CSRD: Anforderungen an Nachhaltigkeitsberichte
Am 1. Januar 2023 ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Kraft getreten. Ziel der Richtlinie ist es, dass Unternehmen auf Basis umfassender Standards vergleichbare, detaillierte und verlässliche Nachhaltigkeitsinformationen veröffentlichen. Künftig muss eine deutliche höhere Zahl von Unternehmen deutlich mehr über Nachhaltigkeitsaktivitäten berichten. Die CSRD-Richtlinie muss innerhalb von 18 Monaten von den Nationalstaaten umgesetzt werden. Sie löst die sog. CSR-Richtlinie ab.
Wer muss berichten?
Direkt betroffen sind alle “großen” Unternehmen, die Artikel 1 der Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU unterfallen und
- in Anhang I der Richtlinie gemäß der jeweiligen nationalstaatlichen Regelungen aufgeführt sind (in Deutschland: AG, KGaA, GmbH) oder
- in Anhang II genannt sind (OHG, KG) und bei denen alle unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafter des Unternehmens mit ansonsten unbeschränkter Haftung tatsächlich nur beschränkt haftbar sind, weil diese Gesellschafter
- über eine in Anhang I aufgeführte Rechtsform verfügen oder
- nicht den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegen, aber über eine Rechtsform verfügen, die einer in Anhang I genannten vergleichbar ist,
und am Bilanzstichtag mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale überschreiten:
- 25 Millionen Euro Bilanzsumme (Anhebung des Schwellenwertes durch Änderung des Handelsgesetzbuches – BGBl. 2024 I Nr. 120 vom 16.04.2024),
- 50 Millionen Euro Nettoumsatzerlöse (Anhebung des Schwellenwertes!),
- durchschnittliche Beschäftigtenanzahl: > 250,
sowie kleine und mittelständische kapitalmarktorientierte Unternehmen ab 10 Beschäftigten und 2 Millionen Euro Bilanzsumme bzw. Umsatz pro Jahr.
Im Vergleich zur CSR-Richtlinie erhöht sich damit die Zahl allein der in Deutschland betroffenen Unternehmen von 500 auf 15.000. Hinzu kommen mittelbar betroffene Zulieferunternehmen.
Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) wird aktuell von ein freiwillig anzuwendender Standard entwickelt (VSME), der die in der Lieferkette von großen Unternehmen gewünschten Datenanforderungen harmonisieren soll.
Ab wann muss gemäß CSRD berichtet werden?
Die Richtlinie wird schrittweise umgesetzt und gilt wie folgt ab
- 1. Januar 2024 für Unternehmen, die bereits der CSR-Berichterstattung unterliegen (d. h. Berichterstattung im Jahr 2025 über das Geschäftsjahr 2024, soweit Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht);
- 1. Januar 2025 für große Unternehmen, die derzeit noch nicht der CSR-Berichterstattung unterliegen und alle Mutterunternehmen einer großen Gruppe (Berichterstattung im Jahr 2026 über das Geschäftsjahr 2025);
- 1. Januar 2026 für börsennotierte KMU sowie kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen (Berichterstattung im Jahr 2027 über Geschäftsjahr 2026). Kapitalmarktorientierte KMU können für Geschäftsjahre, die vor dem 1. Januar 2028 beginnen, beschließen, auf einen Nachhaltigkeitsbericht zu verzichten. Sie müssen in ihrem Lagebericht aber angeben, warum die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht vorgelegt wurde.
Anforderungen an den Inhalt
Grundsätzlich müssen nach Artikel 19a der CSRD alle Informationen zu den Auswirkungen des Unternehmens auf die Nachhaltigkeit sowie zu den Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen offengelegt werden (Prinzip der doppelten Materialität). Diese Informationen müssen innerhalb des Lageberichts durch einen speziellen Abschnitt des Lageberichts eindeutig identifizierbar sein.
