Magazin Wirtschaft

New Normal, Migration und KI auf dem IHK-Fachkräftegipfel

„Betriebe müssen Personal als Vermögenswert beziehungsweise Investition verstehen”, so Prof. Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) in Ludwigshafen. „In drei Währungen bezahlen die Betriebe dafür: mit Geld und Sicherheit, Zeit und Balance sowie Purpose und Nachhaltigkeit.” In allen diesen Feldern müsse man aktiv sein, um Fachkräfte zu gewinnen, zu binden und arbeitsfähig zu halten. Dabei sei die Nachhaltigkeit nicht ausschließlich ökologisch zu verstehen. Um den Herausforderungen zu begegnen, gelte es, drei Handlungsfelder im Blick zu behalten: Identifikation und Motivation, Kompetenz und Qualifikation sowie Gesundheit und Wohlbefinden.
Fachkräftegipfel im IHK-Haus
Die Expertin setzte damit einen Schwerpunkt des IHK-Fachkräftegipfels der am 28. Juni unter dem Motto „Gemeinsam für Fachkräfte und eine starke Wirtschaft“ im Haus der IHK Region Stuttgart stattfand. Dabei drehte sich alles um die Frage, wie passende Fachkräfte gewonnen, gehalten und gefördert werden können. Vertreterinnen und Vertreter aus Unternehmen sowie politisch und gesellschaftliche relevante Akteure im Bereich Fachkräftesicherung nahmen an dem Gipfel teil. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg unterstützte bei der Durchführung.

Arbeitnehmer müssen doppelt so produktiv sein

In ihrem Impulsvortrag hinsichtlich Strategien zur Fachkräftesicherung erklärte Rump, was unter dem Begriff „New Normal“ zu verstehen ist: „New Normal ist die Gleichzeitigkeit von mehreren Veränderungen wie die digitale Transformation, der Klimawandel, ökonomische Veränderungen, geopolitische Spannungen und die demographische Entwicklung.“ Damit Betriebe diese Herausforderung bewältigen können, bedürfe es vor allem geeigneter Fachkräfte. Hier gebe es allerdings das Problem des sogenannten „Doppelten-weniger-Effekts“, das heißt es stehen demografisch bedingt weniger Menschen zur Verfügung und aufgrund von vermehrter Teilzeitarbeit gibt es weniger Personalkapazität. „Das bedeutet junge Arbeitnehmer Mitte Zwanzig müssen doppelt so produktiv sein, um das auszugleichen“, so die IBE-Direktorin.

Migration: Wieder mehr die Chancen sehen

Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA) und Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die Integration der Geflüchteter, lieferte einen anderen Blickwinkel: sein Augenmerk lag auf Migranten und deren Beitrag auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Das Vorstandsmitglied der BA plädierte für einen konstruktive Sicht auf das Thema. „Internationale Arbeits- und Fachkräfte sind als Teil der Lösung zu sehen und nicht als Teil des Problems.“ Dabei solle man aber vorhandene Probleme nicht außer Acht lassen. „Wir müssen wieder mehr die Chancen sehen als das Risiko“, so Terzenbach. Migration in und für den Arbeitsmarkt zu ignorieren sei ökonomischer Suizid. Deshalb müsse man an der Willkommenskultur arbeiten, aber nicht nur daran: „Insbesondere die Prozesse bei Konsulaten und Botschaften, den Ausländerbehörden als auch der Agentur für Arbeit müssen angepasst werden hinsichtlich der Digitalisierung und Geschwindigkeit.“ Er appellierte ebenso, dass man einen Lösungsraum in der politischen Mitte finden müsse, statt die Diskussion den Rändern zu überlassen.

KI als wichtiger Baustein

KI-Mobil beim IHK-Fachkräftegipfel
KI-Mobil beim Fachkräftegipfel © IHK Region Stuttgart
Ein wichtiges Thema waren auf dem IHK-Fachkräftegipfel auch die Chancen, die künstliche Intelligenz bietet: „Künstliche Intelligenz wird zunehmend zu einem wichtigen Baustein für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen. Richtig eingesetzt schafft sie für hochqualifizierte Fachkräfte mehr Freiräume für kreative und strategische Tätigkeiten und unterstützt die Innovationsfähigkeit der Betriebe“, so IHK-Vizepräsident Thorsten Pilgrim. KI-basierte Lernplattformen könnten helfen, Mitarbeitende individuell und kontinuierlich weiterzubilden. „Gute, zielgerichtete und niedrigschwellige Weiterbildungsmaßnahmen können dazu beitragen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zufriedener sind.“