9. Juli 2024

Es ist kompliziert, aber es geht voran

„Sind wir zu kompliziert?“ Mit dieser Frage Thorsten Wagners, Chefredakteur von Antenne Unna und Moderator des Wirtschaftsgesprächs der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund am 9. Juli in Holzwickede, an IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber und dessen Antwort „Ja, aber es ist nicht aussichtslos.“, wurden fast alle dort angerissenen Themen auf den Punkt gebracht. Das wurde im Laufe der von Regionalbetreuerin Maike Fritzsching, IHK-Geschäftsführerin und Leiterin Berufliche Bildung und Fachkräftesicherung, organisierten Veranstaltung deutlich.
Deutlich wurde auch Stefan Schreiber vor den rund 40 Gästen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung im Haus Opherdicke: „Der Bürokratiedschungel ist nicht mehr auszuhalten.“ Dies und weitere eher schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen trübten auch die Stimmung in den Unternehmen. Diese verlangten Planungssicherheit für Investitionen. „Wenn das nicht gegeben ist, denken die natürlich auch daran, ins Ausland auszuwandern.“ Auch in Anspielung auf das Heizungsgesetz mahnte der IHK-Hauptgeschäftsführer, die Politik solle die Rahmenbedingungen auch so anlegen, dass es funktioniert und nicht für noch mehr Bürokratie oder unnötigen Druck sorgen.
Uwe Ringelsiep, Geschäftsführer des Jobcenters Kreis Unna, berichtet von den Schwierigkeiten in seinem Bereich. So hätten seine Kunden, die Grundsicherung beziehen, zu Coronazeiten Beschäftigungsmöglichkeiten in der Logistik gehabt. Wegen der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine kämen aber auch diese Jobs unter Druck. Bürgermeisterin Ulrike Drossel berichtete von mehr Hemmnissen als Chancen, geflüchtete Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Einerseits täten sich viele schwer, ausreichend Deutschkenntnisse zu erlangen, andererseits müssten die Qualifikationen aus den jeweiligen Heimatländern anerkannt werden. „Es gibt also schon Hürden“, so die Bürgermeisterin. Stefan Schreiber ergänzte, dass man beispielsweise in Frankreich die Menschen sehr schnell in den Arbeitsmarkt trotz Sprachmängel brächte, in Deutschland sei es umgekehrt. Hierzulande warte man zu lange ab, bis die Geflüchteten ausreichend Sprachkenntnisse hätten.
Die zurzeit eher negativen Zahlen vom Ausbildungsmarkt im IHK-Bezirk und insbesondere in Holzwickede bat Stefan Schreiber nicht überzubewerten. Häufig sei es so, dass Betriebe, die viel ausbildeten, ihre Verträge noch nicht gemeldet haben. Man sei auf einem guten Weg, das Vor-Corona-Niveau wieder zu erreichen. „Sie können also entspannt bleiben, aber bitte bilden Sie weiter aus“, so der Appell Schreibers an die Unternehmen.
Konfrontiert mit der Frage, warum die Gemeinde Holzwickede trotz schwieriger Rahmenbedingungen für die Unternehmen den Gewerbesteuerhebesatz ab 2025 anheben wolle, verwies Bürgermeisterin Drossel auf finanzielle Belastungen, die wegen übertragener Aufgaben von Bund, Land und Kreis stiegen. Die Gemeinde selbst habe gut gewirtschaftet und ihre Schulden reduziert. Weitere Steuererhöhungen schloss Drossel aus. Sie wolle die Steuern so lange wie möglich stabil halten. Wirtschaftsförderer Stefan Thiel berichtete, dass die Vermarktung des Eco Ports so gut wie abgeschlossen sei. Auch für den südlichen Bereich, dessen Erschließung aufgrund archäologischer Funde verzögert werde, gebe es Interessenten.
Das die Zukunft nicht kompliziert, sondern im Prinzip immer einfacher werden könne, unterstrich Thomas Chmielnik, Head of AI bei AIVISOR, in seinem kurzweiligen Vortrag über den aktuellen Stand der Künstlichen Intelligenz und ihrem Nutzen für Unternehmen zum Abschluss des IHK-Wirtschaftsgesprächs. „Eigentlich leben wir jetzt schon in der Zukunft. Denn was wir jetzt erleben haben Experten für die 2040er Jahre vorausgesagt“, so Chmielnik. ChatGPT habe innerhalb weniger Jahre die Entwicklung von einem Kleinkind hin zu einem Doktoranden hingelegt. Alle Aspekte von Chancen, Risiken und Nutzen der KI konnten freilich nicht erläutert werden. „Dafür bräuchten wir einen philosophischen Abend“, schloss Moderator Thorsten Wagner.
10. Juli 2024