Eine von manchen Wirtschaftsexperten und Politikern befürchtete Abwanderung mittelständischer Industrieunternehmen aus Deutschland sei derzeit nicht zu beobachten. Stattdessen habe sich die Globalisierungsgeschwindigkeit zuletzt sogar verlangsamt. So lautet das Kernergebnis einer Umfrage des LBBW Research der Landesbank Baden- Württemberg im Rahmen des „Mittelstandsradars 2023“. Demnach streben gut zwei Drittel (67 Prozent) der mittelständischen Industrieunternehmen hierzulande in den kommenden zehn Jahren keine Verlagerung ihrer betrieblichen Aktivitäten ins Ausland an. Sieben Prozent wollen bestehende Fertigungskapazitäten zudem aus entfernten Schwellenländern in benachbarte beziehungsweise näher liegende Länder verlagern.
Deindustrialisierung kann noch vermieden werden
Für Deutschland ist diese Entwicklung demnach ambivalent. Auf der einen Seite hätte die export- und industrieorientierte deutsche Volkswirtschaft seit der Jahrtausendwende überproportional stark vom Globalisierungstrend profitiert, so Andreas da Graça, Autor des Mittelstandsradars. Auf der anderen Seite würde die aktuell eher abwartende Haltung vieler Unternehmen die vielerorts geäußerte Sorge vor einer unaufhaltsamen Deindustrialisierung des Landes dämpfen. Gefordert würden seitens der Unternehmen allerdings vor allem eine stärkere Deregulierung, mehr Bürokratieabbau, ein Ausbau der Infrastruktur – Stichwort Digitalisierung – und verbesserte Bildungsmöglichkeiten, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. „Wenn die Politik hier nicht schnell reagiert und die Wettbewerbsbedingungen beziehungsweise die Rahmenbedingungen verbessert, könnten sich tatsächlich noch mehr deutsche Unternehmen nach neuen Standorten im Ausland umsehen“, so die Einschätzung von da Graça.
WAB