Laut Artikel 19a müssen folgende Informationen enthalten sein:
(a) eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells und der Strategie des Unternehmens, einschließlich:
- Widerstandsfähigkeit des Geschäftsmodells und der Strategie des Unternehmens gegenüber Nachhaltigkeitsrisiken;
- Chancen durch Nachhaltigkeit;
- Pläne des Unternehmens, einschließlich der Durchführungsmaßnahmen und der damit zusammenhängenden Finanz- und Investitionspläne, mit denen sichergestellt werden soll, dass das Geschäftsmodell und die Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und mit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C und dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 vereinbar sind;
- wie das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens den Interessen der Stakeholder des Unternehmens und den Auswirkungen des Unternehmens auf Nachhaltigkeitsfragen Rechnung tragen;
- wie die Strategie des Unternehmens in Bezug auf Nachhaltigkeitsfragen umgesetzt wurde;
(b) eine Beschreibung der von dem Unternehmen festgelegten zeitgebundenen Ziele in Bezug auf Nachhaltigkeitsbelange, gegebenenfalls einschließlich absoluter Ziele für die Verringerung der Treibhausgasemissionen zumindest für 2030 und 2050, eine Beschreibung der Fortschritte, die das Unternehmen bei der Erreichung dieser Ziele erzielt hat, und eine Angabe, ob die umweltbezogenen Ziele des Unternehmens auf schlüssigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen;
(c) eine Beschreibung der Rolle der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane in Bezug auf Nachhaltigkeitsfragen sowie ihrer Fachkenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung dieser Rolle oder des Zugangs zu solchen Fachkenntnissen und Fähigkeiten;
(d) eine Beschreibung der Nachhaltigkeitspolitik des Unternehmens;
(e) Informationen über das Bestehen von Anreizsystemen zum Thema Nachhaltigkeit für Mitglieder der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane;
(f) eine Beschreibung folgender Punkte
- das von dem Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte durchgeführte Sorgfaltsprüfungsverfahren, gegebenenfalls im Einklang mit den EU-Anforderungen an Unternehmen zur Durchführung eines Sorgfaltsprüfungsverfahrens;
- die wichtigsten tatsächlichen oder potenziellen nachteiligen Auswirkungen im Zusammenhang mit der eigenen Geschäftstätigkeit des Unternehmens und seiner Wertschöpfungskette, einschließlich seiner Produkte und Dienstleistungen, seiner Geschäftsbeziehungen und seiner Lieferkette, sowie die Maßnahmen, die zur Ermittlung und Verfolgung dieser Auswirkungen ergriffen wurden, und andere nachteilige Auswirkungen, die das Unternehmen ermitteln muss gemäß anderen EU-Anforderungen an Unternehmen zur Durchführung des Due-Diligence-Verfahrens;
- alle vom Unternehmen ergriffenen Maßnahmen und das Ergebnis dieser Maßnahmen, um tatsächliche oder potenzielle nachteilige Auswirkungen zu verhindern, zu mindern, zu beheben oder zu beenden;
(g) eine Beschreibung der Hauptrisiken, denen das Unternehmen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten ausgesetzt ist, einschließlich der wichtigsten Abhängigkeiten des Unternehmens von solchen Aspekten, und der Art und Weise, wie das Unternehmen mit diesen Risiken umgeht;
(h) Indikatoren, die für die unter den Buchstaben a bis f genannten Angaben relevant sind.
Die Unternehmen berichten über das Verfahren, mit dem die Informationen ermittelt wurden, die sie gemäß Absatz 1 in den Lagebericht aufgenommen haben. Die aufgeführten Informationen müssen jeweils Informationen über kurz-, mittel- und langfristige Zeithorizonte enthalten.
Gegebenenfalls enthalten die in den Absätzen 1 und 2 genannten Informationen über die eigenen Tätigkeiten des Unternehmens und über seine Wertschöpfungskette, einschließlich Produkte und Dienstleistungen, seine Geschäftsbeziehungen und seine Lieferkette. Liegen in den ersten drei Jahren der Anwendung dieser Richtlinie nicht alle erforderlichen Informationen über die Wertschöpfungskette vor, so erläutert das Unternehmen die Anstrengungen, die es unternommen hat, um die Informationen über seine Wertschöpfungskette zu erhalten, die Gründe, warum diese Informationen nicht eingeholt werden konnten, und die Pläne des Unternehmens, diese Informationen in Zukunft einzuholen.
Berichtsformat und Prüfung
Berichtspflichtige Unternehmen werden verpflichtet, Nachhaltigkeitsinformationen für das vorliegende Geschäftsjahr im Lagebericht darzustellen und mit einem digitalen Tagging zu versehen. Die Möglichkeit, den Nachhaltigkeitsbericht gesondert zu veröffentlichen wird nicht mehr bestehen.
