Pressemitteilung vom 24. April 2024

Zur Verabschiedung der Lieferkettenrichtlinie durch das EU-Parlament am 24. April

Paal: Unsere Proteste und Deutschlands drohende Enthaltung haben Nachbesserungen bewirkt – viele Probleme bleiben


Die Last-Minute-Änderungen an der vorgelegten EU-Lieferkettenrichtlinie mindern durchaus die direkten Auswirkungen auf viele kleine und mittlere Unternehmen. Doch viele Probleme bleiben.
„Unsere Proteste haben zusammen mit der anschließenden Enthaltungsdrohung Deutschlands hier tatsächlich Nachbesserungen bewirkt“, berichtet Claus Paal, Präsident der IHK Region Stuttgart. „So wurden die Grenzen für Unternehmen deutlich angehoben, für die das Gesetz direkt gilt. Zudem erfolgt die Anwendung jetzt nach Unternehmensgrößen zeitlich gestaffelt. Das Lieferkettengesetz bleibt jedoch eine erhebliche bürokratische Belastung für alle Unternehmen, die ihnen auf dem Weltmarkt deutliche Wettbewerbsnachteile und unkalkulierbare Haftungsrisiken einbringt. Und dies in einer Zeit der Wirtschaftsschwäche, in der man sich dringend um Bürokratieabbau bemühen muss.“

Hauptprobleme des EU-Lieferkettengesetzes nicht angepackt

Die Hauptprobleme seien nicht angepackt worden, beklagt der IHK-Präsident. So seien die Abfragelösungen sehr kompliziert und kosteten schon größere Unternehmen belastend viel Geld und Zeit.
Und wie beim aktuell gültigen deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) treffe es durch die direkte Nachweispflicht der größeren Unternehmen doch auch viele kleinere Zulieferfirmen, wenn diese durch Vertragsklauseln verpflichtet würden, die erforderlichen Nachhaltigkeitsprüfungen und Berichtserstattungen durchzuführen.
„Die haben dann oft nur noch die Wahl – Auftrag oder kein Auftrag,“ so Paal. „Menschenrechte, Nachhaltigkeit, Klimaschutz und sichere Lieferketten sind Ziele, hinter denen auch die Wirtschaft steht. Unternehmen dafür aber noch mehr Bürokratie zuzumuten ist inakzeptabel. Freiwilligkeit und die marktkonforme Suche nach gangbaren Wegen bringen hier unterm Strich für alle bessere Ergebnisse. Denn viele Unternehmen haben längst über das gültige deutsche Gesetz hinaus Maßnahmen zur Einhaltung von Mindeststandards in ihren Lieferketten ergriffen.“

Hintergrundinformationen

Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten hat den von der belgischen Ratspräsidentschaft vorgelegten neuen Text für die EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive / CSDDD) vom 13. März im Rahmen der Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter am 15. März gebilligt. Eine Sperrminorität bestand trotz der Enthaltung Deutschlands sowie acht weiterer EU-Staaten nicht mehr. Anbei die Änderungen des Trilog-Ergebnisses:
  • Begrenzung des Anwendungsbereiches auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und mehr als 450 Millionen Euro weltweitem Nettoumsatz.
  • Stufenweiser Ansatz: Das Gesetz soll nach einer dreijährigen Frist zunächst für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro weltweitem Nettoumsatz gelten. Nach vier Jahren sollen dann Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern und 900 Millionen Euro Umsatz in den Anwendungsbereich fallen. Nach fünf Jahren sind Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitern und mehr als 450 Millionen Euro weltweitem Nettoumsatz erfasst.
  • Die Risikosektoren entfallen, können durch eine Überprüfungsklausel aber später in den Anwendungsbereich aufgenommen werden.
  • Definition der Aktivitätskette: Bei den nachgelagerten Aktivitäten wird die Entsorgung des Produktes aus der Definition gestrichen. Nachgelagerte Aktivitäten wie Vertrieb, Transport und Lagerung müssen im Rahmen der Sorgfaltspflichten betrachtet werden, wenn sie im Auftrag des Unternehmens erfolgen. Es müssen bei den nachgelagerten Aktivitäten nur noch die direkten Geschäftsbeziehungen und nicht die indirekten Geschäftsbeziehungen in den Blick genommen werden.
  • Die Vergütungsregelungen für das Management im Zusammenhang mit den Klimaübergangsplänen wurden aus Artikel 15 gestrichen.
  • Die Bedingungen für die Klagebefugnis in Artikel 22 zur zivilrechtlichen Haftung wurden durch die Streichung von drei Worten in Absatz 2a (d) angepasst. Ansonsten bleibt der Artikel 22 unverändert.
  • Von einer Ausweitung der Sorgfaltspflichten im Finanzsektor wird abgesehen. Das bedeutet, dass es nicht mehr vorgesehen ist, Sorgfaltspflichten für nachgelagerte Aktivitäten einzuführen.
Der Gesetzestext muss nun noch formal durch den Rat und das Europäische Parlament verabschiedet werden. Im Europäischen Parlament wird die Abstimmung nach der derzeitigen Planung am 24. April 2024 stattfinden.