EU-Kommission: Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) veröffentlicht
Am 22. Dezember 2023 ist die delegierte Verordnung (EU) 2023/2772 zu den zwölf European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die im Rahmen der CSRD-Richtlinie zu berücksichtigen sind, im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden. Sie gilt ab dem 1. Januar 2024 für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen.
Wesentlichkeitsbewertung als zentrales Element
Der Bereich der „Pflichtangaben“ unabhängig von einer Wesentlichkeitsbewertung wurde stark eingeschränkt. Allen der CSRD unterliegenden Unternehmen müssen nun „nur“ noch die Offenlegungspflichten des allgemeinen Berichtsstandards ESRS 2 inklusive Anhang B – unabhängig von den Ergebnissen einer Wesentlichkeitsbewertung – erfüllen.
Alle übrigen in den themenspezifischen Standards genannten Anforderungen müssen daraufhin geprüft werden, ob sie unter Nachhaltigkeits- und/oder Finanzgesichtspunkten für das Unternehmen bzw. seine Standorte wesentlich sind. Die umfangreichen Anforderungen an die Wesentlichkeitsanalyse selbst werden ausführlich und nachvollziehbar beschrieben, die angekündigte Leitlinie liegt aber noch nicht vor.
Wenn das Unternehmen durch die Wesentlichkeitsbewertung feststellt, dass ein themenbezogener Standard insgesamt oder eine bestimmte Offenlegungspflicht nicht wesentlich ist, kann das Unternehmen die Angaben zu diesen Offenlegungspflichten auslassen. Im Fall des ESRS E1 Klimawandel muss es jedoch eine detaillierte Erläuterung dazu vorlegen, warum der Klimawandel für das Unternehmen nicht wesentlich ist. Im Fall anderer themenbezogener Standards reicht eine kurze Erläuterung.
Eine Erklärung, weshalb bestimmte Nachhaltigkeitsthemen als unwesentlich eingestuft wurden, ist nicht mehr verpflichtend in den Nachhaltigkeitsbericht aufzunehmen.
Nachhaltigkeitsaspekte der Wesentlichkeitsbewertung
Bei der Bewertung der Wesentlichkeit berücksichtigt das Unternehmen die folgende Liste von Nachhaltigkeitsaspekten, die in den themenbezogenen ESRS behandelt werden. Wird ein bestimmter Nachhaltigkeitsaspekt aus dieser Liste im Rahmen der Bewertung der Wesentlichkeit des Unternehmens (siehe ESRS 2 IRO-1) als wesentlich bewertet, so erstattet das Unternehmen gemäß den entsprechenden Angabepflichten des jeweiligen themenbezogenen ESRS Bericht. Die Verwendung dieser Liste ersetzt nicht das Verfahren zur Ermittlung der wesentlichen Aspekte.
themenbezogene ESRS
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In themenbezogenen ESRS behandelte Nachhaltigkeitsaspekte
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Unterthema
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Sub-Unterthemen
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ESRS E1
Klimawandel |
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ESRS E2
Umweltverschmutzung |
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ESRS E3
Wasser- und Meeresressourcen |
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ESRS E4
Biologische Vielfalt und Ökosysteme |
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Beispiele:
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Beispiele:
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ESRS E5
Kreislaufwirtschaft |
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ESRS S1
Eigene Belegschaft |
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ESRS S2 Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette |
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ESRS S3 Betroffene Gemeinschaften |
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ESRS S4
Verbraucher und Endnutzer |
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ESRS G1
Unternehmenspolitik |
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Übergangsbestimmungen
Die Übergangsbestimmungen, d. h. die Bestimmungen, die zunächst für das erste oder die ersten Jahre ausgenommen sind, wurden um weitere Punkte ergänzt.
Angaben zur Wertschöpfungskette
In Bezug auf die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette gilt in den ersten drei Jahren der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen des ESRS Folgendes:
- Beschränkung der Informationen auf intern verfügbare Informationen, wie Daten, die dem Unternehmen bereits vorliegen, und öffentlich zugängliche Informationen, und
- Beschränkung auf die Angabe von Datenpunkten, die sich aus anderen EU-Rechtsvorschriften ergeben, die in Anlage B des ESRS 2 aufgeführt sind
Falls in den ersten drei Jahren der Nachhaltigkeitsberichterstattung des Unternehmens im Rahmen des ESRS nicht alle erforderlichen Informationen über seine vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette verfügbar sind, erläutert das Unternehmen die Anstrengungen, die unternommen wurden, um die erforderlichen Informationen zu seiner vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette zu erhalten, die Gründe, warum diese Informationen nicht eingeholt werden konnten, und die Pläne des Unternehmens dahin gehend, diese Informationen künftig zu erhalten.
