Neue Überlegungen zum freiwilligen KMU-Standard zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (VSME)

Nach der Konsultation des Entwurfs eines "Voluntary SME-Standard" (VSME englisch / inoffizielle Übersetzung der Datenpunkte – Excel (XLSX-Datei · 160 KB)) sind Überlegungen der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) zur Überarbeitung des Standardentwurfs zur freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMUs bekannt geworden. Der VSME-Entwurf soll dem "Trickle-down-Effekt" auf nicht der gesetzlichen Berichtspflicht unterliegende kleine und mittlere nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen begegnen, die Lieferanten berichtspflichtiger Unternehmen sind. EFRAG wurde von der EU-Kommission aufgefordert einen freiwilligen Standard zu entwickeln. Es wird erwartet, dass die EFRAG den VSME bis Dezember verabschiedet und der EU-Kommission kurz vor Weihnachten übergibt.

Grundlegendes

Nicht kapitalmarktorientierte kleinste, kleine und mittlere Unternehmen sind von der gesetzlichen Pflicht, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, zwar nicht erfasst. Sie werden in vielen Fällen jedoch von ihren Geschäftspartnern und Kunden aufgefordert, Nachhaltigkeitsinformationen bereitzustellen. Teilweise erhalten sie von ihren Kunden eine Vielzahl unterschiedlicher Fragebögen mit nicht deckungsgleichen Datenanforderungen. Ein europaweiter Standard könnte – bei entsprechender Akzeptanz der Geschäftspartner – die Chance bieten, die mittelbare Belastung der nicht direkt berichtspflichtigen KMU einzudämmen.
Der VSME soll nicht verbindlich sein, sondern eine "freiwillige" Alternative zu den individuellen Fragebögen bieten, die viele KMU von berichtspflichtigen Unternehmen erhalten. Wichtig ist nun zu prüfen, ob der VSME-Entwurf einerseits den Informationsbedarf der berichtspflichtigen Geschäftspartner und Finanzinstitute erfüllen kann und andererseits die vom VSME geforderten Informationen den nicht berichtspflichtigen KMU auch vorliegen. Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, könnte ein künftiger VSME-Standard dazu beitragen, die mittelbare Belastung der KMU zu reduzieren.
Der Bericht gemäß VSME soll jährlich erstellt und unter bestimmten Voraussetzungen als separater Abschnitt im (Konzern-)Lagebericht aufgenommen werden können. Ansonsten ist eine separate Veröffentlichung vorgesehen. Er soll zur gleichen Zeit wie der Jahres-/Konzernabschluss beziehungsweise die Finanzberichterstattung zur Verfügung stehen, soweit diese zu erstellen sind. Bestimmte sensible Informationen darf das Unternehmen weglassen. Ab dem zweiten Jahr sollen Vergleichszahlen zum Vorjahr in den Bericht aufgenommen werden.

Aktueller Diskussionsstand

Basis-Modul:

Das bisherige Basis-Modul (VSME-Entwurf, Stand Januar 2024) soll ergänzt werden durch bisher im narrativen PAT-Modul enthaltene Angaben zu N1 (Strategie, Geschäftsmodell und nachhaltigkeitsbezogene Initiativen) N3 (Management der wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte) sowie N5 (Governance, Zuständigkeiten in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte).
In B1 (Grundlagen für die Vorbereitung) sollen der NACE-Sektor-Code, die Bilanzsumme, Umsatz, Land der wesentlichen Aktivitäten/Niederlassungen sowie ESG-Zertifizierungen etc. aufgenommen werden.
Die bisherige Angabe nach B11 (Angaben zu Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette, betroffene Gemeinschaften, Verbraucher und Endnutzer) soll gestrichen werden.

PAT-Modul:

Das bisherige PAT-Modul soll es nach den derzeitigen Überlegungen nicht mehr geben.

