USA: Maschinensicherheit im Fokus
Die Vereinigten Staaten sind für Deutschland seit Langem der weltweit wichtigste Exportmarkt und bedeutendste Investitionsstandort außerhalb der EU. Dennoch bestehen zahlreiche Handelshemmnisse. Allein 25 hat die EU identifiziert, dazu zählen auch Zertifizierungen.
Das US-Produktzulassungsrecht kennt verschiedene Prozesse und Vorschriften, die von der Art des Produkts und der zuständigen Bundesbehörde abhängig sind. Im Verbrauchergeschäft ist der Consumer Product Safety Act wichtig. Für die Zulassung von Lebensmitteln und Medizinprodukten ist die Food and Drug Administration (FDA) zuständig. Registrierungs- und Zulassungspflichten für Chemikalien und gefährliche Stoffe überwacht die Environmental Protection Agency (EPA). Für Maschinensicherheit ist der Occupational Safety and Health Act relevant, mit dem Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz minimiert werden sollen. Kontrollbehörde ist die Occupational Safety and Health Administration (OSHA).
Die OSHA fordert die Einhaltung eigener technischer Standards und Zulassungsprozesse, die als Kriterien für nationale Prüflabore dienen. Maschinen, elektrische Bauteile und Geräte müssen von einem akkreditierten Testlabor (Nationally Recognized Testing Laboratory, kurz: NRTL) mit einem der geltenden Prüfzeichen abgenommen werden.
Eine aktuelle Liste gibt es online: osha.gov/nationally-recognized-testing-laboratory-program/current-list-of-nrtls
Wichtige Einrichtungen, die von der OSHA anerkannte Normen und Prüfzeichen entwickeln, sind das American National Standards Institute (ANSI) und die Underwriters Laboratories (UL). Zwar sind die Standards formal nicht verpflichtend, werden aber häufig als Vertragsbestandteil verlangt. Auch sind sie oft Grundlage für OSHA-Normen, sodass sich eine Nichteinhaltung im Schadensfall auf die Bußgeldhöhe auswirken kann.
Elektrische Anlagen benötigen in den USA zudem eine Betriebsgenehmigung, die die Authority Having Jurisdiction (AHJ) ausstellt. Meist handelt es sich dabei um lokale Amtsträger, etwa Feuerwehrmänner (Fire Marshals), deren Sachkenntnisse und Befugnisse stark variieren können. Da diese Prüfung auf den Vorgaben der National Fire Protection Association (NFPA) beruht, spielt dabei der Brandschutz eine zentrale Rolle.
China: CCC-Zertifikate erforderlich
Die Volksrepublik China war laut Statistischem Bundesamt 2022 zum siebten Mal in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner, wobei mehr Waren importiert als dorthin exportiert wurden. Das wichtigste deutsche Exportgut waren PKWs; auch KFZ-Teile und Zubehör rangierten vorn. Diese Waren gehören zu den Produktgruppen, die nach der chinesischen CCC-Zertifizierung (China Compulsory Certification) geprüft und gekennzeichnet sein müssen. Die Zertifizierungspflicht gilt für Hersteller in China ebenso wie für ausländische Hersteller, die ihre Waren nach China exportieren. Kontrolliert wird die Einhaltung beim Import, aber auch innerhalb des Landes.
Neben Autoteilen und Zubehör sind Elektronikprodukte, medizintechnische Geräte, bauchemische Produktgruppen, landwirtschaftliche Maschinen und Spielwaren betroffen. Für Exporteure empfiehlt es sich, vorab auf der Internetseite Access2Markets zu prüfen, ob die Ware bei der Einfuhr eine CCCZertifizierung benötigt: trade.ec.europa.eu/access-to-markets/de Das CCC-Zertifizierungsverfahren umfasst Produktprüfungen, aber auch ein Werksaudit. Grundsätzlich kann es im direkten Kontakt mit den chinesischen Behörden wie dem China Quality Certification Centre (CQC) oder China Certification for Automotive Products (CCAP) durchgeführt werden. Allerdings ist es sprachbedingt in den meisten Fällen erforderlich, einen Dienstleister einzuschalten. Die Gültigkeit einer Zertifizierung ist auf fünf Jahre befristet; danach muss sie erneuert werden.
