Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz - LkSG

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) vom Juli 2021 ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten, zunächst für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Ab Januar 2024 kommen dann Unternehmen über 1.000 Beschäftigte dazu. Ziel ist, Menschenrechte und Umwelt entlang der globalen Wertschöpfungskette besser zu schützen. Für Unternehmen ist das Gesetz mit erheblichem Aufwand verbunden. Aufgrund der engen Verflechtung in unternehmerischen Lieferketten werden de facto auch viele mittelständische Unternehmen außerhalb des Geltungsbereiches des LkSG betroffen sein.

Die EU setzt das Thema ebenfalls um. Seit 23. Februar 2022 existiert ein Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission, dessen Rahmenbedingungen über das deutsche Recht hinausgehen und den Kreis der Betroffenen ausdehnen. Das Europäische Parlament hat am 1. Juni 2023 ebenfalls einen Vorschlag verabschiedet. Nachdem das Europäische Parlament am 24. April 2024 und der Rat der EU am 24. Mai 2024 dem Kompromisstext zugestimmt haben, ist der Gesetzgebungsprozess nun abgeschlossen. Eine Umsetzung soll ab 2027 erfolgen.

Eckpunkte des deutschen LkSG

Betroffene

  • Deutsche Unternehmen sowie ausländische Unternehmen mit Töchtern in Deutschland
  • Ab 01.01.2023 Unternehmen über 3.000 Beschäftigte
  • Ab 01.01.2024 Unternehmen über 1.000 Beschäftigte
  • Arbeitsplätze, die pro Jahr über 6 Monate mit Leiharbeitern besetzt werden, zählen mit
  • Aufgrund vieler Verflechtungen innerhalb der Lieferketten werden de facto auch Zulieferer und Abnehmer unterhalb der gesetzlichen Schwellenwerte betroffen sein

Regeln

  • Sorgfaltspflichten beziehen sich auf alle Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens entlang der gesamten Lieferkette (vom Rohstoff bis zur Kundschaft)
  • Erfasst werden der eigene Geschäftsbereich sowie unmittelbare Zulieferer (= direkte Vertragspartner)
  • Für mittelbare Zulieferer gilt “nur” eine anlassbezogene Prüfpflicht, falls substanzielle Hinweise auf Rechtsverletzungen entlang der Lieferkette vorliegen
  • Zu den Sorgfaltspflichten zählen u. a. Risikomanagement und -analysen, Präventions- und Abhilfemaßnahmen, Abgabe einer Grundsatzerklärung, Berichts- und Dokumentationspflichten
Es gibt keine Erfolgs-, aber eine Bemühenspflicht. Die Unternehmen müssen im Zweifel nachweisen, dass sie sich angemessen und machbar um die Umsetzung des LkSG gekümmert haben. Das heißt vermutlich in der Praxis: je mehr Einfluss ein Unternehmen auf das Handeln seiner weltweiten Partnerfirmen hat, desto höher die Erwartungshaltung des Staates (und der kontrollierenden Behörde BAFA) bzgl. der Vermeidung von Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen. Im Zweifel kann dies bis zum Abbruch von Geschäftsbeziehungen führen.

Konsequenzen

  • Verstöße gegen das LkSG werden nicht zivilrechtlich, aber als Ordnungswidrigkeit verfolgt
  • Möglich sind Zwangsgelder bis zu 50.000 €, Bußgelder bis zu 800.000 € (Firmen über
    400 Mio. € Umsatz sogar bis zu 2 % des Jahresumsatzes) bzw. der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen
  • Überwachende Behörde ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)

Probleme

  • Lieferketten sind schwer zu kontrollieren. Bei komplexen Produkten ist die Wertschöpfungskette lang. Häufig sind nicht alle Zulieferer bekannt bzw. nicht im “Zugriff”.
  • Über die gesetzlichen Vorgaben hinaus werden auch viele kleinere Unternehmen betroffen sein. Wegen vertraglicher Bindungen oder Abhängigkeiten werden größere Unternehmen ihre kleineren Partnerfirmen in die Umsetzung der Sorgfaltspflichten einbeziehen.
  • Laut LkSG müssen sich betroffene Unternehmen an 14 internationalen Abkommen orientieren, die im Anhang des Gesetzes genannt sind. Auch deren langjährige Auslegungen durch internationale Gremien sollen einbezogen werden.
  • Für die Umsetzung des LkSG beziffert das BMAS die einmaligen Kosten für die deutsche Wirtschaft auf 110 Mio. €, die jährlichen Zusatzkosten werden mit 43,5 Mio. € veranschlagt. Vermutlich dürften die tatsächlichen Belastungen höher liegen.
  • Mit seinem nationalen Alleingang benachteiligt Deutschland seine Unternehmen gegenüber europäischen internationalen Wettbewerbern.

Sofortprogramm zur praxisnahen Anwendung des LkSG

Die Bundesregierung hat im September 2024 ein “Sofortprogramm für untergesetzliche Maßnahmen zur praxisnahen Anwendung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, auch im Lichte der Vorgaben der EU-Lieferketten-Richtlinie (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 82 KB)” beschlossen. Es enthält Maßnahmen, die kurzfristig durch Weisung an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) operationalisiert werden und Unternehmen entlasten sollen.
Vorgesehen ist u. a. Folgendes:
  • Konkretisierung und bessere Erklärung des gesetzlich verankerten risikobasierten Ansatzes bzw. des Angemessenheitsprinzips durch das BAFA
  • Entlastung von Zulieferern/KMU durch zusätzliche Klarstellungen durch das BAFA
  • Erarbeitung von Mustervertragsklauseln und KMU-Fragebögen
  • Unterstützung für Brancheninitiativen und das Pooling von Audits
  • Orientierung zu Standards und Zertifizierungen
  • Unterstützung von Unternehmen durch die Bundesregierung durch Stärkung der Beratungsstruktur im In- und Ausland
Das Sofortprogramm ergänzt die in der Wachstumsinitiative unter Punkt 15 ankündigten Vorhaben.

Eckpunkte der EU-Richtlinie „Sorgfaltspflichten“

Geltungsbereich

  • EU-Unternehmen über 1.000 Beschäftigte und weltweit über 450 Mio. € Netto-Umsatz
  • Stufenweiser Ansatz:
    • ab 2027 Betriebe über 5.000 Besch. + über 1,5 Mrd. € Umsatz
    • ab 2028 Betriebe über 3.000 Besch. + über 900 Mio. € Umsatz
    • ab 2029 Betriebe über 1.000 Besch. + über 450 Mio. € Umsatz

Inhalt

  • Vorgaben beziehen sich auf „etablierte Geschäftsbeziehungen“ (= intensive und dauerhafte Geschäftsverbindungen, die keinen unbedeutenden Teil der Wertschöpfungskette darstellen / Art. 3)
  • Neben Menschenrechten sind auch Umwelt- und Klimathemen stark im Fokus (z. B. Erhalt der biologischen Vielfalt, Einhaltung des Pariser Klimaabkommens (also des 1,5-Grad-Zieles))
  • Unternehmen werden verpflichtet, negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu ermitteln, zu vermeiden und zu beheben. Außerdem müssen Maßnahmen und Strategien überwacht, auf Wirksamkeit überprüft und entsprechend kommuniziert werden
  • Sorgfaltspflicht soll in allen Ebenen der Unternehmenspolitik etabliert werden
  • Aufsichtsbehörden und Sanktionen werden von den Mitgliedstaaten bestimmt; neben verwaltungsrechtlichen Sanktionen ist auch eine zivilrechtliche Haftung möglich
  • Sanktionen bis zu 5 % des Jahresumsatzes