Beschlossen: Verordnung zur Wiederherstellung der Natur kommt

Nach der überraschenden Verabschiedung durch den EU-Rat am 17. Juni 2024 kann die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden und 20 Tage danach in Kraft treten. Bis 2030 sollen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU und bis 2050 alle wichtigen Ökosysteme wiederherzustellen. Die DIHK hinterfragt, ob die neuen Regelungen überhaupt umsetzbar sind.
Die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur ist ein integraler Bestandteil der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030. Durch die Verordnung sollen internationale Verpflichtungen, insbesondere zum globalen Biodiversitätsrahmen der Vereinten Nationen (COP15), erfüllt werden. Durch die neue Verordnung soll sichergestellt werden, dass jeder EU-Mitgliedstaat Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur ergreift. Alle Nationalstaaten müssen einen nationalen Wiederherstellungsplan entwickeln und vorlegen, der die dringendsten Probleme und dazugehörige Lösungen aufzeigt. 
Auf folgende Ziele soll dabei auf nationaler Ebene hingearbeitet werden:  
  • Beseitigung nicht heimischer Pflanzen auf Wiesen, in Feuchtgebieten und Wäldern; 
  • Wiederbefeuchtung trockengelegter Moorgebiete; 
  • Verbesserung der Vernetzung von Lebensräumen; 
  • Verringerung und/oder Einstellung des Einsatzes von chemischen Pestiziden und Düngemitteln; 
  • Förderung der Erhaltung der Wildnis. 

Flächenziele

Bis 2050 soll der Zustand aller sanierungsbedürftigen Ökosysteme verbessert werden. Zu diesem Zweck legt die Verordnung EU-weit spezifische, rechtsverbindliche Ziele und Verpflichtungen für die Wiederherstellung der Natur in jedem Gebiet der in den Anhängen I und II aufgeführten Ökosysteme fest - von landwirtschaftlichen Flächen und Wäldern bis hin zu Meeres-, Süßwasser- und städtischen Ökosystemen:
  • Festlegung und Umsetzung von Maßnahmen zur Wiederherstellung
    • von mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU bis 2030
    • von mindestens 30 Prozent der in den beiden Anhängen aufgeführten Lebensraumtypen in schlechtem Zustand bis 2030
    • von mindestens 60 Prozent der in den beiden Anhängen aufgeführten Lebensraumtypen in schlechtem Zustand bis 2040
    • von mindestens 90 Prozent der in den beiden Anhängen aufgeführten Lebensraumtypen in schlechtem Zustand bis 2050
Sobald ein Gebiet wieder in gutem Zustand ist, müssen die Mitgliedstaaten wesentliche Verschlechterung der wiederherzustellenden Gebiete, die einen guten Zustand erreicht haben, sowie der Gebiete, in denen die in den Anhängen I und II aufgeführten terrestrischen und marinen Lebensräume vorkommen, verhindern. 

Fachliche Ziele

  • Vorrang der Umsetzung der in der Verordnung festgelegten Wiederherstellungsmaßnahmen in den Natura-2000-Gebieten
  • Festsetzung von Maßnahmen, um den Rückgang der Populationen und Vielfalt der Bestäuberinsekten bis spätestens 2030 umzukehren.
  • Verbesserung der biologischen Vielfalt von Waldökosysteme zu verbessern, Pflanzung von mindestens drei Milliarden zusätzlichen Bäumen in der EU
  • Wiederherstellung von städtischen Ökosystemen: Erfassung der Gesamtfläche städtischer Ökosysteme, bis Ende 2030 kein Nettoverlust der Gesamtfläche städtischer Ökosysteme und der Anzahl städtischen Baumkronen, ab 2031 Schaffung neuer städtischer Grünflächen
  • Verpflichtung der Mitgliedstaaten, anthropogene Hindernisse in Oberflächengewässern zu identifizieren und zu beseitigen, um bis 2030 mindestens 25.000 km Flüsse in frei fließende Flüsse umzuwandeln

Nationaler Sanierungsplan

Zentrales Instrument sind nationale Sanierungspläne, die jeder Mitgliedsstaat innerhalb von 24 Monaten nach Veröffentlichung der Verordnung vorlegen und danach regelmäßig aktualisieren muss. In Deutschland muss die Bundesregierung die relevanten Lebensraumtypen bestimmen, die dazu passenden Flächen erfassen und kartieren sowie die Gebiete quantifizieren, die sich nicht in einem guten Zustand befinden. Orientiert an einem Referenzgebiet in gutem Zustand werden die am besten zur Wiederherstellung geeigneten Flächen ausgewählt.
Bei der Priorisierung der Gebiete zur Wiederherstellung können spezifische soziale, wirtschaftliche und kulturelle Kriterien, regionale Besonderheiten und die Bevölkerungsdichte berücksichtigt werden.
Für Abweichungen vom Verschlechterungsgebot kann der Mitgliedsstaat ein System zur Vermeidung oder Kompensation einführen.

Einschätzung der DIHK

Nach Einschätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) könnte sei es allein aufgrund fehlender Daten und mangelnder Kapazitäten in der Verwaltung unwahrscheinlich, dass die Ziele und Fristen erreicht werden können. Auch sei zweifelhaft, ob die finanziellen Mittel zur Wiederherstellung im geforderten Umfang vorhanden sind. Die DIHK begrüßt die Klarstellung, dass die Erzeugung von erneuerbaren Energien, das verbundene Netz und Speicheranlagen sowie strategische Projekte für kritische Rohstoffe in überwiegendem öffentlichen Interesse liegen und damit unter Ausnahmenregelungen fallen. 
(Quelle DIHK, Europäischer Rat)