Neue Ökodesign-Verordnung veröffentlicht

Die neue Ökodesign-Verordnung (EU) 2024/1781 ist am 28. Juni 2024 im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden. Sie tritt am 18. Juli 2024 in Kraft und löst die Richtlinie 2009/125/EG ab. Die Verordnung gilt für beinahe alle physischen Waren, die in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, einschließlich Bauteile und Zwischenprodukte. Spezifische Anforderungen werden über delegierte Verordnungen geregelt. Insbesondere für Produktgruppen, die unter delegierte Rechtsakte auf Basis der alten Richtlinie fallen, gibt es Übergangsregelungen.
Ziel der grundlegend überarbeiteten Verordnung ist es, Nachhaltigkeit schon im Design von Produkten anzulegen. Künftig müssen Unternehmen sicherstellen, dass bestimmte Produkte leichter zu reparieren, wiederzuverwenden und zu verwerten sind. Dadurch soll das Abfallaufkommen grundlegend reduziert und ein wesentlicher Beitrag zu einer effizienteren Kreislaufwirtschaft geleistet werden.
Bisher zielte die Ökodesign-Verordnung auf energieverbrauchsrelevante Produktgruppen ab, künftig sollen weitere Produkte und wesentliche ökologische Aspekte von Produkten über den gesamten Lebenszyklus betrachtet werden.
Eng mit der Ökodesign-Verordnung verbunden ist das Konzept eines digitalen Produktpasses, der die wichtigsten Informationen über die Zusammensetzung eines Produkts, den Recyclinganteil, Details zur Energieeffizienz, die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und die Wiederverwertbarkeit enthält. Langfristig soll der Pass auch dazu beitragen einen Reparaturindex für elektronische Geräte zu etablieren. 

Betroffene Produkte

Die Verordnung gilt für alle physischen Waren, die in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, einschließlich Bauteile und Zwischenprodukte. Grundsätzlich vom Anwendungsbereich ausgenommen sind:
  • Lebens- und Futtermittel
  • Arzneimittel, Tierarzneimittel,
  • lebende Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen,
  • Erzeugnisse menschlichen Ursprungs,
  • Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen,
  • Fahrzeuge

Ökodesign-Anforderungen

Produkte dürfen nur in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie die für diese Produkte geltenden Ökodesign-Anforderungen erfüllen, die in den gemäß Artikel 4 erlassenen delegierten Rechtsakten festgelegt sind.
Die Verordnung eröffnet in Artikel 4 die Möglichkeit, über delegierte Rechtsakte spezifische Ökodesign-Anforderungen gemäß Artikel 5 festzulegen. Die in Anhang I der Verordnung genannten Produktparameter müssen so gestaltet sein, dass sie die folgenden Produktaspekte verbessern, sofern diese für die betreffende Produktgruppe relevant sind:
  • Funktionsbeständigkeit,
  • Zuverlässigkeit,
  • Wiederverwendbarkeit,
  • Nachrüstbarkeit,
  • Reparierbarkeit,
  • Möglichkeit der Wartung und Instandsetzung,
  • Vorhandensein besorgniserregender Stoffe,
  • Energieverbrauch und Energieeffizienz,
  • Wassernutzung und Wassereffizienz,
  • Ressourcennutzung und Ressourceneffizienz,
  • Rezyklatanteil,
  • Möglichkeit der Wiederaufarbeitung,
  • Recyclingfähigkeit,
  • Möglichkeit der Verwertung von Materialien,
  • Umweltauswirkungen, einschließlich des CO2 -Fußabdrucks und des Umweltfußabdrucks,
  • Menge des voraussichtlich entstehenden Abfalls.
Produkte, für die delegierte Rechtsakte erlassen sind, müssen die dort festgesetzten Leistungsanforderungen (Artikel 6) und Informationsanforderungen (Artikel 7) erfüllen.

Vernichtungsverbot

Die Verordnung enthält zudem ein Vernichtungsverbot von unverkaufter Verbraucherprodukten. Unverkaufte Verbraucherprodukte, die in Anhang VII (aktuell Bekleidung und Bekleidungszubehör sowie Schuhe) aufgeführt sind, dürfen ab dem 19. Juli 2026 nicht mehr vernichtet werden. Für mittlere Unternehmen gilt das Vernichtungsverbot ab dem 19. Juli 2030, für Kleinst- und Kleinunternehmen gar nicht. 