Der Nachhaltigkeitsbericht muss als separater Abschnitt des Lageberichts künftig zur Erlangung begrenzter Sicherheit und später zur Erlangung hinreichender Sicherheit geprüft werden. Die neue Richtlinie sieht zudem Formatvorgaben für die Veröffentlichung, das einheitliche europäische Berichtsformat gemäß Art. 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/815 und ein Tagging vor.
Ende August 2024 hat EFRAG die XBRL-Taxonomie für ESRS Set 1 für das digitale Tagging von ESRS-Erklärungen sowie für Angaben nach Artikel 8 der Taxonomieverordnung veröffentlicht. Die digitalen Taxonomien ermöglichen das Tagging von Nachhaltigkeitsberichten im maschinenlesbaren XBRL-Format. Diese Taxonomie wird die Grundlage für die Entwicklung technischer Regulierungsstandards für die Kennzeichnung der ESRS-Nachhaltigkeitserklärung durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) sein. Diese Kennzeichnungsregeln werden dann von der Europäischen Kommission im Wege eines delegierten Rechtsakts verabschiedet.
Berichtstandards: Aufbau und Übersicht
Ende Juli hat die EU-Kommission die delegierte Verordnung zu den zwölf European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die im Rahmen der CSRD-Richtlinie zu berücksichtigen sein werden, angenommen und in alle Amtssprachen der EU übersetzt. Zwei Standards betreffen themenübergreifende Angaben und Prinzipien und zehn beziehen sich auf die klassische dreigliedrige Nachhaltigkeitsberichterstattung (Environment, Social und Governance /ESG). Die Delegierte Verordnung ist am 22. Dezember 2023 im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden und zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten.
- Delegierte Verordnung (EU) 2023/2772 (berichtigte Fassung vom 9. August 2024)
- Anhang I (Berichtsstandards)
- ESRS 1 Allgemeine Anforderungen
- ESRS 2 Allgemeine Angaben
- ESRS E1 Klimawandel
- ESRS E2 Umweltverschmutzung
- ESRS E3 Wasser- und Meeresressourcen
- ESRS E4 Biologische Vielfalt und Ökosysteme
- ESRS E5 Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft
- ESRS S1 Eigene Belegschaft
- ESRS S2 Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette
- ESRS S3 Betroffene Gemeinschaften
- ESRS S4 Verbraucher und Endnutzer
- ESRS G1 Unternehmenspolitik
- Anhang II (Glossar)
Die zehn themenspezifischen ESRS enthalten eine Vielzahl an Berichtsanforderungen, die durch Anwendungsanforderungen präzisiert und erweitert werden. Dabei sind sie grundsätzlich folgendermaßen strukturiert:
- Ziel
- Zusammenspiel mit anderen ESRS
- Offenlegungspflichten
- Allgemeines, Management von Auswirkungen, Risiken und Chancen
- Strategie
- Maßnahmen
- Leistungsmessung (Parameter und Ziele)
- Anhang A: Anwendungsanforderungen
Darüber hinaus sollen noch sektorspezifische ESRS vorgelegt werden.
Liste der Kennzahlen
Die EFRAG hat im Mai 2024 eine Liste der Kennzahlen (List of ESRS Data Points - Implementation Guidance) und begleitende Erläuterungen veröffentlicht. Die Liste der ESRS-Datenpunkte enthält die vollständige Excel-Liste der detaillierten Anforderungen, die in jeder Offenlegungsanforderung und den zugehörigen Anwendungsanforderungen enthalten sind. Die Datei verfügt über zusätzliche Informationen (Spalten), die zum Navigieren und Filtern des Inhalts (d. h. des entsprechenden Absatzes und der Unterabsätze jedes Elements) nützlich sind. Die Liste kann als Grundlage für eine Datenlückenanalyse dienen.
EFRAG: Online-Q&A-Plattform zu den ESRS
Die zahlreichen neuen Anforderungen, die sich aus den ESRS ergeben, stellen die meisten Unternehmen vor große Herausforderungen. Aus diesem Grund hat die EFRAG Ende Oktober 2023 eine Online-Q&A-Plattform zu den ESRS eingerichtet, auf der Unternehmen Fragen zur Implementierung der Standards direkt an die EFRAG-Fachgremien stellen können. Die Plattform soll als zentrale Anlaufstelle dienen, um Stakeholdern systematisch und zielgerichtet Antworten auf Fragen zu geben, die durch die ESRS selbst aktuell nicht hinreichend abgedeckt werden. Die EFRAG plant, im Jahr 2024 in jedem Quartal eine Reihe von Klarstellungen herauszugeben (FAQ-Version Stand Juli 2024).