Die Anforderungen an Informationen über die Wertschöpfungskette während einer dreijährigen Einführungsphase wurden abgeschwächt. Erst ab dem vierten Jahr der Berichterstattung unter ESRS sind die Anforderungen an die Berichterstattung in der Wertschöpfungskette einzuhalten.
Sonstiges
Neben Bestimmungen, die von allen Unternehmen im ersten Berichtsjahr nicht angewendet werden müssen, gibt es nun eine neue Kategorie: Unternehmen bis 750 Mitarbeitern müssen folgende Informationen nicht angeben:
- Im ersten Jahr:
- Klimaschutzstandard ESRS E1-6 – Datenpunkte zu den Scope-3-Emissionen und THG-Gesamtemissionen
- Eigene Belegschaft ESRS S1 – alle Offenlegungspflichten
- In den ersten zwei Jahren – erwartete finanzielle Auswirkungen
- Biodiversität ESRS E4 – alle Offenlegungspflichten
- Mitarbeitende in der Wertschöpfungskette ESRS S2 – alle Offenlegungspflichten
- Betroffene Gemeinschaften ESRS S3 – alle Offenlegungspflichten
- Verbraucher und Endanwender ESRS S4 – alle Offenlegungspflichten
- Einige Berichtsinhalte müssen grundsätzlich im ersten Jahr für alle berichtspflichtigen Unternehmen nicht erbracht werden:
- ESRS 2 SBM-3 – kurz-, mittel- und langfristig erwarteten finanziellen Auswirkungen der wesentlichen Risiken und Chancen des Unternehmens
- Klimaschutzstandard ESRS E1-9 – erwartete finanzielle Auswirkungen wesentlicher physischer Risiken, Übergangsrisiken und Chancen
- Umweltverschmutzung ESRS E2-6 – erwartete finanzielle Auswirkungen aus umweltverschmutzungsbedingten Auswirkungen, Risiken und Chancen
- Wasser ESRS E3-5 – erwartete finanzielle Auswirkungen von Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit Wasser und Meeresressourcen
- Biodiversität ESRS E4-6 – erwartete finanzielle Auswirkungen von Biodiversität und ökosystembezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen
- Kreislaufwirtschaft ESRS E5-6 – erwartete finanzielle Auswirkungen der Ressourcennutzung und Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaft
- Eigene Belegschaft ESRS S1-7, 8, 11, 12, 13, 14, 15 – Merkmale der nicht angestellten Arbeitskräfte, tarifvertragliche Abdeckung in Nicht-EWR-Ländern, Sozialschutz, Prozentsatz der Mitarbeiter mit Behinderungen, Schulungen und Kompetenzentwicklung, Gesundheits- und Sicherheitskennzahlen, Kennzahlen zur Work-Life-Balance
- Folgende Offenlegungspflichten müssen in den ersten drei Jahren nur qualitativ erfüllt werden:
- ESRS 2 SBM-3
- Klimaschutzstandard ESRS E1-9
- Umweltverschmutzung ESRS E2-6
- Wasser ESRS E3-5
- Biodiversität ESRS E4-6
- Kreislaufwirtschaft ESRS E5-6
Einschätzung
Die DIHK hat sich mit einer Stellungnahme an der Konsultation im Juni beteiligt. Der Konsultationsentwurf der EU-Kommission ist in sehr vielen Passagen umformuliert wurden. Damit gehen jedoch nicht immer inhaltliche Änderungen einher. Viele vorher unklare Begriffe wurden durch Anhänge und Fußnoten erläutert bzw. definiert.
Der Umfang der Berichtspflichten ist nach wie vor zu hoch, auch wenn die Änderungen in der Summe dazu beitragen, den Umfang der Berichtspflichten zumindest während des Einstiegs zu mindern. Das Gleiche gilt für die etwas geringere Zahl an obligatorischen Offenlegungspflichten. Da für alle übrigen Anforderungen eine Wesentlichkeitsprüfung der Nachhaltigkeits- und Finanzgesichtspunkte für das Unternehmen bzw. seine Standorte obligatorisch ist, fällt der Anfangsaufwand nicht unbedingt geringer aus. Die DIHK bemängelt hier insbesondere, dass die angekündigten Leitlinien zur Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse noch nicht vorliegen, so dass eine finale Bewertung der Anforderungen schwerfällt.
Insbesondere die geringere Zahl von Offenlegungspflichten im Biodiversitätsstandard ESRS E4 wird den Aufwand für Unternehmen erheblich verringern. So werden kein Plan mehr für den Übergang zur biologischen Vielfalt und keine Angaben zur Vereinbarkeit von Geschäftsmodell und Strategie mit „planetaren Grenzen” sowie zur Landnutzung auf der Grundlage von Ökobilanzen gefordert. Kennzahlen zu invasiven gebietsfremden Arten, zu Einflussfaktoren von Landnutzungsänderungen und zum Zustand von Ökosystemen müssen nicht mehr erbracht werden.
(Quelle DIHK, EU-Kommission)