Digitaler Produktpass

Produkte dürfen nur dann in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn ein rechtskonformer digitaler Produktpass verfügbar ist. Einzelheiten werden in den delegierten Rechtsakten für jede Produktgruppe geregelt. Die Daten im digitalen Produktpass selbst müssen richtig, vollständig und auf dem neuesten Stand sein. Anhang III der Verordnung regelt, welche Inhalte im digitalen Produktpass enthalten sein müssen.
Das grundsätzliche technologische Konzept eines Digitalen Produktpasses wird in einem europäischen Konsortium erstmals für Batterien entwickelt und erprobt. Der digitale Batteriepass wird als erster seiner Art ab Februar 2027 für alle neu in der EU auf den Markt gebrachten Traktionsbatterien, Batterien von Zweirädern und Industriebatterien über 2 kWh Kapazität Realität.
Bis Mitte 2026 erstellt die EU-Kommission ein Digitales Produktpassregister, in dem auf sichere Weise mindestens die eindeutigen Produktkennungen gespeichert werden sollen.

Produktkonformität und Kennzeichnung

Bevor ein Hersteller ein Produkt, das unter eine delegierte Verordnung fällt, in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt, führt er das dort vorgeschriebene Konformitätsbewertungsverfahren durch bzw. lässt es in seinem Namen durchführen und erstellt die erforderlichen technischen Unterlagen. Anschließend erstellt der Hersteller eine EU-Konformitätserklärung und bringt die CE-Kennzeichnung an.
Der Hersteller stellt sicher, dass das Produkt eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein anderes Kennzeichen zur Identifikation trägt, oder, falls dies aufgrund der Größe oder Art des Produkts nicht möglich ist, dass die erforderlichen Informationen auf der Verpackung oder in den dem Produkt beigefügten Unterlagen angegeben werden.
Der Hersteller muss seinen Namen, seinen eingetragenen Handelsnamen oder seine eingetragene Handelsmarke, seine Postanschrift und elektronische Kommunikationsmittel, über die er erreicht werden kann, folgendermaßen angeben:
a) im etwaigen öffentlichen Teil des digitalen Produktpasses und
b) auf dem Produkt selbst oder, wenn dies nicht möglich ist, auf der Verpackung oder in den dem Produkt beigefügten Unterlagen.
In der Anschrift muss eine zentrale Stelle angegeben werden, unter der der Hersteller kontaktiert werden kann. Die Kontaktdaten müssen klar, verständlich und lesbar sein.

Priorisierung von Produktgruppen

Auf Basis ihres potenziellen Beitrags zur Verwirklichung der Klima-, Umwelt- und Energieeffizienzziele der Europäischen Union erstellt die EU-Kommission einen Arbeitsplan für die wichtigsten Produktgruppen, für die kurzfristig Delegierte Verordnungen erlassen werden sollen.
Bis zum 19. April 2025 erstellt die EU-Kommission den ersten Arbeitsplan, der folgenden Produktgruppen Vorrang einräumt: 
  • Eisen und Stahl,
  • Aluminium,
  • Textilien, insbesondere Bekleidung und Schuhwerk,
  • Möbel, einschließlich Matratzen,
  • Reifen,
  • Waschmittel,
  • Anstrichmittel,
  • Schmierstoffe,
  • Chemikalien
  • energieverbrauchsrelevante Produkte, für die erstmals Ökodesign-Anforderungen festgelegt werden sollen oder für die Durchführungsmaßnahmen auf Basis der bisher geltenden Richtlinie bestehen,
  • Produkte der Informations- und Kommunikationstechnologie und sonstige Elektronikgeräte

Übergangsregelungen

Übergangsregelungen insbesondere für Produktgruppen, für die delegierte Verordnungen unter der bisherigen Richtlinie spezifische Anforderungen stellen, sind in Artikel 79 beschrieben.
So gelten einige Artikel der Verordnung bis zum 31. Dezember 2026 nicht und zwar für 
  • Photovoltaikmodule, 
  • Raum- und Kombiheizgeräte,
  • Warmwasserbereiter,
  • Festbrennstoff-Einzelraumheizgeräte,
  • Raumklimageräte einschließlich Luft-Luft-Wärmepumpen und Komfortventilatoren,
  • Festbrennstoffkessel,
  • Luftheizungs- und  -kühlungsprodukte,
  • Lüftungsanlagen,
  • Staubsauger,
  • Kochgeräte,
  • Wasserpumpen,
  • Industrieventilatoren,
  • Umwälzpumpen,
  • externe Netzteile,
  • Computer,
  • Server und Datenspeicherprodukte,
  • Leistungstransformatoren,
  • gewerbliche Kühlgeräte und
  • bildgebende Geräte.
Die Delegierten Verordnungen, die auf Basis der Ökodesign-Richtlinie erlassen worden sind, gelten im Wesentlichen weiter, bis sie aufgehoben oder für überholt erklärt werden.
(Quelle EU-Parlament, EU-Rat, EU-Kommission, DIHK)