowakei hatte ich immer kompetente Beratung und freundliche Gespräche auf Augenhöhe. Die Bereitschaft, uns zu unterstützen, war von Anfang an da“, erzählt er. „Auch bei einem weiteren Anliegen, das in Richtung USA abzielte, wurde ich an die entsprechende AHK weitergeleitet. Wir haben dann direkt die Kontaktdaten von den Ansprechpartnern vor Ort erhalten, was uns sehr geholfen hat. Für uns sind persönliche Gespräche wichtig. Außerdem wurden wir so sofort mit ersten Informationen und Links zu unseren Anliegen versorgt.“
Breites Unterstützungsangebot – nicht nur für Mitglieder
Das Dienstleistungsangebot der AHKs steht allen deutschen Unternehmen kostenpflichtig zur Verfügung. Zwar finanzieren sich die AHKs auch zum Teil aus Mitgliedsbeiträgen – und die Mitgliedschaft im AHK-Netzwerk bringt durchaus Vorteile mit sich –, doch unbedingt notwendig ist sie nur für vereinzelte Leistungen. Und das Portfolio ist groß: AHKs beraten nicht nur beim Schritt ins Ausland, sondern unterstützen auch bei der Suche nach internationalen Fachkräften. Sie informieren in Veranstaltungen, Seminaren und Workshops. Sie kennen die lokalen Arbeitsmärkte und helfen, qualifiziertes, zweisprachiges Personal vor Ort zu finden. Und wer noch kein eigenes Büro in seinem Zielland hat, kann die Infrastruktur der AHK und weitere Büroservices wie Finanz- oder Gehaltsabrechnungen der AHKs nutzen.
Für Handtmann gab es bei dieser Anfrage zwar kein passendes slowakisches Förderprogramm – „entweder die Voraussetzungen dafür waren nicht gegeben oder ein neues Förderprogramm sollte erst zu einem späteren Zeitpunkt anlaufen“, erklärt Bainder –, doch die Unterstützung der AHK wird er auch beim nächsten Mal wieder in Anspruch nehmen.
Christin Krauß