IHK-Ehrenamt

Aus dem IHK-Ehrenamt

Konjunktur, Ausbildung, Innovation – in den Ausschüssen und Arbeitskreisen der IHK diskutieren Unternehmerinnen, Unternehmer, Expertinnen und Experten aktuelle Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft. Über die Ergebnisse informieren wir Sie hier regelmäßig.

Neu bei der IHK: Arbeitskreis USA

Der neue IHK-Arbeitskreis USA
Der Arbeitskreis USA der IHK Region Stuttgart traf sich am 21. Juni zum ersten Mal. Unternehmensvertreterinnen und -vertreter aus den Branchen Möbelherstellung, IT, Kosmetikhandel sowie Zulieferer aus dem Bereich Automotive nahmen an der Auftaktveranstaltung teil. Dr. Roland Rohde, Korrespondent der Germany Trade & Invest GmbH (GTAI) in Washington, referierte online über die wirtschaftliche Lage in den USA.
Ein zentrales Thema seines Vortrages war ein Ausblick auf die Wirtschaftspolitik, die unabhängig vom Wahlausgang im Winter 2024 im Wesentlichen den protektionistischen Kurs beibehalten wird. Es sind Maßnahmen wie der Buy American oder der Inflation Reduction Act (IRA), die eine große Rolle spielen. Steuergutschriften zugunsten des US-amerikanischen Binnenmarktes bringen Nachteile für europäische Unternehmen mit sich und gefährden ihre Wettbewerbsfähigkeit. Aber auch Zölle bereiten den europäischen Unternehmen Sorgen.
Deutsche Tochtergesellschaften in den USA hingegen begegnen den Entwicklungen mit Pragmatismus und erwarten keine großen Änderungen. Denn, Protektionismus durch Handelshemmnisse gebe es unabhängig davon, ob Biden im Amt bleibt, oder Donald Trump ins Weiße Haus zurückkehrt. Beim weiteren gemeinsamen Austausch spielten auch Zertifizierungen von Produkten sowie haftungsrechtliche Fragen im USA-Geschäft eine große Rolle.
Das nächste Treffen des Arbeitskreises USA findet im Herbst statt. Interessierte Unternehmen können sich bei Dagmar Jost melden, Fachreferentin im Bereich International bei der IHK Region Stuttgart.

Vollversammlung diskutiert – von Konjunktur über internationale Fachkräfte bis KI

Drei Themen bestimmten die jüngste Sitzung der Vollversammlung im Stuttgarter IHK-Haus: Wie Unternehmen von KI profitieren können, die konjunkturelle Lage und der neue IHK-Unternehmensservice „Internationale Fachkräfte“. Zunächst begrüßte Präsident Claus Paal Stefan Grosch, Arbeitsdirektor bei Bosch, der als neues Mitglied der Vollversammlung das erste Mal dabei war, und die Schülerin Emilia, die im Rahmen des „Chefinnentages“ Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre den gesamten Tag begleiten durfte.
In einem Kurzüberblick über die aktuelle IHK-Arbeit stellten Paal und Herre unter anderem folgende Initiativen und Erfolge vor:
  • Die Mitmachaktion 27%: Die Kammern schrumpfen ihr Logo um diesen Betrag, um so die Bedeutung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund für die Wirtschaft zu visualisieren.
  • Die Bemühungen um Bürokratieabbau, zum Beispiel durch die Entlastungsallianz und den Normenkontrollrat, in dem Herre Mitglied ist.
  • Die regionale Stromstudie (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 880 KB), die eine riesige Stromlücke für die Zukunft offenbarte und zeigte, wie viel ungenutztes Potenzial es für die Erneuerbaren gibt.
  • Das Impulspapier mit sechs Vorschlägen für eine zukünftige duale Berufsausbildung, das die IHK mit Südwestmetall erarbeitet hat. Unter anderem schlägt es eine Gliederung der Ausbildung in eine zweijährige grundständige Phase und eine darauf aufbauende Spezialisierung vor.
  • Die Initiative zur Europawahl, bei der Unternehmer und Unternehmerinnen in Schulen gehen, um für Demokratie und für die Wahlteilnahme zu werben.
  • Die IHK-Wahl im Herbst, für die viele gute Kandidaten gefunden worden seien, so dass die IHK-Arbeit auch zukünftig auf eine breite Basis gestellt werden könne.
  • Die Planungen für einen großen Kongress zum Thema Luft- und Raumfahrtechnik im November.
“Das deutsche Exportmodell wankt, aber es ist nicht unrettbar verloren”
Im Anschluss gab Dr. Jens Oliver Niklasch vom Research der LBBW einen Überblick über die konjunkturelle Lage. „Wenn Deutschland hustet, hat Europa die Grippe – und wir husten zur Zeit ganz schön“, fasste er die Lage in ein anschauliches Bild. 2024 werde die regionale Wirtschaft auf der Stelle treten, für 2025 zeigte er sich hingegen optimistisch. Ein strukturelles Problem sah er darin, dass sich das deutsche Exportmodell, das 25 Jahre erfolgreich war, erschöpft habe: „Es wankt, aber es ist nicht unrettbar verloren.“
Wirtschaftliche Lage: durchwachsen
Durchwachsen war auch die wirtschaftliche Einschätzung, die Vollversammlungsmitglieder aus ihrer täglichen Praxis gaben: Während sich die Gastronomie leicht im Aufwind sah und sich vor allem auf die EM freut, fühlte sich die Immobilienwirtschaft „im Auge des Sturms“. Die Kunden hätten sich an die Zinsen gewöhnt, aber die Grundstücke fehlten, die Stimmung in der Bauwirtschaft sei auf einem Tiefpunkt. Der Handel leidet weiter unter Konsumzurückhaltung – online sogar noch stärker als stationär und in der Industrie kämpften vor allem Maschinenbau und Automotive mit stagnierendem Geschäft.
Eines der größten Probleme fast aller Branchen bleibt der Fachkräftemangel. Um diesen zu lindern, hat die IHK im letzten September einen Unternehmensservice „Internationale Fachkräfte“ etabliert. Er hilft Unternehmen, den bürokratischen Prozess zu meistern, der erforderlich ist, wenn Mitarbeiter aus dem Ausland in die Region kommen sollen, und verzeichnet schon über 100 Erfolge.
Schließlich gab es noch einen Überblick, wie Unternehmen KI nutzen können. Es stellte sich heraus, dass Deutschland und Baden-Württemberg da gar nicht schlecht aufgestellt sind. Wichtig sei, dass jedes Unternehmen für sich eine klare Strategie entwickelt. Die IHK helfe dabei. Aktuell werde unter der Dachmarke „IHKKI“ die Beratungs- und Unterstützungsangebote gebündelt. Paal war sich sicher, dass KI auch bei der Bürokratiebeherrschung eine große Rolle spielen werde. Er verwies auf das KI-Tool der IHK, mit dem schon mehr als 800 Gesetze auf den Prüfstand gestellt worden seien. Sogar in der New York Times sei darüber berichtet worden und auch das Bundeskanzleramt habe bereits Interesse signalisiert.