FAQs der EU-Kommission
Die Europäische Kommission hat Mitte November 2024 eine Bekanntmachung (C/2024/6792) in allen EU-Amtssprachen veröffentlicht, die die Klarstellungen zu den Anforderungen der CSRD (Richtlinie (EU) 2022/2464), der SFDR (Verordnung (EU) 2019/2088) und der ESRS (Delegierte Verordnung (EU) 2023/2772) beinhaltet. Mit der Bekanntmachung will die EU-Kommission die Rechtssicherheit in Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsangaben erhöhen.
Wesentlichkeitsanalyse als zentrales Element
Der Bereich der „Pflichtangaben“ unabhängig von einer Wesentlichkeitsanalyse wurde in den veröffentlichten Standards stark eingeschränkt. Allen der CSRD unterliegenden Unternehmen müssen nun „nur“ noch die Offenlegungspflichten des allgemeinen Berichtsstandards ESRS 2 inklusive Anhang B – unabhängig von den Ergebnissen einer Wesentlichkeitsanalyse – erfüllen.
Alle übrigen in den themenspezifischen Standards genannten Anforderungen müssen daraufhin geprüft werden, ob sie unter Nachhaltigkeits- und/oder Finanzgesichtspunkten für das Unternehmen bzw. seine Standorte wesentlich sind. Die umfangreichen Anforderungen an die Wesentlichkeitsanalyse selbst werden ausführlich und nachvollziehbar beschrieben, die angekündigte Leitlinie liegt aber noch nicht vor.
Wenn das Unternehmen durch die Wesentlichkeitsanalyse feststellt, dass ein themenbezogener Standard insgesamt oder eine bestimmte Offenlegungspflicht nicht wesentlich ist, kann das Unternehmen die Angaben zu diesen Offenlegungspflichten auslassen. Im Fall des ESRS E1 Klimawandel muss es jedoch eine detaillierte Erläuterung dazu vorlegen, warum der Klimawandel für das Unternehmen nicht wesentlich ist. Im Fall anderer themenbezogener Standards reicht eine kurze Erläuterung.
Eine Erklärung, weshalb bestimmte Nachhaltigkeitsthemen als unwesentlich eingestuft wurden, ist nicht mehr verpflichtend in den Nachhaltigkeitsbericht aufzunehmen.
Die EFRAG hat folgende Implementierungsleitfäden zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstandards zur Europäischen CSRD-Richtlinie veröffentlicht.
- Leitfaden zur Umsetzung der Wesentlichkeitsbewertung (Stand Mai 2024)
Kernpunkte- Die ESRS-Nachhaltigkeitserklärung muss relevante und wahrheitsgetreue Informationen zu allen in der Wesentlichkeitsanalyse ermittelten wesentlichen tatsächlichen und potenziellen positiven oder negativen kurz- mittel- und langfristigen Auswirkungen (Nachhaltigkeit und Finanzen) enthalten.
- Die Wesentlichkeitsanalyse berücksichtigt neben den eigenen Tätigkeiten die gesamte vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette des Unternehmens.
- Das Unternehmen legt alle von den Berichtsstandards geforderten Informationen der Nachhaltigkeitsthemen offen, für die Auswirkungen, Risiken oder Chancen (IROs) als wesentlich identifiziert worden sind. Wenn die Auswirkungen, das Risiko oder die Chance nicht oder nicht ausreichend durch die Berichtsstandards abgedeckt sind, muss das Unternehmen eine unternehmensspezifische Offenlegung zu diesem Thema vorlegen.
- Offenlegungsanforderungen (in ESRS 2), die sich mit Querschnittsthemen befassen, sind unabhängig vom Ergebnis der Wesentlichkeitsbewertung zu melden. Informationen zu Richtlinien, Maßnahmen und Zielen sind gemäß den Anforderungen offenzulegen oder deren Fehlen anzugeben. Wenn ein Nachhaltigkeitsthema als wesentlich bewertet worden ist, sind die in den Offenlegungspflichten geforderten Kennzahlen zu ermitteln und offenzulegen.
