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Odyssee: OZG

Schneller, effizienter, nutzerfreundlicher – das Onlinezugangsgesetz (OZG). Die Interaktion von Bürgerschaft und Unternehmen mit der Verwaltung soll durch die digitale Bereitstellung der Verwaltungsleistungen vereinfacht werden. Nur wie lässt sich das nun umsetzen?

OZG – der erste Versuch

Durch das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen wurden Bund, Länder und Kommunen kurzerhand dazu verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale digital anzubieten. Für die Umstellung bekamen sie fünf Jahre Zeit.
Insgesamt 6.000 Verwaltungsleistungen wurden zu 575 „OZG-Leistungen“ gebündelt, die im Umsetzungskatalog niedergeschrieben sind. Ein Beispiel: Die OZG-Leistung „Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen“ beinhaltet über hundert Einzelverwaltungsleistungen. Im OZG-Umsetzungskatalog werden diese einzelnen Leistungen, die von verschiedenen Behörden ausgeführt werden, gebündelt. Und das nicht wie gehabt nach behördlicher Perspektive geordnet, sondern nach der Perspektive des Antragstellers oder der Antragstellerin. Für die Umsetzung bedeutet diese Clusterung über Behördengrenzen hinweg eine zusätzliche Schwierigkeit. Dass eine Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes innerhalb der gegebenen Zeit nicht realistisch war, das war schon bei Inkrafttreten absehbar. Deshalb begann schon Anfang 2022 die Arbeit an einer Weiterentwicklung des Gesetzes.

OZG 2.0 – so soll es weitergehen

Mit dieser Weiterentwicklung – dem OZG-Änderungsgesetz – wird die Frist nun ersatzlos gestrichen. Verwaltungsdigitalisierung sei eine Daueraufgabe aller Behörden in Deutschland, sie müsse ständig weitergeführt und evaluiert werden, heißt es. So weit, so gut – lesson learned. Mit dem OZG 2.0 bleiben die Behörden also verpflichtet, ihre Leistungen kontinuierlich weiter zu digitalisieren. Die Lehre aus dem gescheiterten OZG hat durchaus ihre Berechtigung. Es wird jedoch auch kritisiert, sie nehme alle Verbindlichkeit aus dem Gesetz. Nicht nur von den Oppositionsparteien, auch die Vertreter der deutschen Wirtschaft sehen diesen Punkt kritisch. Die ersatzlose Streichung der OZG-Umsetzungsfrist sei den Unternehmen nicht vermittelbar, heißt es in einer Stellungnahme der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Es folgen die eindringlichen Worte: „Der Gesetzgeber muss zeigen, dass er es diesmal ernst meint.“ 
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Immerhin ist der zweite Ansatz deutlich umfassender gedacht als das Vorgänger-Gesetz: Der Fokus liegt nicht mehr nur darauf, einen elektronischen Zugang zu den Verwaltungsleistungen zu bieten, sondern legt auch Wert darauf, dass diese dann vollständig digital abgewickelt werden. Im Grunde bedeutet das: Der online beantragte Vorgang soll im Amt nicht ausgedruckt werden, um weiter bearbeitet zu werden, nicht mal, um ihn zu unterzeichnen. Die Unterschrift soll der Identifizierung und Authentifizierung durch die Online-Funktion des Personalausweises weichen. 
Unternehmen erhalten dafür ein zentrales Organisationskonto, über das sie künftig ihre Anträge stellen können. Die Verwendung dieser Konten wird verpflichtend für alle öffentlichen Stellen, die digitale Verwaltungsleistungen anbieten. Spätestens nach fünf Jahren sollen unternehmensbezogene Verwaltungsleistungen sogar ausschließlich elektronisch angeboten werden. Dieses Organisationskonto begrüßen die Wirtschaftsverbände BDA, BDI, DIHK und ZDH. Es sei jedoch dringend erforderlich dieses im Gesetzentwurf näher zu definieren, schreiben sie im gemeinsamen Positionspapier. 
„Es ist für Unternehmen nur dann sinnvoll nutzbar, wenn es deutschlandweit von Bund, Ländern und Kommunen einheitlich umgesetzt wird“, heißt es da weiter. Das Organisationskonto als elektronischen Schriftformersatz zu nutzen sei richtig, die Wirtschaftsverbände fordern jedoch auch, diese Funktion nicht auf Verwaltungsvorgänge zu beschränken. Das Organisationskonto solle für die Wirtschaft insgesamt als Schriftformersatz nutzbar sein. 

Digital von Anfang bis Ende

Das OZG 2.0 soll der endgültige Abschied von der Zettelwirtschaft sein – auch wenn nicht geklärt ist, wann genau dieser Abschied stattfinden soll. Damit das auch bei behördenübergreifenden Prozessen funktioniert und nicht ständig Nachweise über andere Verwaltungsleistungen vorgelegt werden müssen, ist das Once-Only-Prinzip als Generalklausel im Gesetzentwurf enthalten. Was bisher daten-schutzrechtlich ein Problem darstellte, soll die Registermodernisierung möglich machen: Mit dem Einverständnis der Antragstellenden sollen die Ämter in der Lage sein, die Daten und Nachweise, die zu einer Person oder Organisation hinterlegt sind, untereinander auszutauschen, um sie weiterzubearbeiten. Für diese Vernetzung braucht es vor allem eine technische Architektur, die gleichermaßen datensicher und transparent ist. 
Das OZG-Änderungsgesetz enthält viele Verbesserungen, dennoch gibt es auch Kritikpunkte. Vor allem aber wünscht sich die Wirtschaft vom Bund festgelegte Standards, die ein praxistaugliches Fundament für den Aufbau eines innovativen Ökosystems nutzerfreundlicher Verwaltungsdienstleistungen sein können.
Christin Krauß