Trends & Hintergründe

Schlechte Stimmung in der regionalen Wirtschaft

Die langanhaltende Anhäufung von Risiken zusammen mit teuren Energiepreisen und einem starken Rückgang der Nachfrage hinterlassen deutliche Spuren in der regionalen Wirtschaft: Die Konjunkturlage rutscht – wie vor einem Jahr – erneut in den Abschwung.
Die Beurteilung der Geschäftslage hat sich in den vergangenen Monaten stark eingetrübt. In den ersten Monaten in
2023 konnte sich die Wirtschaft von der Krise die durch den Ukraine-Krieg ausgelöst wurde, etwas erholen. Die Hoffnung auf einen Aufschwung erfüllt sich aber in 2023 nicht: die Wirtschaft bleibt im Krisenmodus, und es ist fraglich, ob die Talsohle schon erreicht ist.

Bürokratiedschungel, Kostenbelastung und Einbruch der Nachfrage

39 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre Geschäftslage als gut, im Frühjahr waren das noch 49 Prozent. 14 Prozent beurteilen sie als schlecht, davor waren das nur 4 Prozent. Über fast alle Branchen hinweg sind die Umsätze und die Auftragseingänge eingebrochen. Jetzt, wo die Lieferengpässe weitgehend überwunden sind, sinkt die Nachfrage – und das sowohl im Inland als auch im Ausland. Sprunghaft angestiegen ist deshalb die Sorge um die weitere Nachfrage aus dem Inland. Aber auch die sonst sichere Stütze Export wackelt bedenklich: Eine im internationalen Vergleich hohe Steuer- und Abgabenbelastung, teure Energiepreise sowie eine sprunghaft ansteigende Zahl bürokratischer und aufwändiger Nachweispflichten belasten das Außengeschäft. Die Stimmung ist schlecht, denn die Wirtschaftspolitik sendet seit Monaten die falschen Signale: Der Bürokratiedschungel wächst und wächst, die Energiekosten sind für viele Unternehmen überbordend und die zukünftige Energieversorgung ist unsicher.

Fachkräftemangel bleibt trotz konjunktureller Abkühlung akut

Dazu kommt noch die große Herausforderung des demografischen Wandels. Denn Hauptrisiko für die weitere Geschäftsentwicklung bleibt im Schnitt aller Branchen der Fachkräftemangel. Damit steigt in vielen Fällen die Belastung für die bestehende Belegschaft, und die Unternehmen befürchten oder sehen schon einen Verlust an Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Die Nachfrage nach Arbeitskräften schwächt sich zwar aktuell ab, die große Mehrheit der Unternehmen möchte aber ihren Personalbestand beibehalten und muss deshalb ausscheidendes Personal ersetzen. Der Fachkräftemangel wird so nur etwas überdeckt, bleibt aber akut.

Wird sich der Abwärtstrend fortsetzen?

Bei den allgemeinen Erwartungen zur eigenen Geschäftsentwicklung in den nächsten Monaten fehlt den meisten Betrieben der Lichtblick, die Unternehmen spüren insbesondere keine Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen. Nur noch 14 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass sich ihre Geschäftslage in den nächsten Monaten verbessern wird, 54 Prozent rechnen mit einer gleich bleibenden Entwicklung, aber 32 Prozent gehen davon aus, dass sich ihre Geschäftslage verschlechtern wird. Folglich werden die Pläne für Inlandsinvestitionen zurückgefahren. Wer in den nächsten Monaten investieren möchte, tut dies hauptsächlich, um den Ersatzbedarf zu decken oder Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz oder zur Digitalisierung umzusetzen.

Blick in die Branchen

In den Industriebetrieben sind sowohl der Inlands- als auch der Auslandsumsatz in den vergangenen Monaten massiv zurückgegangen, und auch der sinkende Auftragseingang unterstreicht den breiten Nachfrageausfall. Die Kapazitätsauslastung sinkt. Dementsprechend ist die Geschäftslagebeurteilung eingebrochen.
Auch deutlich mehr Bauunternehmen beurteilen ihre Geschäftslage als schlecht. Obwohl die Rohstoff- und Energiepreise nicht mehr so belastend eingestuft werden, geht die Nachfrage nach Bauleistungen aufgrund der hohen Zinsen und der allgemein angespannten Wirtschaftslage immer weiter zurück.
Auch im Einzelhandel ist der Dämpfer aus hohen Zinsen und Inflation zunehmend spürbar  denn die Kundinnen und Kunden zeigen ein zurückhaltendes Kaufverhalten.
Die Geschäftslage im Großhandel hat sich eingetrübt, da auch hier in den vergangenen Monaten die Umsätze gelitten haben. Die große Mehrheit beurteilt aber die eigene Geschäftslage noch mit gut oder befriedigend.
In noch recht guter Verfassung zeigen sich die unternehmensnahen Dienstleister. Hier beurteilen ähnlich wie im Frühjahr 57 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut. 11 Prozent sehen sich allerdings in einer schlechten Geschäftslage, das sind 8 Prozentpunkte mehr als im Frühjahr. Das Auftragsvolumen hat jedoch auch hier stark nachgelassen.
Die Hoteliers und Gastronomen zeigen sich zufrieden mit der Sommersaison 2023. Knapp 90 Prozent beurteilen ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend. Die Umsätze sowie die Zimmerauslastung blieben allerdings hinter denen aus dem Jahr 2022 zurück.
Gut bis befriedigend beurteilen die regionalen Banken ihre eigene Geschäftslage. Sie verzeichnen einen weiteren Rückgang der Kreditnachfrage und erhöhen ihre Risikovorsorge.
Bettina Wolf, Geschäftsbereich Unternehmensförderung und Regionalentwicklung der IHK Bodensee-Oberschwaben