- Die Berichtsstandards schreiben keinen bestimmten Prozess oder eine bestimmte Reihenfolge für die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse vor. Sie könnte z. B. folgende Schritte umfassen:
a) Kontext verstehen
b) Identifizierung tatsächlicher und potenzieller Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs)
c) Bewertung und Bestimmung der wesentlichen IROs
d) Berichterstattung - Im Prozess der Wesentlichkeitsanalyse werden die Interessen betroffener Stakeholder angemessen berücksichtigt. Die Berichtsstandards schreiben allerdings kein spezifisches Vorgehen bei der Einbindung von Interessenträgern vor.
- Das Unternehmen bewertet die Wesentlichkeit der Auswirkungen anhand der Kriterien Schwere und Wahrscheinlichkeit. Dazu gehört auch die Festlegung geeigneter quantitativer und/oder qualitativer Schwellenwerte für die Berichterstattung. Der Schweregrad basiert auf dem Ausmaß, der Reichweite und der Unheilbarkeit negativer Auswirkungen sowie dem Ausmaß und der Reichweite positiver Auswirkungen.
- Wesentliche Risiken und Chancen für das Unternehmen ergeben sich grundsätzlich entweder aus Auswirkungen oder aus Abhängigkeiten und anderen Risikofaktoren. Unternehmen bewerten die Wesentlichkeit ihrer Risiken und Chancen auf der Grundlage geeigneter quantitativer und/oder qualitativer Schwellenwerte im Zusammenhang mit den erwarteten finanziellen Auswirkungen auf die Leistung, die Finanzlage, die Cashflows und den Zugang zu Finanzmitteln, einschließlich der Kapitalkosten.
- Der Due-Diligence-Prozess kann dabei unterstützen, die tatsächlichen und potenziellen negativen Auswirkungen zu identifizieren und zu bewerten sowie ihre Wesentlichkeit anhand der Kriterien von Schweregrad und Wahrscheinlichkeit zu beurteilen .
- Die Bewertung gemäß den GRI Universal Standards stellt z. B. eine gute Grundlage für die Bewertung der Auswirkungen dar.
- Ein Unternehmen, das die europäischen Berichtsstandards anwendet, sollte in der Lage sein, die nachhaltigkeitsbezogenen Informationen zu Risiken und Chancen gemäß den IFRS-Standards (International Financial Reporting Standards) zur Offenlegung von Nachhaltigkeit (auch bekannt als ISBB-Standards) zu identifizieren und einzuhalten.
- Nach Abschluss des Wesentlichkeitsbewertungsprozesses muss das Unternehmen
a) den Prozess zur Identifizierung und Bewertung seiner wesentlichen IROs (ESRS 2 IRO-1),
b) die Interaktion der wesentlichen IROs mit der Unternehmensstrategie und dem Geschäftsmodell (ESRS 2 SBM-3) und
c) die Offenlegungsanforderungen gemäß ESRS, die über die Nachhaltigkeitserklärung abgedeckt sind (ESRS 2 IRO-2),
offenlegen.
- Leitfaden zur Umsetzung in der Wertschöpfungskette (Stand Mai 2024)
Kernpunkte:- Die Nachhaltigkeitserklärung des Unternehmens muss Informationen über alle wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) enthalten, einschließlich derjenigen, die im Zusammenhang mit seinen Geschäftsbeziehungen in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette auftreten oder auftreten können. Geschäftsbeziehungen beschränken sich nicht auf direkte Vertragsbeziehungen.
- Das Unternehmen ist nicht verpflichtet, in allen Offenlegungen Informationen zur Wertschöpfungskette aufzunehmen, sondern nur, wenn durch die Geschäftsbeziehungen wesentliche IROs entstehen oder entstehen können und wenn die Offenlegungspflicht dies ausdrücklich verlangt.
- Die Wesentlichkeitsbewertung muss daher die Identifizierung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) in der Wertschöpfungskette umfassen. Der Fokus soll darauf liegen, an welchen Stellen in der Wertschöpfungskette (Regionen, Aktivitäten/Sektoren, Betriebe, Lieferanten, Kunden, andere Beziehungen usw.) diese voraussichtlich auftreten werden. Zentrale Offenlegungspflichten zur Wertschöpfungskette finden sich in ESRS 2-SBM-1, -SBM-3 und -IRO-1.
