Engagierte Unternehmerschaft

Mit Herz und Verstand

Eine IHK lebt von Unternehmerinnen und Unternehmern im Ehrenamt, damit die Selbstverwaltung der Wirtschaft funktioniert. Aber auch in vielen anderen Bereichen gilt: Gesellschaftliches Miteinander gelingt vor allem dann, wenn sich Menschen freiwillig und unentgeltlich einer Herzenssache widmen – und dabei ihr Können und ihre Erfahrung einbringen.
Gerade Ehrbare Kaufleute stehen dafür, sich über ihren Betrieb hinaus zu engagieren. Laut Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse von 2020 sind 17,11 Millionen Personen in Deutschland ehrenamtlich aktiv – vor allem bei Sportvereinen, kirchlichen Einrichtungen oder Hilfsorganisationen. Drei Schleswig-Holsteiner berichten von ihrem Engagement.

Tierisch

Einen Tag mit einem Stachelschwein verbringt er zwar nicht regelmäßig, aber für die Belange des Tierparks Neumünster setzt sich Unternehmensberater Klaus Grassau als Vorsitzender der gemeinnützigen Tierparkvereinigung tatkräftig ein. Als ehrenamtliches Schwergewicht könnte man ihn bezeichnen, ganze zehn Ämter übt er seit 25 Jahren aus, unter anderem als Aufsichtsrat der Wohnungsbau GmbH Neumünster, als Mitglied im Stadtteilbeirat Tungendorf oder als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU-Ratsfraktion Neumünster. Sein Motto: „Nicht immer nur meckern, was die anderen nicht richtig machen, sondern selbst etwas unternehmen!“
Daher startete er mit 30 Jahren in der Kommunalpolitik, als eine Baustelle in Neumünster viele Betriebe belastete. „Alle waren gefrustet, aber es passierte nichts Konstruktives. Da habe ich selbst losgelegt“, erinnert sich Grassau. Andere Baustellen geht er heute für den Tierpark an. Dabei hilft ihm auch sein Netzwerk in Politik und Verwaltung.
„Das Ehrenamt ist eine der stärksten Säulen für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.“
„Der Tierpark ist meine Herzenssache. Der Reparaturstau ist mittlerweile siebenstellig, das muss in den nächsten Jahren allein baulich geschafft werden. Zum Glück habe ich die breite Mehrheit der Stadt dabei, die uns unterstützen wird.“ Die Direktorin des Parks, Verena Kaspari, könne durch diese Tätigkeiten im operativen Geschäft entlastet werden. „Gerade suchen wir einen neuen Pächter für die Gastronomie im Tierpark. Die Vorarbeiten hierfür nehmen wir Frau Kaspari komplett ab“, sagt Grassau.
Seine Ämter, für die er mindestens zwei Abende und zusätzlich fünf bis zehn Stunden wöchentlich aufbringt, hätten ihn Gelassenheit gelehrt, so der Neumünsteraner. „Vieles kann zähflüssig und anstrengend sein. Trotzdem eröffnet das Ehrenamt neue Perspektiven und häufig völlig andere Vorgehensweisen als im normalen Berufsleben. Daraus kann man auch für sich selbst profitieren. Geben und Nehmen zahlt sich aus.“ Sein Ratschlag an Unternehmerinnen und Unternehmer: „Unsere unternehmerische Sicht hilft in vielen Gremien, weil wir schneller zum Ziel kommen und Entscheidungen fällen wollen. Und probieren Sie sich aus. Mit einer Kooption werden Sie nicht gleich Vollmitglied, sondern schnuppern ohne Stimmrecht Ehrenamtsluft.“

Sozial

Bei der Tafelstiftung Schleswig-Holstein bestimmt Nachhaltigkeit das Handeln: Die von Privatpersonen und Wirtschaftsleuten gegründete Stiftung steht hinter den mehr als 60 Tafeln in Schleswig-Holstein und Hamburg. Dort kümmern sich Helfende darum, Lebensmittel an bedürftige Personen zu verteilen – Lebensmittel, die andernfalls weggeworfen worden wären. Cornelia Möller, Geschäftsführerin der DS Immobilien Verwaltung GmbH in Bad Segeberg, engagiert sich seit 2018 im Vorstand, davor im Kuratorium, und organisiert etwa finanzielle oder tatkräftige Unterstützung für die Arbeit der Tafeln. „Das Ehrenamt ist eine der stärksten Säulen für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Wenn man dann noch – wie in meinem Fall – von der Aufgabe selbst aus vollem Herzen überzeugt ist, kann es keine größere Motivation geben“, sagt Möller. Es seien vor allem die Begegnungen, die sie als wertvolle Erlebnisse für ihre Tätigkeit eintreten ließen. „Vor einiger Zeit hatte ich die ehrenvolle Aufgabe, einer Tafel in unserer Umgebung zum 25jährigen Jubiläum zu gratulieren. Zu diesem Ereignis habe ich einen Scheck überreicht, der die Vorsitzende der Tafel zu Tränen rührte“, erinnert sie sich. „Sie konnte endlich den ersehnten Kühlschrank für die Tafel kaufen. Ein sehr emotionaler Termin, der mich bestärkt hat und zeigt, wie wichtig und sinnvoll die Aufgabe ist.“ In Zukunft möchte Möller noch viel mehr in ihrem Ehrenamt bewegen. Durch verschiedene Besuche bei den Tafeln konnte sie feststellen, dass die Ernährung von Kindern der Tafelkunden nicht gut ist: „Einige Kinder kennen kein Obst, wissen nicht, wie man eine Kartoffel schneidet. Es wäre einer meiner Wünsche, diesen Kindern und vor allen Dingen den Eltern gute Ernährung, die nicht viel Geld kosten muss, näherzubringen.“

Sportlich

Für Ingo Dewald, Geschäftsführer und Eisenbahnbetriebsleiter der Norddeutsche Eisenbahn Niebüll GmbH, steckt hinter der Motivation für sein Ehrenamt das Gefühl der Verpflichtung, der Gesellschaft und der Sportgemeinde zu dienen: Dewald engagiert sich als Vorsitzender des Sportverbands Flensburg und als Schiedsrichter und Spartenleiter im Basketball beim TSB Flensburg. „Das bewegt sich von der Leitung von Jugendspielen über das Coachen von Übungsleiterinnen und Übungsleitern sowie die Sponsorengewinnung bis hin zu Gremiensitzungen, der Leitung von Vorstandssitzungen, dem Vorbereiten von Anträgen und sportlichen Hintergrundgesprächen“, berichtet Dewald. Zwischen 2011 und 2016 durfte er die Sportentwicklungsplanung für Flensburg maßgeblich mitgestalten. Dort sei sein drängendstes Anliegen als Basketball Spartenleiter, das Ziel, alle Hallennutzungen neu zu vergeben, überraschenderweise von allen Vereinsvertretern als wichtigstes Hauptanliegen bestätigt und beschlossen worden. „Binnen kürzester Zeit konnten wir 40 Prozent der Ziele der Sportentwicklungsplanung mit Politik und Verwaltung umsetzen.“
Als Unternehmer ist es Dewald wichtig, mit gutem Beispiel voranzugehen. Seine Erfahrungen aus dem Hauptberuf helfen ihm dabei, diesem Anspruch gerecht zu werden: „Als Infrastrukturunternehmer mit Erfahrungen in der Planfeststellung verfüge ich über Langmut im Umgang mit Verwaltungen und beim Finden von Lösungen – hier für die Flensburger Sportgemeinde.“
Autorin: Julia Romanowski
Veröffentlicht: Juni 2021