IHK-Verkehrsausschuss: KI soll LKW-Fahrern helfen

LKWs auf einem Autobahnrastplatz
Überfüllte Rastplätze sind ein gewohntes Bild auf Autobahnen, die Kapazitäten für LKW aus ganz Europa reichen bei weitem nicht mehr aus. Rund 40.000 LKW-Stellplätze fehlen auf den Bundesautobahnen täglich. Daraus resultiert unter anderem die Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit aber auch erheblicher Stress für die Frachtführer, deren Tourenplanung dadurch viel zu oft durcheinandergeworfen wird. Nicht nur das, auch ein gesamtwirtschaftlicher Schaden entsteht durch Ineffizienzen in der Transportkette. Um dieser Problematik zu begegnen, hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr das Projekt Smart Optimized Lorry Parking (SOLP) in Auftrag gegeben. SOLP soll Abhilfe bei der Parkplatzproblematik schaffen und befindet sich derzeit noch in der Testphase.
Ein KI-gestütztes System liefert Prognosen, die abbilden, wie ausgelastet die Parkplätze zu einer bestimmten Uhrzeit sind. Gespeist wird das System aus verschiedenen Datenquellen: den Parkplätzen, dem Straßennetz, dem Verkehrsfluss, der Telematik und dem Wetter. Reservierungen sind damit aber nicht möglich. Es werden auch Informationen über den Service und die Ausstattung der Stellplätze bereitgestellt. Es ist vorgesehen, dass die Anwendung auch mit Navigations- oder Telematiksystemen gekoppelt werden kann.
Da das Projekt noch in der Testphase ist, dient das Vorstellen im Verkehrsausschuss dem Austausch zwischen den Projektverantwortlichen und den IHK-Mitgliedsbetrieben. Deren Erfahrungen und Erwartungen sollen in die weitere Entwicklung einfließen.