- Die Beschreibung der Richtlinien, Ziele und Maßnahmen muss Informationen über die Berücksichtigung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) in der vor- und/oder nachgelagerten Wertschöpfungskette enthalten.
- Die Standards erfordern vergleichsweise wenige Kennzahlen zur Wertschöpfungskette. Wenn diese aus Sicht des Unternehmen für die Betrachtung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen in der Wertschöpfungskette nicht ausreichen, muss das Unternehmen zusätzlich unternehmensspezifische Offenlegungen, einschließlich Kennzahlen, vornehmen.
- Wenn das Unternehmen nach “angemessenem” Aufwand keine primären Informationen aus der Wertschöpfungskette für die Wesentlichkeitsbewertung oder zur Vorbereitung der Offenlegungen wesentlicher IROs sammeln kann, muss es die fehlenden Informationen schätzen und dabei alle “angemessenen und belegbaren” Informationen verwenden, die ohne “übermäßige Kosten und Aufwand” verfügbar sind. Das Unternehmen muss die Grundlage für die Erstellung der Kennzahlen anhand von Schätzungen sowie den daraus resultierenden Genauigkeitsgrad beschreiben.
- Die Aufnahme von Informationen zur Wertschöpfungskette in die Nachhaltigkeitserklärung hat keinen Einfluss auf die Berichtsgrenzen des Unternehmens (bei Konzernabschluss). Assoziierte und sonstige Beteiligungsunternehmen, die nicht in den Abschluss einbezogen werden, werden wie die übrigen Geschäftsbeziehungen als Akteure in der Wertschöpfungskette, behandelt.
Das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) hat einen kostenfreien, praxisorientierten Leitfaden mit Arbeitshilfe zur Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD veröffentlicht. Die im Leitfaden beschriebene Methode berücksichtigt nicht nur umweltbezogene und soziale Themen, sondern auch für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen relevante wirtschaftliche und technische Themen.
Nachhaltigkeitsaspekte der Wesentlichkeitsanalyse
Bei der Bewertung der Wesentlichkeit berücksichtigt das Unternehmen die folgende Liste von Nachhaltigkeitsaspekten, die in den themenbezogenen ESRS behandelt werden. Wird ein bestimmter Nachhaltigkeitsaspekt aus dieser Liste im Rahmen der Bewertung der Wesentlichkeit des Unternehmens (siehe ESRS 2 IRO-1) als wesentlich bewertet, so erstattet das Unternehmen gemäß den entsprechenden Angabepflichten des jeweiligen themenbezogenen ESRS Bericht. Die Verwendung dieser Liste ersetzt nicht das Verfahren zur Ermittlung der wesentlichen Aspekte.
themenbezogene ESRS | In themenbezogenen ESRS behandelte Nachhaltigkeitsaspekte | ||
Unterthema | Sub-Unterthemen | ||
ESRS E1 Klimawandel |
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ESRS E2 Umweltverschmutzung |
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ESRS E3 Wasser- und Meeresressourcen |
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ESRS E4 Biologische Vielfalt und Ökosysteme |
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Beispiele:
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Beispiele:
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ESRS E5 Kreislaufwirtschaft |
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ESRS S1 Eigene Belegschaft |
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ESRS S2 Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette |
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ESRS S3 Betroffene Gemeinschaften |
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ESRS S4 Verbraucher und Endnutzer |
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ESRS G1 Unternehmenspolitik |
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Übergangsbestimmungen
Die Übergangsbestimmungen, d. h. die Bestimmungen, die zunächst für das erste oder die ersten Jahre ausgenommen sind, wurden um weitere Punkte ergänzt.
Angaben zur Wertschöpfungskette
In Bezug auf die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette gilt in den ersten drei Jahren der Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen des ESRS Folgendes:
- Beschränkung der Informationen auf intern verfügbare Informationen, wie Daten, die dem Unternehmen bereits vorliegen, und öffentlich zugängliche Informationen, und
- Beschränkung auf die Angabe von Datenpunkten, die sich aus anderen EU-Rechtsvorschriften ergeben, die in Anlage B des ESRS 2 aufgeführt sind
Falls in den ersten drei Jahren der Nachhaltigkeitsberichterstattung des Unternehmens im Rahmen des ESRS nicht alle erforderlichen Informationen über seine vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette verfügbar sind, erläutert das Unternehmen die Anstrengungen, die unternommen wurden, um die erforderlichen Informationen zu seiner vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette zu erhalten, die Gründe, warum diese Informationen nicht eingeholt werden konnten, und die Pläne des Unternehmens dahin gehend, diese Informationen künftig zu erhalten.