Neu: Ab August 2024 gilt die CCC-Zertifizierungspflicht auch für Lithium-Ionen-Zellen und Akku-Packs. Ab dann dürfen diese in China nur noch mit gültigem CCC Siegel in Verkehr gebracht oder importiert werden. Anträge auf Zertifizierung nimmt die China National Certification and Accreditation Administration (CNCA) seit 1. August 2023 entgegen.
Indien: Eigene Prüfstandards
Auch die Handelsbeziehungen zu Indien entwickelten sich in jüngerer Vergangenheit erfreulich. Deutsche Unternehmen berichten allerdings immer häufiger, dass Produkte im indischen Zoll feststecken. Grund dafür ist in aller Regel eine fehlende BIS-Zertifizierung. Indien hat für bestimmte Produkte und Produktgruppen eigene „Indian Standards” (IS) eingeführt, die die indische Normungsbehörde „Bureau of Indian Standards“ (BIS) festlegt. IS gelten auch für deutsche Produkte. Bei der Einfuhr nach Indien müssen sie zertifiziert und entsprechend gekennzeichnet sein. Die Zertifizierung erfolgt in Indien und ist zwei Jahre gültig. In der Regel werden die Produkte in einem zweistufigen Prozess durch ein akkreditiertes Test-Labor geprüft und zertifiziert.
Neben den Produkten selbst wird auch deren Produktion in Deutschland zertifiziert. Dafür kommen indische Auditoren ins deutsche Werk. Sie entscheiden, welche Produkte nach Indien zur Prüfung geschickt werden. Betroffen sind etwa Waren aus Stahl und Eisen, Haushaltsgeräte, Batterien, Sport- und Lederschuhe, Kinderspielzeug und bestimmte Chemikalien. Am Ende des Prozesses dürfen sie mit dem ISI-Mark-Logo gekennzeichnet werden.
Elektronische Produkte wie Laptops, Scanner, Mobiltelefone und ähnliche müssen beim Bureau of Indian Standards zertifiziert werden. Die Werksprüfung entfällt hier. Sie erhalten ein eigenes Logo zur Kennzeichnung an den Produkten. Achtung bei Ersatzteilen: Problematisch kann die Zertifizierungspflicht bei der Lieferung von Ersatzteilen werden. So unterliegen einige Elektromotoren der Zertifizierungspflicht. Sind sie in einer Anlage verbaut, benötigen sie keine BIS-Zertifizierung – als Ersatzteil allerdings schon. Hier muss der Zulieferer kontaktiert werden, ob er eine BIS-Zertifizierung für den Motor hat. Wer pharmazeutische Erzeugnisse, medizinische Geräte und Kosmetika nach Indien einführen will, muss diese vorab bei der Central Drugs Standard Control Organization (CDSCO), einer Behörde im Geschäftsbereich des indischen Gesundheitsministeriums, registrieren. Darüber hinaus benötigt der indische Importeur eine Importlizenz der CDSCO.
Kasachstan: EAWU-Konformität verlangt
Nachdem die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland infolge des Angriffskriegs auf die Ukraine fast zum Erliegen kamen, gewinnen andere Handelspartner im Osten an Bedeutung, darunter Kasachstan und Kirgisistan. Die beiden zentralasiatischen Republiken verlangen als Mitgliedstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) für eine Reihe von Produkten bei Einfuhr, dass deren Konformität mit den gemeinschaftlichen Technischen Reglements (TR) der EAWU nachgewiesen wird. Gleiches gilt auch für die Kaukasusrepubliken Armenien und Belarus.
