Besondere Geschichte

Fachkräfte aus der Kita

Für tausende Ausbildungsplätze haben die Unternehmen im Land auch in diesem Jahr keine geeigneten Bewerber gefunden. Besonders groß ist der Mangel in den gewerblich-technischen Berufen. Anpacken ist für viele nicht mehr selbstverständlich, berichten Ausbilder: Schüler, die sich für ein Praktikum in diesen Berufen entscheiden, tun sich manchmal schwer im Umgang mit den einfachsten Werkzeugen.
Mädchen arbeitet in der Kinderwerkstatt
„Kinder haben heute viel zuwenig Gelegenheit, ihre handwerklichen und technischen Fähigkeiten spielerisch zu entwickeln“, sagt Meike Betz-Seelhammer, Leiterin der Element-i-Bildungsstiftung in Stuttgart. Dem möchten die Stiftung und ihr Trägerunternehmen Konzept-e, das im Südwesten unter anderem 46 Kitas und Betriebskindergärten betreibt, gerne abhelfen – mit der Kinderwerkstatt „Tüftlerei“, die am 28. November in Stuttgart feierlich eröffnet wird. Ab da stehen die angemieteten Räume in Stuttgart-Vaihingen allen Kitas, Kindergärten und auch Schulen offen, die ihre Kinder hämmern, sägen oder schrauben lassen möchten, sei es regelmäßig, für einige Wochen oder auch nur an einzelnen Tagen. Bewusst richtet sich das Angebot nicht direkt an Eltern, sondern an Betreuungseinrichtungen, erklärt Betz-Seelhammer: „So erreichen wir auch die Kinder, deren Eltern nicht ohnehin schon auf optimale Förderung achten.“ Deswegen finden die Besuche in der „Tüftlerei“ auch während der regulären Betreuungszeit statt.
Junge arbeitet in der Kinderwerkstatt
Junge arbeitet in der Kinderwerkstatt © Element-i
Mit ihrem Angebot will die Stiftung vor allem Kinder im Alter von fünf bis sechs Jahren erreichen, die vor der Einschulung stehen. „Interesse und Begeisterung für Technik und Tüfteln lässt sich in diesem Alter am besten wecken“, sagt Betz-Seelhammer. „Damit werden zugleich auch Weichen gestellt, denn die technischen Berufe bieten die besten Aufsstiegschancen.“ Darüber hinaus soll die „Tüftlerei“ aber auch Schülerinnen und Schülern bis 14 Jahre offenstehen.
Die Kinderwerkstatt ist 200 Quadratmeter groß und besteht aus zwei Teilen: Im „rustikalen“ Bereich geht es mit Hammer, Schere, Säge und Pinsel zur Sache. Hier werden Kulissen für ein Kindertheater gebaut oder Vogelhäuschen gebastelt. Wie man eine Glühbirne zum Leuchten bringt oder wie einfache elektronische Musikinstrumente funktionieren, dürfen die Kinder im „staubfreien“ Teil ausprobieren.
Wir erreichen auch die Kinder, deren Eltern nicht ohnehin schon auf optimale Förderung achten
Welchen Spaß Kinder daran haben, aus Holz, Papier, Metall und Kunststoff Dinge zu basteln, die funktionieren, haben die Erzieherinnen von Element-i während einer zweimonatigen Pilotphase mit zwei Kitas und einer Grundschule erleben dürfen, die die Werkstatt jeweils einen Tag in der Woche besuchen. Die Idee wurde aus dem „Tüftler- und Forscherinnentag“ geboren, den die Stiftung seit langem einmal im Jahr anbietet. An diesen Tagen besuchen Kinder Unternehmen, um die Welt der Technik, Entwicklung und Produktion kennenzulernen.
Für die teilnehmenden Kinderbetreuungseinrichtungen ist das Angebot kostenlos. Finanziert wird das Projekt anfangs durch Unternehmen des Element-i-Firmennetzwerks, zudem wurden auf einer Benefizveranstaltung 30.000 Euro für die Grundausstattung gesammelt. Das reicht auf Dauer aber nicht aus. „Mit dem Personal, das uns aktuell zur Verfügung steht, können wir zwei Tage in der Woche anbieten“, sagt Meike Betz-Seelhammer. Die Stiftungsleiterin hofft jedoch, das Team weiter ausbauen zu können. Neben ehrenamtlicher Mitarbeit sind deshalb Spenden weiterer Unternehmen willkommen – auch in Form von Material: „In jedem Unternehmen fallen Reste an, die entsorgt werden müssen, in der Kinderwerkstatt aber noch gut zu gebrauchen sind.“
Gut vorstellen kann sich die Stiftungsleiterin auch, dass Firmen ihre Auszubildenden in die „Tüftlerei“ schicken, um die Kinder anzuleiten. Beim „Tüftler- und Forscherinnentag“ habe sich das bewährt. „Die Azubis übernehmen damit eine Vorbildrolle und zeigen den Kindern, dass man aus der Begeisterung für Technik und Tüfteln einen Beruf machen kann.“ So werden die Weichen für künftige Fachkräfte buchstäblich im Kindergarten gestellt.