Business Partner Modul:

Das bisherige Business Partner Modul soll wohl umbenannt werden (ggf. Comprehensive-Module), in diesem soll auf die Angaben BP10 (Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben, und BP11, Anzahl der Auszubildenden) verzichtet werden. Eine Wesentlichkeitsanalyse wird nicht mehr gefordert.

Additional Financial Institutions Modul:

Als drittes Modul wird überlegt, ein Additional Financial Institutions Modul aufzunehmen, dass Taxonomie-Angaben sowie von Banken geforderte Kennzahlen enthält. EFRAG hat dazu ein Dokument veröffentlicht, das Datenpunkte enthält, die von Banken gefordert werden.
EFRAG plant, seinen Gremien den überarbeiteten VSME-Standard im Oktober 2024 vorzulegen.

Ursprünglicher Ansatz

Die EU-Kommission hatte die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) mit der Erstellung eines solchen Standards beauftragt. Der erste Entwurf wurde am 22. Januar 2024 veröffentlicht.

Module des VSME

Ein Unternehmen könnte das Basis Modul allein, das PAT-Modul zusammen mit dem Basis Modul, das Business Partner Modul zusammen mit dem Basis Modul oder alle drei Module gemeinsam anwenden. Eine Übersicht über die Datenpunkte in deutscher Sprache (Excel (XLSX-Datei · 160 KB)) gibt eine inoffizielle Übersetzung, die im Rahmen eines Pilot-Projekts zwischen DHBW, DIHK und DRSC entstanden ist.

Basis Modul

Mindestanforderung für alle KMUs bei Anwendung des Standards.
Das Basis-Modul (Basic Module) richtet sich laut VSME-Entwurf an Kleinstunternehmen im Sinne der Rechnungslegungsrichtlinie und enthält die geringsten Anforderungen. Eine Wesentlichkeitsanalyse ist nicht erforderlich. Die inhaltlichen Angaben des Basis-Moduls gliedern sich auf in die Ziffern B 1 bis B 12 und enthalten insgesamt circa 30 Datenpunkte. Die Angaben nach B 1 und B 2 sind grundsätzlich verpflichtend, die Angaben aus B 3 bis B 12, wenn sie für die Kleinstunternehmen zutreffen. Ergänzend steht ein erläuternder Leitfaden (Seite 20ff. des Standardentwurfs) zur Verfügung, der Berechnungsbeispiele, Formeln et cetera enthält.
Die Angaben in B 1 und B 2 fordern Informationen, welches Modul vom Unternehmen angewendet wird, ob es auf konsolidierter Ebene oder individueller Ebene genutzt wird und die Nennung der Tochtergesellschaften. Zudem soll das Unternehmen kurz spezifische Praktiken beschreiben, die auf eine Transition zu einer nachhaltigeren Wirtschaft abzielen, falls diese vorhanden sind.
Zudem sind der Gesamtenergieverbrauch aufgegliedert nach Energieträgern und die Brutto-THG Emissionen anzugeben. Eine Liste inklusive der Menge an Schadstoffen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften gemeldet werden müssen (oder Verweis auf öffentlich zugängliche Informationen (zum Beispiel Homepage)), Wasserverbrauch und -entnahme, Angaben zum Abfall- und Ressourcenmanagement et cetera sind nach dem aktuellen Entwurf ebenfalls gefordert. Soziale Aspekte werden unter anderem mit der Anzahl der Mitarbeiter aufgegliedert nach Vertragsarten, Geschlecht, Ländern sowie zu den Löhnen verlangt.
Das Unternehmen soll auch darüberhinausgehende Informationen qualitativer und quantitativer Art den Datenpunkten von B 3 – B 13 beifügen können. Möglich wären auch Ergänzungen aus dem PAT- und/oder Business Partner Modul.