Zu den zertifizierungspflichtigen Produkten gehören Maschinen, Autos, Ausrüstungen für die Landwirtschaft und Telekommunikation, Baumaterial und Bauausrüstung, Kraftstoffe, Bekleidung, Spielzeuge, Lebensmittel, Medizintechnik sowie Arzneimittel. Ohne Zertifizierung können diese Waren nicht verzollt und in einen EAWU-Staat eingeführt werden. Als Grund wird der Schutz von Verbrauchern und Arbeitnehmern genannt.
Seit 2014 darf die Produktzertifizierung zudem nur eine juristische Person in der EAWU beantragen. Die Gültigkeit der Zertifikate kann zwischen einem Jahr und fünf Jahren betragen.
UK: CE-Label bleibt nach Brexit gültig
Ursprünglich hatte die britische Regierung geplant, die CE-Kennzeichnung nach dem EU-Austritt komplett durch ein UKCA-Label zu ersetzen. Doch die Frist zur Anerkennung von CE-Kennzeichnungen wurde wiederholt verlängert, zuletzt bis zum 31. Dezember 2024.
Kürzlich hat das Ministerium für Wirtschaft und Handel (Department for Business and Trade, DBT) sogar angekündigt, dass das CE-Label in Großbritannien für einige wichtige Produktkategorien unbefristet gültig bleibt. Dazu gehören Spielzeug, Pyrotechnik, jede Menge Geräte und vieles mehr.
Dies bedeutet eine Abkehr von der ursprünglichen Strategie. Für Unternehmen, die Waren nach Großbritannien exportieren, ist dies jedoch eine wichtige Erleichterung. Produkte mit CE-Kennzeichen können nun unbefristet auf dem britischen Markt gehandelt werden, eine Umstellung auf das UKCA-Label ist nicht zwingend, sie bleibt optional.
Allerdings fallen nicht alle Produktkategorien in den DBT-Zuständigkeitsbereich. Noch ist unklar, ob die CE-Kennzeichnung auch in diesen Fällen unbefristet gültig bleibt oder auf das UKCA-Label umgestellt werden muss. Dies betrifft insbesondere Bauprodukte, Seilbahnen, transportable Druckgeräte, unbemannte Flugsysteme, Bahnprodukte und Schiffsausrüstung. Die zuständigen Behörden haben zugesichert, ihre Pläne in den kommenden Monaten zu kommunizieren.
Schweiz und EU: weiter Übereinstimmung?
Der Handel mit europäischen Handelspartnern, die nicht EU-Mitglied sind wie die Schweiz, lief lange reibungslos: Man hatte sich auf gegenseitige Anerkennung geeinigt. Aktuell ermöglicht die sogenannten Mutual Agreement Recognition (MRA), als Teil bilateraler Verträge zwischen Deutschland und der Schweiz, die Anerkennung der Konformität von Produkten auf der Grundlage gemeinsamer Standards und Vorschriften. Ist ein Produkt in der EU zugelassen, gelten die Schweizer Standards ebenfalls als erfüllt.
Nach dem Abbruch der Verhandlungen zu einem institutionellen Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU im Mai 2021 steht das MRA allerdings auf dem Prüfstand. Die EU will ohne institutionelles Abkommen keine neuen Abkommen mit der Schweiz abschließen oder bestehende aktualisieren.
Betroffen ist bereits jetzt der Medizinsektor. Am 26. Mai 2021 trat die neue EU-Medizinprodukteverordnung in Kraft; die gegenseitige Anerkennung für Medizinprodukte wurde nicht erneuert. Hersteller, die im Ausland ansässig sind und Medizinprodukte in die Schweiz einführen wollen, sind verpflichtet, einen Bevollmächtigten in der Schweiz zu bestellen, bevor sie ihre Produkte in der Schweiz in Verkehr bringen.
Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich für die Einfuhr von Maschinen ab, wenn die Übergangsfristen für die neue Maschinenverordnung 2029 auslaufen und das MRA für Maschinen nicht erneuert wird.
IHK Rhein Neckar