Die Anforderungen an Informationen über die Wertschöpfungskette während einer dreijährigen Einführungsphase wurden abgeschwächt. Erst ab dem vierten Jahr der Berichterstattung unter ESRS sind die Anforderungen an die Berichterstattung in der Wertschöpfungskette einzuhalten.
Sonstiges
Neben Bestimmungen, die von allen Unternehmen im ersten Berichtsjahr nicht angewendet werden müssen, gibt es nun eine neue Kategorie: Unternehmen bis 750 Mitarbeitern müssen folgende Informationen nicht angeben:
- Im ersten Jahr:
- Klimaschutzstandard ESRS E1-6 – Datenpunkte zu den Scope-3-Emissionen und THG-Gesamtemissionen
- Eigene Belegschaft ESRS S1 – alle Offenlegungspflichten
- In den ersten zwei Jahren – erwartete finanzielle Auswirkungen
- Biodiversität ESRS E4 – alle Offenlegungspflichten
- Mitarbeitende in der Wertschöpfungskette ESRS S2 – alle Offenlegungspflichten
- Betroffene Gemeinschaften ESRS S3 – alle Offenlegungspflichten
- Verbraucher und Endanwender ESRS S4 – alle Offenlegungspflichten
- Einige Berichtsinhalte müssen grundsätzlich im ersten Jahr für alle berichtspflichtigen Unternehmen nicht erbracht werden:
- ESRS 2 SBM-3 – kurz-, mittel- und langfristig erwarteten finanziellen Auswirkungen der wesentlichen Risiken und Chancen des Unternehmens
- Klimaschutzstandard ESRS E1-9 – erwartete finanzielle Auswirkungen wesentlicher physischer Risiken, Übergangsrisiken und Chancen
- Umweltverschmutzung ESRS E2-6 – erwartete finanzielle Auswirkungen aus umweltverschmutzungsbedingten Auswirkungen, Risiken und Chancen
- Wasser ESRS E3-5 – erwartete finanzielle Auswirkungen von Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit Wasser und Meeresressourcen
- Biodiversität ESRS E4-6 – erwartete finanzielle Auswirkungen von Biodiversität und ökosystembezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen
- Kreislaufwirtschaft ESRS E5-6 – erwartete finanzielle Auswirkungen der Ressourcennutzung und Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaft
- Eigene Belegschaft ESRS S1-7, 8, 11, 12, 13, 14, 15 – Merkmale der nicht angestellten Arbeitskräfte, tarifvertragliche Abdeckung in Nicht-EWR-Ländern, Sozialschutz, Prozentsatz der Mitarbeiter mit Behinderungen, Schulungen und Kompetenzentwicklung, Gesundheits- und Sicherheitskennzahlen, Kennzahlen zur Work-Life-Balance
- Folgende Offenlegungspflichten müssen in den ersten drei Jahren nur qualitativ erfüllt werden:
- ESRS 2 SBM-3
- Klimaschutzstandard ESRS E1-9
- Umweltverschmutzung ESRS E2-6
- Wasser ESRS E3-5
- Biodiversität ESRS E4-6
- Kreislaufwirtschaft ESRS E5-6
Umsetzung in der Praxis
Für Erstanwender finden sich ausführliche Leitlinien zur Erstellung des ersten Nachhaltigkeitsberichts auf den Websites der entsprechenden Berichtsstandards. So stellt der Deutsche Nachhaltigkeitskodex beispielsweise in der Orientierungshilfe für Einsteiger die zentralen Schritte zur erfolgreichen Nachhaltigkeitsberichterstattung nach DNK vor. Auf den Seiten der Global Reporting Initiative finden Sie ein eigenes Ressource Center, das die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Unternehmen unterstützen soll.
Die IHK-Organisation hat in Zusammenarbeit mit Value Balancing Alliance und Deloitte den Leitfaden “In fünf Schritten zum Erfolg: Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMU” veröffentlicht, der die geplanten Änderungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung der Europäischen Kommission erläutert und die Schritte hin zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung vorstellt.