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Verpackungen – funktional, effizient und recyclingfähig

Das Sustainable Packaging Institute SPI der Hochschule Albstadt-Sigmaringen stellt sich gemeinsam mit zahlreichen Unternehmen, viele davon aus der Region, den vielfältigen Herausforderungen rund um das Thema nachhaltigere Verpackungskonzepte.
In einer Welt, in der fossile Rohstoffe immer knapper und damit teurer werden, gewinnt deren effiziente Nutzung an Bedeutung. Nicht zu vergessen sind die ökologischen Folgen ihrer Nutzung, wie etwa die Emission von klimawirksamen Treibhausgasen bei der thermischen Verwertung. Die effiziente(re) Nutzung ist bei Verpackungen, insbesondere bei sensiblen Produkten wie Lebensmitteln, eine besondere Herausforderung, denn Materialeffizienz darf hier nicht zu Lasten der Funktionalität gehen. 

Verpackungsforschung am SPI der Hochschule Albstadt-Sigmaringen

Seit seiner Gründung 2019 forscht das Sustainable Packaging Institute SPI der Hochschule Albstadt-Sigmaringen in zahlreichen nationalen und internationalen Forschungsprojekten anwendungsorientiert und ganzheitlich zur Materialeffizienz von Verpackungen und dazu, wie diese in Einklang mit dem Schutz der verpackten Lebensmittel gebracht werden kann.

Funktionalität und Materialeffizienz schließen sich nicht aus 

Verpackungen erfüllen eine Vielzahl von Funktionen, wobei die Schutzfunktion eine zentrale Rolle spielt. „Die Verpackung muss einerseits vor unerwünschten äußeren Einflüssen wie mechanischer Beschädigung und Licht, andererseits aber auch vor Verderb durch Mikroorganismen oder Oxidation schützen", erklärt Markus Schmid, Leiter des SPI. Damit können funktionale Verpackungen dazu beitragen, den vorzeitigen Verderb der Lebensmittel zu verhindern und die Haltbarkeit zu verlängern. Beides kann helfen, vermeidbare Lebensmittelabfälle zu reduzieren. Dies ist im Sinne der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit wünschenswert, da im Vergleich zu ihrer Verpackung in der Regel mehr Ressourcen in den Lebensmitteln stecken und diese damit auch mit höheren Umweltauswirkungen verbunden sind. Schmid ergänzt: „Besonders wichtig ist es dabei, die Eigenschaften der verschiedenen Verpackungsmaterialien individuell auf die spezifischen Anforderungen der Lebensmittel abzustimmen.“ 
Ein ganz konkretes Beispiel sind frische Fleischwaren, die besonders empfindlich gegenüber Farbverlust und mikrobiellem Verderb sind. Während es sich bei Ersterem primär um einen ästhetischen Aspekt handelt, kann Letzterer zu einem Gesundheitsrisiko für Verbraucher werden. Funktionale Verpackungen, zum Beispiel mit Schutzgasatmosphäre, wie sie in jedem Supermarkt zu finden sind, können diesen unerwünschten Veränderungen entgegenwirken. Dies setzt jedoch eine speziell auf das jeweilige Produkt abgestimmte Gasbarriere beziehungsweise Permeabilität, also Durchlässigkeit, voraus. Je nach Material variiert diese Permeabilität von Kunststoffen gegenüber unterschiedlichen Gasen. Beispielsweise ist bei gleicher Foliendicke LDPE für die Gase Sauerstoff und Kohlendioxid etwa 70mal und für Stickstoff sogar 140mal durchlässiger als PET. Es müsste also etwa 70mal mehr LDPE  eingesetzt werden, um die gleiche Funktionalität hinsichtlich der Barriereeigenschaften wie PET zu erreichen. Das ist möglich, aber sicher nicht materialeffizient. 

Packstoffe: Die Kombi macht's

Eine deutlich materialeffizientere Erreichung der benötigten Gasbarriere ist durch den Einsatz einer speziellen organischen oder anorganischen Sperrschicht möglich. Hier reicht häufig eine vergleichsweise dünne Schichtdicke zur Erzielung der benötigten Eigenschaften aus. Eines der heute gängigsten organischen flexiblen thermoplastischen Beispiele hierfür ist fossilbasiertes Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer (EVOH). Neben der Barriere sind aber auch Eigenschaften wie die Siegelfähigkeit, wofür beispielsweise LDPE hervorragend geeignet ist, relevant. Um alle geforderten Verpackungseigenschaften zu erfüllen, ist daher häufig die Kombination verschiedener Packstoffe zu sogenannten Mehrschichtverbunden erforderlich. Diese Mehrschichtverbunde sind zwar materialeffizient, häufig allerdings technologisch gar nicht oder zumindest nicht wirtschaftlich recyclingfähig, weswegen nur die thermische Verwertung bleibt. Angesichts der Endlichkeit fossiler Ressourcen und der mit ihrer Nutzung verbundenen Umweltfolgen sind materialeffiziente und zugleich recyclingfähige Alternativen umso notwendiger.

Recycling von Verpackungen aus Mehrschichtverbunden

In dem von der EU geförderten Projekt Preserve (GA 952983) arbeiten 23 Partner aus neun Ländern seit Januar 2021 an solchen materialeffizienten und recyclingfähigen Alternativen – darunter auch das Team des SPI. „Wir verwenden hier eine nur wenige Mikrometer dünne Beschichtung aus Molkenproteinen“, erklärt Technikumsleiter und Projektmitarbeiter Max Sturm. Molkenproteinbeschichtungen haben eine ausgezeichnete Sauerstoffbarriere, die mit der des kommerziell erhältlichen EVOH vergleichbar ist. Im Gegensatz zum üblicherweise verwendeten EVOH kann die proteinbasierte Sauerstoffbarriereschicht am Ende der oft ohnehin nur kurzen Lebensdauer der Verpackung enzymatisch abgebaut werden. Hierzu wird die Molkenproteinbeschichtung auf die jeweiligen Substratfolien wie zum Beispiel PE und PET aufgetragen und diese anschließend mit Klebstoff kaschiert. Am Ende des Lebenszyklus der Verpackung, wenn sie nicht mehr benötigt wird, kann der Mehrschichtverbund enzymatisch delaminiert, also wieder in seine einzelnen Substratfolien zerlegt werden. Die Substratfolien PE und PET aus diesem Beispiel können somit in ihre jeweiligen Stoffkreisläufe zurückgeführt und stofflich verwertet werden. Dieser Ansatz erweitert die Möglichkeiten des Recyclings von Mehrschichtverbunden bei effizientem Materialeinsatz. Gleichzeitig wird die Kreislaufwirtschaft in der Verpackungsindustrie gestärkt und der Bedarf an Primärressourcen reduziert. 
Dr. Kristina Eißenberger, Mara Strenger, Prof. Dr. Markus Schmid, Hochschule Albstadt-Sigmaringen, Sustainable Packing Institute SPI – Institut für Nachhaltige Verpackungskonzepte für die Life Science Industrie

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