Sie sind Vorreiter – alle vier –, aber ihre Motivation ist durchaus unterschiedlich. „Ich bin durch und durch Schwabe und kann es nicht haben, wenn man Geld verschwendet“, sagt zum Beispiel Erich Natterer, der 1973 das Familienunter-nehmen JAMARA e.K. in Aichstetten gründete. Der Spielwarenhersteller JAMARA mit über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der als „Markenlieferant für grenzenlosen Spielespaß“ bekannt ist, wird nach einer erfolgreichen Übergabe 2014 von seinem Sohn Manuel geführt. „Ich weiß genau, wovon mein Vater spricht. Zuhause mussten wir immer das Licht ausschalten, wenn wir aus dem Zimmer gingen“, so Manuel Natterer. „Im Nachhinein betrachtet, ist das aber durchaus nachvollziehbar, der sparsame Umgang mit Energie und den Ressourcen wurde mir dadurch in die Wiege gelegt“, so Natterer weiter. Sein Vater ersetzte schon ab 2010 im gesamten Firmengebäude alle Leuchtstoffröhren durch moderne LED-Lampen – und seitdem spart JAMARA jede Menge Energie und auch Geld. „Die alten Leuchtstoffröhren sind wahre Energiefresser“, so Erich Natterer. „Aber sie hängen immer noch in viel zu vielen Lagerhallen, Industriegebäuden und Büroräumen.“ Das wird sich wohl bald ändern, denn wer die Stromkosten in seinem Betrieb senken möchte, setzt am besten bei der Beleuchtung an. Hier liegen laut Umweltbundesamt und der Studie „Energieeffizienz: Potenziale, volkswirtschaftliche Effekte und innovative Handlungs- und Förderfelder für die Nationale Klimaschutzinitiative“ die größten Einsparpotenziale: Eine moderne Beleuchtungsanlage mit LEDs verbraucht rund 70 Prozent weniger Energie als eine Altanlage mit Dreibanden-Leuchtstofflampen. Das ist nicht nur für Schwaben interessant – und deshalb gründete Erich Natterer im Jahr 2010 einen eigenen Geschäftsbereich Jamara-LED Licht- und Beleuchtungstechnik für den Vertrieb von LED-Produkten.
Energiefresser aufspüren
Auch Klima- und Lüftungsanlagen sind laut Umweltbundesamt „versteckte Energiefresser, die in Büros, öffentlichen Gebäuden und Unternehmen bis zu 50 Prozent der Energiekosten ausmachen“. Oft seien sie überdimensioniert oder nicht optimal eingestellt. So war das auch bei der Erwin Halder KG in Achstetten-Bronnen. „Viele unserer Anlagen liefen bisher am Wochenende einfach durch. Erst jetzt in Zeiten der Energiekrise haben wir das über-prüft und natürlich sofort geändert“, sagt Geschäftsführer Stefan Halder. Sein Großvater Erwin Halder erfand vor 85 Jahren in einer kleinen Werkstatt den SIMPLEX-Schonhammer und ließ ihn patentieren. Der Beginn einer Erfolgsgeschichte, denn heute ist die Erwin Hal-der KG ein mittelständisches Familienunternehmen mit 220 Mitarbeitern und zählt bei vielen seiner Normalien – also standardisierten Bauteilen –, Handwerkzeugen und Luftfahrtprodukten zu den Weltmarktführern. Das Produktsortiment umfasst aktuell mehr als 12.000 Teile – und fast alle werden in Eigenproduktion ausschließlich am Standort in Bronnen gefertigt. „Unsere Grundphilosophie ist die sofortige Verfügbarkeit“, betont Halder. „Deshalb haben wir überhaupt keine Fertigung im Ausland, und unsere Lieferketten sind im Wesentlichen europäisch.“ Das stellte sich während der Corona-Pandemie und der Lieferkettenprobleme als echter Wettbewerbsvorteil heraus: „2021 erzielten wir unser bisher bestes Geschäftsergebnis“, freut sich der Geschäftsführer. Ziemlich entspannt kann er deshalb auch über die größte Einzelinvestition der Firmengeschichte sprechen: „11,5 Millionen Euro, um die Lagerkapazitäten an unserem Firmensitz in Achstetten-Bronnen zu verdoppeln und unsere Logistik zu modernisieren.“
Ich kann es nicht haben, wenn man Geld verschwendet.
- Erich Natterer
Beim Bau der neuen Logistikhalle, die seit Anfang Oktober 2022 planmäßig im Echtbetrieb läuft, setzte die Halder KG auf Nachhaltigkeit. Dieses
Thema ist Stefan Halder persönlich ein großes Anliegen und seit Jahren fest in der Firmenpolitik verankert: „Als mittelständischer Familienunternehmer denke ich in Generationen und bin der festen Überzeugung, dass es keinen erfolgreichen Fortbestand eines Unternehmens geben kann ohne nachhaltiges Handeln – also ohne ein funktionierendes Gleichgewicht zwischen Ökologie, Ökonomie und Sozialem.“ Für alle drei Bereiche hat das Unternehmen deshalb konkrete Handlungsfelder definiert und setzt sie Schritt für Schritt um. Im Bereich Ökologie sind das „Handlungsfeld Energieverbrauch“ und das „Handlungsfeld regenerative Energien“ gerade besonders aktuell, denn die Preise für Öl, Gas und Strom schossen seit dem Krieg gegen die Ukraine weltweit in die Höhe. „Als Sofortmaßnahme haben wir die Raumtemperaturen reduziert und die Schaltzeiten der Beleuchtung und anderer Anlagen optimiert“, erzählt Halder. „Und schon seit Längerem betreiben wir ein Blockheizkraftwerk, das Gas verbrennt und Wärme und Strom daraus macht. Beides verbrauchen wir direkt und nutzen so die Energie wirklich effizient.“ Darüber hinaus sei der Neubau überdurchschnittlich gut isoliert sowie mit modernster LED-Technologie und energieeffizienter Fußbodenheizung ausgestattet.