PAT-Modul (Policies, Actions, Targets)

Für alle KMUs, die sich bereits mit Nachhaltigkeits-Leitlinien, -Strategien, -Zielen und -Maßnahmen auseinandersetzen (wollen)
Das Narrative-Policies, Actions and Targets Module (PAT-Modul) ergänzt das Basis Modul und ist für Unternehmen gedacht, die bereits formalisierte Unternehmensleitlinien, Maßnahmen und Ziele in Bezug auf die Nachhaltigkeit definiert haben (aber nicht berichtspflichtig im Sinne der CSRD) Es bedarf einer Wesentlichkeitsanalyse nach dem VSME-Standardentwurf, um die Offenlegung der wesentlichen Nachhaltigkeitsinformationen sicherzustellen; dabei kann Appendix B des VSME-Entwurfs als Leitlinie für das Unternehmen genutzt werden.
Die Erläuterungen zu Unternehmensleitlinien, Maßnahmen und Ziele (= Policies, Actions and Targets (PAT)), sind in N 1 bis N 5 mit circa 25 Be-/Umschreibungen der Leitlinien, Maßnahmen und Ziele vorgesehen. So soll das Unternehmen die wichtigsten Elemente seiner Strategie und seines Geschäftsmodells sowie die wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte, die sich aus seiner Wesentlichkeitsanalyse ergeben haben, angeben.
Es soll auch erläutern, wie es mit den für ihn wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekten umgeht und welche Maßnahmen es ergriffen hat, um die Energieeffizienz zu verbessern und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, sowie die damit verbundenen möglichen Auswirkungen in Bezug auf finanzielle Risiken und sofern einschlägig, in Bezug auf die Chancen.
Auch sollen Informationen zu sozialen Aspekten und Informationen über die Bekämpfung von Korruption und Bestechung sowie zur Governance und die Verantwortlichkeiten im Unternehmen gegeben werden. Zudem sollen neben den Angaben von B 1 und B 2 die in B 3 bis B 12 enthaltenen Offenlegungsanforderungen erfüllt werden, soweit sie für das Unternehmen von Bedeutung sind.

Business-Partner-Modul

Für alle KMUs, die von Kunden zur Datenlieferung aufgefordert werden.
Das sogenannte Business-Partner-Modul (BP-Modul) soll in Verbindung mit dem Basis Modul aber auch mit dem Basis- und PAT-Modul genutzt werden können. Es enthält weitere Daten, über die Offenlegungen in B 1 bis B 12 hinausgehend, die von Kreditgebern, Investoren, Geschäftspartnern des Unternehmens benötigt werden.
Es bedarf einer Wesentlichkeitsanalyse nach dem VSME-Standardentwurf, um die Offenlegung der wesentlichen Nachhaltigkeitsinformationen sicherzustellen; dabei kann Appendix B des VSME-Entwurfs als Leitlinie für das Unternehmen genutzt werden. Das Unternehmen soll entsprechend BP 1 bis BP 11 circa 35 Datenpunkte und Beschreibungen angeben. Beispielsweise, ob das Unternehmen in bestimmten Risikosektoren tätig ist, die Geschlechterdiversität im Leitungs- beziehungsweise Kontrollorgan und wenn es Emissionsreduktionsziele für sich festgelegt hat, sollen diese auch aufgenommen werden.
Es soll auch Informationen zu seinem Übergangsplan für die Minderung des Klimawandels und die erwarteten finanziellen Auswirkungen angeben, die sich aus physischen Risiken des Klimawandels auf das Unternehmen ergeben können. Gefährliche und/oder radioaktive Abfälle sollen ebenfalls in den Bericht aufgenommen werden.
Zudem soll angegeben werden, ob die internen Leitlinien des Unternehmens mit den internationalen Leitlinien, wie den UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechten, vereinbar sind, das Unternehmen Prozesse eingerichtet hat, die die Einhaltung unter anderem der OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen sichern und ob gegebenenfalls Verstöße im Zusammenhang mit der eigenen Belegschaft vorliegen.
Auch sind Angaben zu Anspruch und Nutzung familienbezogener Freistellungen und zur Anzahl der Auszubildenden vorzunehmen.
Ein Leitfaden steht für die Angabepflichten von BP 1 bis B 11 auf Seite 36ff. zur Verfügung.
(Quelle DIHK)