Homeoffice

Künftig von zu Hause aus arbeiten?

Von einem Tag auf den anderen haben viele Unternehmen große Teile ihrer Belegschaft in den Modus "Homeoffice" versetzt - notgedrungen und häufig ohne ausgefeilte konzeptionelle Vorbereitung. Das IHK-Magazin hat Experten gefragt, wie es mit der Arbeit von zu Hause aus weitergeht.
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben das Thema Homeoffice auf die Agenda gesetzt. Für die Wissenschaft ist das Feld an sich kein Neuland: “Die Forschung zum Thema Virtualität und Telearbeit ist bereits seit vielen Jahren etabliert und hat zu soliden Erkenntnissen geführt”, sagt Professorin Dr. Claudia Buengeler. Sie ist Lehrstuhlinhaberin für Personal und Organisation am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Auch zu den Auswirkungen von Homeoffice zu Corona-Zeiten gibt es bereits erste Erkenntnisse der Forschung (unter anderem der Uni Kiel).
Zu diesen zählt, dass die meisten eine Flexibilisierung der Arbeitsstrukturen positiv bewerten. Ein Berufsalltag, der nur im Homeoffice stattfindet, wird dagegen mehrheitlich kritisch gesehen - außer es handelt sich dezidiert um Telearbeit: “Erste Forschungsergebnisse zeigen, dass der Großteil auch künftig eine Mischung aus Homeoffice und Arbeit im Büro bevorzugt, allerdings am liebsten zu den alten Bedingungen, also an ihrem gewohnten Arbeitsplatz und ohne Abstandsregeln”, erläutert Claudia Buengeler.
Die Distanz erschwere eine informelle Kommunikation, Teamgeist und die Identifikation entwickelten sich unter diesen Umständen deutlich schwieriger.
Das reine Homeoffice für Tätigkeiten, die normalerweise im Büro ausgeübt werden, hat auf Dauer also hinsichtlich der Effektivität auch Nachteile, auch wenn aufgrund der Pandemie derzeit vielfach gar keine andere Möglichkeit bleibt: “Für Qualität und Innovation ist auch der Austausch außerhalb des Kernteams wichtig”, erklärt die Professorin.

Führungsaufgaben 

Demgegenüber kann das Büro daheim die Voraussetzungen bieten, sich fokussiert in ein Thema zu vertiefen. Allerdings zeigen Studien, dass Mitarbeiter dazu neigen, zu Hause eher mehr zu arbeiten und weniger zwischen Arbeit und Freizeit zu trennen.
Grundsätzlich sind es gerade Personen mit Familie, die flexibles Arbeiten schätzen. Gleichwohl, so betont Buengeler, müsse man aufpassen, dass nicht nur diejenigen mit Familie im Homeoffice blieben: “Es dürfen keine neuen Ungleichheiten geschaffen werden.” Um potenzielle Untiefen zu umschiffen, brauche es tragfähige Konzepte: “Die Unternehmen müssen jetzt starten, das auf den Weg zu bringen”, ist sie überzeugt.
Zum einen müssen Unternehmen die Rahmenbedingungen schaffen, wie Homeoffice künftig aussehen soll. Zudem sind die Führungskräfte gefragt: “Im virtuellen Setting ist es noch wichtiger, gut zu führen”, weiß die Hochschullehrerin. Wie eine aktuelle Studie von Buengeler zeigt, steigt in Bedrohungssituationen wie der Pandemie der positive Einfluss von mitarbeiterorientierter Führung, aber auch die schädliche Wirkung von Führungskräften, die sich einzig und allein um das Geschäftsergebnis kümmern.
Ein Signal, dass die Führungskräfte sich kümmern, kann in angemessener Ausstattung liegen. Und ein ergonomisch passender Stuhl samt Schreibtisch in richtiger Arbeitshöhe ist auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht sinnvoll: “Wer Rückenschmerzen hat, ist nicht produktiv”, weiß Jens Ewers. Der Lübecker Spezialist für Bürositzmöbel und -einrichtungen berät (noch) vorwiegend Menschen, die aus eigenem Antrieb nach einem rückengesunden Stuhl suchen. Seine Erfahrung: “Noch haben die wenigsten Betriebe eine Strategie, da sind uns beispielsweise die skandinavischen Länder voraus.”
Die typischen Bürobeschwerden wie Rücken-, Schulter und Nackenschmerzen seien vermeidbar, so Ewers. Wie man am besten sitze, zeige eine professionelle Beratung. Dass die Ecke am Küchentisch auf Dauer kein adäquater Arbeitsplatz sein kann, darf man aber getrost als allgemeingültig festhalten. 
Astrid Jabs