Pressemitteilung 27. Dezember 2024
Jahrelange Berufserfahrung, aber kein Abschluss – wie es mit der Karriere trotzdem klappt
Ab 1. Januar 2025 gilt das Berufsvalidierungsgesetz – IHKs beraten und übernehmen Prüfungsverfahren
Jahrelang als Verkäuferin oder Fachkraft für Lagerlogistik gearbeitet, aber keinen anerkannten Berufsabschluss? Bei Jobwechsel oder Verlust der Arbeitsstelle kann das Probleme geben, denn trotz Berufserfahrung sind die Chancen auf dem Arbeitsmarkt eher schlecht. Ab dem 1. Januar 2025 können diese Menschen ihre während der beruflichen Tätigkeit erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse offiziell anerkennen lassen. Vorausgesetzt, dass sie eine bestimmte Mindestzeit in einem anerkannten Ausbildungsberuf gearbeitet haben. Grundlage dafür ist das neue Berufsvalidierungsgesetz.
Beitrag zum Kampf gegen den Fachkräftemangel
Die IHK Region Stuttgart prüft schon seit Jahren die Qualifikation von Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss in einem Pilotprojekt. Von nun an wird die Kammer das Gesetz dauerhaft umsetzen sowie zu den einzelnen Möglichkeiten beraten und unterstützen. „Dies ist ein wichtiger Schritt, die Fähigkeiten und Kenntnisse berufserfahrener Mitarbeiter ohne formalen Abschluss anzuerkennen“, sagt Andrea Bosch, Leiterin Berufliche Bildung und Fachkräfte der IHK. „Die Unternehmen können damit auf mehr Fachkräfte zurückgreifen und die Betroffenen erhalten die Chance, auf der Karriereleiter weiterzukommen.“
Wer kann was? So wird es festgestellt
Wer sein Wissen und Können bewertet haben möchte, muss berufstypische Tätigkeiten ausüben, die von Fachexperten begutachtet werden. Dabei können zum Beispiel Arbeitsproben, Fachgespräche, Rollenspiele oder Beobachtungen an einem Arbeitsplatz bei der Kompetenzbewertung zum Einsatz kommen. Das hilft auch Betrieben: Sie können besser einschätzen, was Mitarbeitende ohne formalen Abschluss in einem bestimmten Beruf wirklich können und diese entsprechend einsetzen. „Für Menschen, die viel berufliche Erfahrung sammeln konnten, aber keine abgeschlossene Ausbildung haben, ist es oft schwer, ihr Know-how zu belegen. Dieses Verfahren bietet ihnen die Möglichkeit, ihre erworbenen Fähigkeiten objektiv nachzuweisen. Dadurch erhalten sie oft bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Bosch.
An Berufsausbildung angelehnt, aber nicht gleichwertig
Das Verfahren zur Anerkennung der Berufskompetenzen lehnt sich an die Inhalte der anerkannten Ausbildungsberufe an und schließt mit einem Zeugnis ab. „Dadurch gibt der Gesetzgeber dem Verfahren mehr Wertigkeit“, erklärt Bosch. „Allerdings ist das Dokument nicht mit dem Abschlusszeugnis einer dualen Ausbildung gleichzusetzen, denn es gibt keine Noten und auch keine theoretische Prüfung.“ Wer nicht alle Kompetenzen erfüllt, die im Ausbildungsberuf gefordert sind, kann eine Bescheinigung über eine überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit erhalten, aber kein Zeugnis.
Das Validierungsverfahren ist nur für Personen über 25 Jahre möglich. „Das ist wichtig, denn wir wollen nicht in Konkurrenz zur dualen Ausbildung treten“, sagt Bosch. „Was uns auch freut: Das Gesetz eröffnet Teilnehmenden zudem die Möglichkeit, sich über das Verfahren hinaus beruflich weiterzubilden.“
Hintergrundinformationen
Am 1. August 2024 trat das Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) in Kraft. Die Kammern sind ab dem 1. Januar 2025 dazu verpflichtet, den Teil des Gesetzes, der die Berufsvalidierung betrifft, umzusetzen. Im Zuge einer solchen Feststellung können Menschen, die langjährige Berufserfahrung, aber keinen offiziellen Berufsabschluss haben, ihre in der Praxis erworbenen Kompetenzen mit den Anforderungen des geltenden Berufsbildungssystems vergleichen und bewerten lassen. Ab 2025 haben sie einen Anspruch auf ein solches Feststellungsverfahren bei der IHK. Damit sollen flächendeckend und bundesweit Standards und damit eine Vergleichbarkeit der Validierungen in diesen Berufen erreicht werden.
Die IHK Region Stuttgart war eine von bundesweit 32 Kammern – darunter 17 Industrie- und Handelskammern, 13 Handwerkskammern und zwei Landwirtschaftskammern – die das Validierungsverfahren in einer Vielzahl von Berufen in den vergangenen neun Jahren im Rahmen des ValiKom-Projekts durchgeführt hat. Das bislang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt lief im Oktober 2024 aus. Im Zeitraum 1. Januar bis 31. Oktober 2024 wurden insgesamt 82 Verfahren erfolgreich abgeschlossen.
Um Kompetenzen zu bündeln, können Kammern untereinander die Validierungsverfahren übertragen. Die IHK Region Stuttgart wird somit künftig auch die Verfahren für die IHK Ostwürttemberg, die IHK Ulm und die IHK Reutlingen durchführen.