Trends & Hintergründe

IHK-Region Ulm: Stimmungseinbruch auf breiter Front

Die konjunkturelle Schwächephase in der IHK-Region Ulm dehnt sich weiter aus, immer mehr Unternehmen und Branchen sind betroffen. Mehr als die Hälfte aller Betriebe meldet derzeit Umsatzeinbußen, und ein Drittel berichtet von einer schlechten Ertragssituation. Entsprechend hat die Zufriedenheit der Unternehmen mit dem Verlauf ihrer Geschäfte erneut nachgelassen. Erstmals seit der Corona-Krise geht es nun wieder mehr Betrieben schlecht als gut.

Fehlende Impulse

Ein Licht am Ende des Tunnels ist derzeit nicht in Sicht. Nur noch jedes neunte Unternehmen meldet eine steigende Nachfrage. Sechs von zehn Betrieben verzeichnen fallende Auftragseingänge. Die fehlenden Impulse veranlassen die Wirtschaft, ihre Erwartungen an die kommenden zwölf Monate deutlich zurückzuschrauben. 38 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass sich ihre Geschäfte weiter verschlechtern werden. 50 Prozent glauben, das erreichte, eher niedrige Niveau, halten zu können. Nur noch jeder neunte Betrieb bleibt zuversichtlich. Die Stimmung in der regionalen Wirtschaft war schon im Frühjahr angespannt, jetzt ist sie bei zahlreichen Unternehmen regelrecht im Keller. Die Industrie ist besonders betroffen, die Inlandsgeschäfte sind eingebrochen, im Auslandsgeschäft erwartet sie Impulse in überschaubarem Umfang allenfalls aus den USA und Asien. Diese reichen jedoch nicht, um die Nachfragerückgänge aus der restlichen Welt auszugleichen. Der IHK-Konjunkturklima-Index, der die Lageurteile und die Erwartungen der regionalen Wirtschaft zusammenfasst, ist von 102 Punkten im Frühjahr auf aktuell 84 Punkte abgerutscht und liegt damit noch deutlicher unter dem langjährigen Durchschnittswert (118 Punkte).

Harte Zeiten

Bestimmt wird die aktuelle Situation nicht nur vom Fehlen konjunktureller Stimuli, sondern auch von zahlreichen Risiken, die die Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Standorte massiv beeinträchtigen. Dazu zählen die im internationalen Vergleich hohen Standortkosten für Arbeit und Energie. Hinzu kommt, dass fast jedes zweite Unternehmen in dem unklaren wirtschaftspolitischen Kurs in Deutschland ein Risiko für das eigene Unternehmen sieht. Die Folge ist eine abnehmende Investitionsbereitschaft. Vier von zehn Unternehmen haben ihre Budgets für Inlandsinvestitionen gekürzt, nur 18 Prozent wollen mehr investieren. In der Industrie planen sogar 46 Prozent geringere und nur 14 Prozent höhere Investitionen in Deutschland. In die Erweiterung der eigenen Kapazitäten oder die Expansion investiert nur jedes zehnte Unternehmen, der niedrigste Wert in der 20 jährigen Erfassung der Investitionsmotive in der IHK-Konjunkturumfrage. Kein gutes Omen für die konjunkturelle Entwicklung. Nicht aufschiebbare Ersatzinvestitionen nutzt die Wirtschaft vor allem für den Ausbau ihrer Digitalisierung und die Steigerung der Energieeffizienz.

Politik ist gefordert

Die konjunkturelle Flaute legt die schlechten Rahmenbedingungen in Deutschland schonungslos offen: Unzureichende Bildung, fehlende Fachkräfte, überbordende Bürokratie, unzureichende Infrastruktur sowie eine unbefriedigende Energiepolitik. Den Unternehmen fehlt immer mehr die Luft zum Atmen, die Risiken wachsen, die Chancen schwinden. Sollte die Politik diese Hemmnisse für unternehmerisches Handeln nicht konsequent und glaubhaft anpacken, wird das Vertrauen der Wirtschaft in die Zukunftsfähigkeit Deutschlands weiter abnehmen und der hiesigen Wirtschaft ein nachhaltiger Schaden drohen. Wohlstands- und Arbeitsplatzverluste wären die Folge.

Personalpläne von Zurückhaltung geprägt

Der Anteil der Unternehmen, die ihre Beschäftigtenzahl in den nächsten zwölf Monaten verringern wollen, ist von 28 Prozent im Frühjahr auf aktuell 36 Prozent gestiegen. Zusätzliche Stellen wollen nur noch 6 Prozent der Betriebe schaffen (zuvor 9 Prozent). Doch trotz dieser veränderten Vorzeichen bleibt der Fachkräftemangel ein Risiko für viele Betriebe – wenngleich die Betroffenheit rückläufig ist. 56 Prozent der Unternehmen haben derzeit offene Stellen, für die sie keine passenden Arbeitskräfte finden. Vor allem dual ausgebildete Fachkräfte sind rar. Deshalb versuchen auch die meisten Unternehmen, ihre Fachleute solange es geht im Betrieb zu halten. Das stabilisiert den Arbeitsmarkt. Im September 2024 betrug die regionale Arbeitslosenquote wie schon ein Jahr zuvor 3,1 Prozent und fiel damit nach wie vor deutlich geringer aus als in Baden-Württemberg (4,3 Prozent) und Deutschland (6 Prozent).
Jonas Pürckhauer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Ulm