Ohne nachhaltiges Handeln kann es keinen erfolgreichen Fortbestand eines Unternehmens geben.
- Stefan Halder
Die Kraft der Sonne nutzen
Trotz allen Einsparmaßnahmen benötigt die Erwin Halder KG weiterhin viel Energie – erzeugt die aber zunehmend selbst und setzt dabei auf erneuerbare Energiequellen. „Wir produzieren schon rund 50 Prozent unseres Stroms komplett selbst“, sagt der Geschäftsführer stolz. Vor fünf Jahren ließ er auf allen Dächern der älteren Gebäude Photovoltaik-Anlagen installieren – und jetzt natürlich auch auf dem Neubau. „Mit unserer PV-Anlage können wir inzwischen fast eine Million Kilowattstunden Strom aus Sonne erzeugen und dank unserem neuen 400 Kilowattstunden großen Speicher auch weitgehend selbst verbrauchen.“ Ein wichtiger Schritt, der die Erwin Halder KG unabhängiger von der Netzenergie macht und sich angesichts der Preissteigerungen für Strom und Gas auch wirtschaftlich lohnt. „Spätestens in acht Jahren haben sich PV-Anlage und Speicher amortisiert“, ist sich Halder sicher. Bis dahin hat er allerdings noch einiges vor. Zum Beispiel treibt er die Dekarbonisierung des gesamten Unternehmens voran und will ab 2026 zunächst vollständig auf Erdgas verzichten. Dafür plant die Erwin Halder KG gerade, alle Heizungen auf Wärmepumpen umzustellen und fördert E-Mobilität durch die Bereitstellung von aktuell zehn eigenen Ladestationen für Besucher, Belegschaft und Fuhrparkfahrzeuge.
Ziel: Energieautarkes Unternehmen
Vollständig energieautark möchte Norbert Unterharnscheidt, Gründer und Geschäftsführer der e.systeme21 GmbH in Ulm, bis April 2023 sein – pünktlich zum 10. Geburtstag seines Unternehmens. „Mit unserem Pilotprojekt wollen wir zeigen, wie gut das in der Praxis funktioniert. Und dass es sich rentiert“, erklärt Unterharnscheidt, der früher Finanzvorstand bei so namhaften Unternehmen wie der Paul Hartmann AG in Heidenheim oder der Hugo Boss AG in Metzingen war. „Ich komme eigentlich aus dem Finanzbereich“, stellt er sich vor. Und wenn er sagt, „die billigste Energie, die wir haben können, ist erneuerbare Energie“, dann glaubt man ihm das auch, schließlich hat er sich mit seiner eigenen Firma und seinen 20 Mitarbeitern auf Photovoltaikanlagen spezialisiert. „Wir planen und installieren PV-Anlagen in jeder Größe und bieten Wartung und Serviceleistungen aller Art“, berichtet Unterharnscheidt. Am interessantesten findet er große Mehrfamilien-Wohnhäuser und gewerblich genutzte Gebäude mit hohem Energieverbrauch. „Hier senken wir mit den Photovoltaikanlagen erst einmal die Stromkosten und arbeiten dann daran, dass sie weitgehend energieautark werden.“ Ziel ist also eine integrierte Komplettlösung mit PV-Anlage, Batteriespeicher, Elektrotankstelle, Klimaanlage, Wärmepumpe und intelligentem Energiemanagement. Der Clou ist allerdings eine Elektrolyseanlage zur Erzeugung von Wasserstoff aus überschüssiger Solarenergie im Sommer, der vor Ort gespeichert wird und im Winter über eine Brennstoffzelle zur Wärme- und Stromversorgung dient.
Die billigste Energie, die wir haben können, ist erneuerbare Energie.
- Norbert Unterharnscheidt
„Nur so können wir das Ziel der Dekarbonisierung erreichen“, sagt der Unternehmer. Bei ihm selbst ist es bald so weit: Büro und Lager von e.systeme21 sind in ein paar Monaten vollständig energieautark und zu 100 Prozent CO2-frei.
Das dürfte auch für JAMARA und Firmen-Inhaber Manuel Natterer interessant sein, denn er ist – wie er selbst sagt – nachhaltiger Unternehmer. Als solcher setzt er neben der LED-Beleuchtung auf eine 611-KW-Photovoltaikanlage, auf gut gedämmte Gebäude und seit einiger Zeit auf Holz als regionalen Baustoff. Denn auch das Familienunternehmen in Aichstetten hat vor kurzem eine neue Logistikhalle gebaut und sie vollständig in Holzständerbauweise realisiert. „Das wird unter den umweltfreundlichsten Bedingungen im Ökosystem Wald produziert, bindet CO2 und eignet sich bestens für energieoptimierte Gebäude“, erklärt Natterer. „Außerdem ist Holz leichter als Beton und Stahl – das spart Kosten, zum Beispiel beim Fundament. So konnten wir neben dem Einsatz nachhaltiger Baustoffe auch eine Fußbodenheizung im gesamten Neubau realisieren.“ Der bewusste Umgang mit Energie und Ressourcen ist also wirklich gut fürs Klima – und fürs Unternehmen.
Elke Zapf lebt und arbeitet als freie Journalistin in Berg bei Ravensburg