Aktuell beurteilen nur noch 30 Prozent der Unternehmen die eigene Geschäftslage als gut, Anfang 2023 sah sich noch die Hälfte der Unternehmen in einer guten Geschäftslage. 19 Prozent bewerten ihre Geschäftslage als schlecht, Anfang 2023 waren es nur 5 Prozent. Knapp die Hälfte der Unternehmen (51 Prozent) zeigt sich mit ihrer Geschäftslage insgesamt zumindest noch zufrieden.
Strukturwandel und Nachfrageflaute
Die Auswirkungen von Strukturwandel und konjunktureller Flaute zeigen sich vor allem in der Industrie, die normalerweise das Zugpferd für die gesamte Wirtschaft der Region ist. Schon seit Monaten leidet die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche unter den hohen Energiekosten und unter den zuletzt stark angestiegenen Arbeitskosten. Es mangelt an Inlandsaufträgen, und ein schwaches Exportgeschäft kann das bei weitem nicht ausgleichen. Erstmals seit der Corona-Krise beurteilen mehr Unternehmen ihre Geschäftslage schlecht als gut. Damit rutscht die Industrie in die Rezession. Die wirtschaftlichen Unsicherheiten gehen auch an den Konsumenten nicht vorbei. Sie halten sich trotz kräftig steigender Löhne beim Einkaufen zurück und legen ihr Geld in unsicheren Zeiten offenbar lieber auf die hohe Kante. Das drückt den Umsatz und die Stimmung im Einzelhandel deutlich nach unten. Auch die Großhändler und unternehmensnahe Dienstleister müssen Umsatzeinbußen hinnehmen und stellen weitgehend eine Auftragsflaute fest. Dem Bausektor fehlen Aufträge, obwohl dringend Wohnungen gesucht werden und die Infrastruktur in weiten Teilen saniert oder erneuert gehört. Zwar haben die Zinsen leicht nachgegeben, aber für einen echten Anschub im privaten Wohnungsbau reicht es nicht. Auch die Aufträge im gewerblichen Hochbau bleiben weiterhin aus. Zudem bremsen teure Materialien, hohe Arbeitskosten und lange Genehmigungsverfahren die Baubranche aus. Die regionalen Gastgeber zeigen sich nach der Sommersaison zwar zufrieden, sie konnten bei den Umsätzen – sowohl im Bereich Restauration als auch in der Beherbergung – im Vergleich zum Herbst 2023 jedoch keine Steigerung erzielen.
Zukunftsinvestitionen finden woanders statt
Die anhaltende Wirtschaftsschwäche ist aus Sicht der IHK auch eine Konsequenz der monatelangen Hängepartie seitens der Politik, die keinen verlässlichen, wirtschaftspolitischen Wachstumskurs verfolgt. Die Pläne für Investitionen im Inland wurden in den vergangenen Monaten von den Unternehmen immer weiter reduziert und verharren auf bedenklich niedrigem Niveau. Die Zinssenkungen der EZB dürften nur wenig zur Verbesserung beitragen, denn an den genannten kritischen Rahmenbedingungen ändert sich dadurch nichts. Vor allem in der Industrie fallen in den Unternehmen Entscheidungen für Zukunftsinvestitionen zugunsten anderer Standorte auf der Welt. Angesichts des Arbeitskräftemangels und vieler unbesetzter Stellen ist dies zunächst kaum spürbar, die dicke Rechnung kommt aber später in Form verlorener Marktanteile, aufgegebener Innovationsvorsprünge und sinkender Wettbewerbsfähigkeit. Neben eine steuerlichen Entlastung der Unternehmen sind aus Sicht der IHK die wichtigsten Maßnahmen, um den Standort Deutschland wieder zu stärken, der Abbau bürokratischer Vorschriften, schnellere Genehmigungsverfahren, auch und insbesondere für den Ausbau von erneuerbaren Energien, sowie staatliche Investitionen in die Infrastruktur. Die Unternehmen sind erneut unzufriedener mit der Wirtschaftspolitik, 44 Prozent sehen sie als Risiko für die eigene Geschäftsentwicklung. Für immer mehr Unternehmen ist die Inlandsnachfrage Risiko Nummer eins, auf Platz zwei folgen die Arbeitskosten, danach die Energiekosten und der Fachkräftemangel.
Keine Besserung erwartet
Hatten sich die Erwartungen für die künftige Geschäftsentwicklung Anfang des Jahres noch etwas verbessert, fallen sie bei der aktuellen Umfrage wieder in den Keller: Die Pessimisten überwiegen bei weitem die Optimisten. Dazu passen auch die Beschäftigungspläne der Unternehmen. Diese fallen laut aktueller IHK-Konjunkturumfrage vorsichtig aus: 11 Prozent der Unternehmen suchen Personal, ein Viertel der Betriebe geht davon aus, dass die Zahl der Beschäftigten abnimmt. Stabile 64 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer gleichbleibenden Beschäftigung. Damit dürfte sich die Beschäftigung immer langsamer aufbauen, auch Kurzarbeit wird für immer mehr Unternehmen eine Option.
Bettina Wolf, Geschäftsbereich Unternehmensförderung und Regionalentwicklung der IHK Bodensee-Oberschwaben