IHK-Wirtschaftsgespräch in Hamm 

Chancen und Grenzen Künstlicher Intelligenz 

Unter dem Oberthema „Die digitale Revolution schafft Chancen und braucht Grenzen“ fand am 28. September bei der Innovationszentren Hamm GmbH im Paracelsuspark das Wirtschaftsgespräch der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund statt.
Dazu konnten IHK-Vizepräsidentin Marion Fink, Geschäftsführerin der FINK TEC GmbH, IHK-Vizepräsident Hans J. Hesse, Geschäftsführender Gesellschafter der Hesse GmbH & Co. KG, und IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber mehr als 80 Gäste aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft begrüßen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Colleen Sanders, Chefredakteurin von Radio Lippewelle Hamm.
In seinem Vortrag zum Thema „Smart City Hamm: Infrastrukturelle Voraussetzungen und Trends der Digitalisierung“ zeigte sich Oberbürgermeister Marc Herter stolz auf die per künstlicher Intelligenz gesteuerte Ampeln an der Kreuzung Heßlerstraße/Marker Allee. „Die erste und bisher einzige per KI gesteuerte Ampel Deutschlands steht in Hamm“, so Herter. Mit den Ergebnissen sei man nach einer zweimonatigen Testphase sehr zufrieden. Außerdem kündigte der Oberbürgermeister als Ziel an, bis 2028 das gesamte Stadtgebiet sowohl mit Breitbandnetz als auch mit 5G-Mobilfunk ausgebaut zu haben. Mit einem extra geförderten Projekt sollen Gewerbegebiete bevorzugt, um noch schneller an das Glasfasernetz angeschlossen zu werden.
Wie modern Hamm jetzt schon aufgestellt ist und was das Innovationszentrum für die Unterstützung der Unternehmerschaft in Hamm leisten kann, zeigte Hausherr Pascal Ledune, Geschäftsführer IMPULS GmbH, der vor und nach der Veranstaltung Interessierte durch die Räumlichkeiten führte: „Wir vermieten hier nicht einfach nur in Quadratmetern Flächen für Büros oder Coworking-Spaces, sondern allein durch die Nähe zur Hochschule damit auch den Zugang zu innovativen Menschen und Milieus.“
IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber gab einen aktuellen Überblick, was die Wirtschaft im IHK-Bezirk mit den Städten Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna bewegt und ordnet die Digitalisierung in den Kontext der anderen Transformationsbausteine ein: „Wir haben gezielt im IHK-Bezirk Dortmund nach ChatGBT als aktuell bekannteste Anwendung für KI gefragt. Mich persönlich hat es überrascht, dass bereits jedes vierte Unternehmen erste Erfahrungen mit dieser Anwendung gesammelt hat.“ Im Bereich Ausbildung sei Hamm ein Vorreiter für die Region und habe ein Plus von 7,5 Prozent an neu eingetragenen Ausbildungsplätzen zu verzeichnen. „Aktuell können wir beruhigen, dass der Großteil der Betriebe (82 Prozent) von gleichbleibender oder steigender Beschäftigung ausgeht. Die Beschäftigungsförderung bleibt aber eine unserer Schlüsselaufgaben. „Unsere Sorge gilt hier vor allem den kleineren Unternehmen“, versicherte der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Vor Ort gewährleiste das die IHK zu Dortmund mit ihrer Zweigstelle in Hamm sowie deren neuen Leiter samt Team. Stefan Peltzer, der zum ersten Mal das IHK-Wirtschaftsgespräch als Regionalbetreuer und Zweigstellenleiter Hamm organisierte, bedankte sich für die freundliche Aufnahme in der Hammer Wirtschaft: „Sie haben es mir hier in Hamm sehr leicht gemacht.“ Peltzer bot den persönlichen Austausch an und ergänzte passend zum Schwerpunktthema: „Sie können auch morgen ihrer KI sagen, mich anzurufen und einen Termin zu vereinbaren.“
Was Künstliche Intelligenz als Treiberin der digitalen Revolution zu tun vermag oder auch nicht, ordnete der Geschäftsführer der Kompetenzplattform KI.NRW, Dr. Christian Temath, näher ein. Dabei erläuterte er Chancen, Risiken und Herausforderungen im Bereich der KI aber auch konkrete Anknüpfungspunkte für den Mittelstand. Beispielsweise können man im Bereich Gebäudetechnik jetzt per KI je nach Anzahl der Personen in einem Raum Heizung und Lüftung steuern. Wichtig sei aber in jedem Fall: „Die Ergebnisse, die KI liefert, müssen immer kontrolliert werden. Wir müssen als Menschen im Mittelpunkt einer vertrauenswürdigen KI bleiben, quasi wie ein Dirigent.“ Außerdem müsse KI zu einer Art Volkssport werden. „Niemand muss Fußball mögen, aber jeder weiß, wie die Regeln beim Fußball funktionieren“, zog er die Ballsportart als Vergleich heran. „Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens darüber, was darf KI und was nicht.“
Dr. Temraths These, dass im Bereich KI bislang nur die USA und China technologische Souveränität, erlangt hätten und man hierzulande abgesehen von wenigen Startups der Entwicklung hinterherlaufe, wollte in der anschließenden Diskussion Prof. Dr. Harald P. Mathis, Leiter des Fraunhofer Anwendungszentrums SYMILA aus Hamm, so nicht stehen lassen: „In Deutschland wird wahnsinnig viel KI entwickelt.“ Außerdem seien die Übergänge von technologischem Fortschritt, Digitalisierung und KI fließend. So gehe es im Bereich Automotive nicht nur um KI, sondern auch Darum, Daten vernünftig zu nutzen. „Die KI kann mich bei einer Entscheidung unterstützen, sie trifft sie aber nicht.“
Lebendig war die Diskussion auch im Bezug auf die Auswirkungen von KI auf die Arbeitswelt. „Wenn wir mittels KI leichte Aufgaben wegrationalisieren, dann bleiben nur noch die anstrengenden Knobelaufgaben übrig. Die Arbeit sollte aber facettenreich bleiben“, betonte Marion Fink. Dr. Temath hob hervor, dass durch KI nicht automatisch alle Niedrigqualifizierten ihre Jobs verlieren und sich für gut Ausgebildet nichts ändere: „Es können auch Akademiker betroffen sein. Für Standardverträge braucht man dann vielleicht keine Juristen mehr, für knifflige Fällen aber schon.“ Prof. Dr. Mathis ergänzte, dass Menschen mit geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen mittels KI besser bei ihrer Arbeit unterstützt werden könnten. Außerdem schloss er sich der Einschätzung Dr. Temaths an, dass nicht per se niedrig qualifizierte Tätigkeitsfelder wegfielen.
Hans J. Hesse, erinnert in seinem Fazit zur Veranstaltung daran, dass in der Vergangenheit durch Technologiesprünge in der Regel immer mehr Arbeitsplätze entstanden als weggefallen sind. Er bewertet es als Erfolg des Wirtschaftsgesprächs, dass nach einer Schnellumfrage zu Beginn der Veranstaltung erst 84 Prozent und zum Ende sogar 95 Prozent positive Erwartungen an Künstliche Intelligenz haben. Der Hinweis auf einen IHK-Praxisworkshop, wie man Künstliche Intelligenz selbst anwenden kann am 30. November, rundete das Wirtschaftsgespräch ab.

29. September 2023