Verkehrsausschuss wirbt in Brüssel für Maßnahmen gegen Fahrermangel

IHK-Verkehrsausschuss in Brüssel
Bei einem Besuch im Europa-Parlament haben sich Vertreterinnen und Vertreter des IHK-Verkehrsausschusses und der IHK für die Interessen der Unternehmen eingesetzt. Dazu gehören neben Themen wie Euro-7-Kfz-Emissionsgrenzwerten und spezifischen Lenk- und Ruhezeiten für Reisebusfahrer auch Änderungen im Führerscheinrecht für LKW und Busse  - wie etwa das begleitete Fahren mit 17 und die einheitliche Anerkennung von Fahrerlaubnissen aus Drittstaaten. Beides wäre ein wichtiger schritt zur Linderung des massiven Mangels an Fahrpersonal. 
Durch das begleitete Fahren mit 17 im LKW-Bereich versprechen sich die Unternehmen bessere Chancen beim Gewinnen von Auszubildenden zum Berufskraftfahrer. Bewerber mit Hauptschulabschluss sind bisher meist noch zu jung, um LKW fahren zu dürfen und entscheiden sich deshalb für einen anderen Lehrberuf. Die Problematik wird nicht in allen EU-Mitgliedstaaten erkannt, da Kraftfahrer in den meisten kein Lehrberuf ist.
Bei den Nutzfahrzeug-Fahrerlaubnissen für LKW und Bus entscheidet bisher jeder Mitgliedstaat selbst, welche Fahrerlaubnisse aus Drittstaaten anerkannt werden. In Deutschland werden nur die Führerscheine der sogenannten „Listenstaaten“ anerkannt. Inhaber von Lizenzen aus anderen Ländern, die ihren Wohnsitz in Deutschland begründen, müssen die Fahrerlaubnis in vollem Umfang neu erwerben und zwar auch dann, wenn eine umfangreiche Fahrpraxis innerhalb der EU vorliegt. Diese uneinheitliche Anerkennungspraxis lässt sich nicht mit dem Prinzip der Freizügigkeit vereinbaren und sollte EU-weit vereinheitlicht werden.

AK Wirtschaftspolitik: Arbeitsvolumen geht zurück

Wegen den hohen Energiepreisen und der Inflation herrscht in Deutschland Konjunkturflaute. Die fünf führenden Wirtschaftsinstitute gehen davon aus, dass die Wirtschaftsleistung im Jahr 2023 um 0,6 Prozent abnehmen wird. Für das Jahr 2024 erwarten sie eine langsame Erholung bei Industrie und Konsum, das Bruttoinlandsprodukt soll um 1,3 Prozent wachsen. Allerdings: Viel Potenzial für mehr Wirtschaftswachstum gibt es nicht, denn es fehlt an Fachkräften. Einen detaillierten Überblick über die Situation gab kürzlich Prof. Bernhard Boockmann, Direktor des Instituts für angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) in Tübingen, vor dem Arbeitskreis Wirtschaftspolitik der IHK.
Prof. Bernhard Boockmann
Prof. Bernhard Boockmann © Verena Müller / IAW
In den kommenden Jahren gehen Erwerbstätige aus den geburtenstarken Jahrgängen nach und nach in den Ruhestand. Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter nimmt ab und somit auch das Arbeitsvolumen. Diesem Trend kann unter anderem Zuwanderung entgegenwirken, sowie die erfolgreiche Integration Zugewanderter in den deutschen Arbeitsmarkt. Allerdings gilt es diese auch zu halten. Es gibt unterschiedliche Gründe, weshalb Zugewanderte nach ein paar Jahren wieder auswandern. Bei der Fachkräfteabwandererbefragung des IAW wurden aufenthaltsrechtliche Gründe am meisten genannt. Circa 15 Prozent haben Deutschland wegen Arbeitslosigkeit oder Beschäftigungsende verlassen, circa 12 Prozent weil sie sich nicht wohl fühlten.
Arbeitsvolumen
Komponenten der Veränderung des Arbeitsvolumens © Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose (2023)
Das Arbeitsvolumen kann zudem durch eine höhere Erwerbsbeteiligung Älterer und von Frauen am Arbeitsmarkt erhöht werden. Wegen des Fachkräftemangels und der Erhöhung des Renteneintrittsalters ist die Erwerbsquote der Erwerbstätigengruppe im Alter von 60 bis 64 Jahren von 20 Prozent im Jahr 2000 auf über 60 Prozent im Jahr 2022 gestiegen. Auch die Erwerbstätigenquote bei den Frauen ist von circa 59 Prozent im Jahr 2000 auf 72 Prozent im Jahr 2021 angestiegen.
Dennoch gibt es einen Trend hinsichtlich der wöchentlichen Arbeitszeit: die nahm sowohl bei Männern als auch bei Frauen über die Zeit ab. Im Jahr 2001 war die durchschnittliche Arbeitszeit bei Männern bei circa 40,8 Stunden, bei Frauen 31,5 Stunden. Im Jahr 2021 liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bei Männern bei 38,4 Prozent und bei Frauen 30,7 Prozent. Inwieweit sich dieser Trend fortsetzt bleibt abzuwarten, denn weitere Senkungen bei der wöchentlichen Arbeitszeit könnte dazu führen, dass sich das Potenzialwachstum weiter verlangsamt.