Neuregelungen 2024

Modernisierung des Personengesellschaftsrechts: Welche Neuregelungen kommen 2024 und wo besteht Handlungsbedarf?

Das neue Jahr bringt mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts zahlreiche Änderungen mit sich. Hier haben wir Ihnen einen Überblick über die zentralen Neuerungen und ihrer Konsequenzen erstellt.
Zum 1. Januar 2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG, GmbH & Co. KG) und die Partnerschaftsgesellschaft (mit beschränkter Berufshaftung) kommen daher weitreichende Änderungen zu. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Neuregelungen ist dringend zu empfehlen, um erforderlichenfalls Anpassungen an bestehenden Gesellschaftsverträgen vornehmen und bei Neugründungen die künftige Gesetzeslage berücksichtigen zu können. Hier erhalten Sie einen (nicht abschließenden) Überblick über zentrale Neuerungen und die Konsequenzen, die sich für Gesellschaften und deren Gesellschafter ergeben.

Welche wesentlichen Veränderungen bringt das MoPeG mit sich?

  • Für GbRs wird – ähnlich zum Handelsregister – ein GbR-Register (eGbR) eingeführt. Die Registrierung im GbR-Register ist in den meisten Fällen freiwillig. Vorteil einer Registrierung ist die (spätere) Möglichkeit eines Rechtsformwechsels, beispielsweise in eine GmbH nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG). Zwingend ist eine Eintragung im GbR-Register jedoch, wenn die GbR selbst als Rechtsinhaberin in andere Register eingetragen werden soll, zum Beispiel als Eigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch oder als Gesellschafterin einer GmbH in der Gesellschafterliste.
  • Die Stimm- und Gewinnrechte richten sich bei einer GbR künftig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen. Sind solche nicht vereinbart, kommt es auf den vereinbarten Wert der Beiträge an. Sind auch Werte der Beiträge nicht vereinbart worden, hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf den (tatsächlichen) Wert seines Beitrags die gleiche Stimmkraft und einen gleichen Anteil am Gewinn und Verlust (§ 709 Abs. 3 BGB n. F.). Sofern ein Gesellschaftsvertrag hierzu bislang keine klaren Regelungen enthält, können sich zum 1. Januar 2024 unter Umständen (ungewollt) die Beteiligungsverhältnisse am Gewinn und Verlust der Gesellschaft verschieben.
  • Bei einer GbR ist künftig eine Beschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis einem Dritten gegenüber unwirksam (§ 720 Abs. 3 BGB n. F.). Eine wirksame Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber Dritten kann daher deutlich schneller und leichter eintreten als nach der bisherigen Rechtslage. Problematisch sind nunmehr auch Regelungen im Gesellschaftsvertrag, bei denen ein Gesellschafter nur eine Vertretungsbefugnis in dem Umfang erhält, in dem er auch (im Innenverhältnis) zur Geschäftsführung berechtigt ist.
  • Neben der ordentlichen und außerordentlichen Kündigung besteht bei einer GbR – gewissermaßen als Pendant zur Auflösungsklage bei den Personenhandelsgesellschaften (§ 139 HGB n. F.) – künftig die Möglichkeit zur Kündigung der Gesellschaft (§ 731 BGB n. F.) mit der Folge, dass die Gesellschaft aufgelöst wird. Ein Ausschluss oder eine Umgehung dieses Kündigungsrechts kann im Gesellschaftsvertrag nicht wirksam vereinbart werden. Die Kündigung der Gesellschaft kommt zwar immer nur als letztes Mittel in Betracht, weshalb beispielsweise im Einzelfall das Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters vorrangig sein kann. Dennoch kann und wird die Neuregelung in der Praxis zu erheblichen Konflikten und Rechtsunsicherheit führen. Gerade bei Gesellschafterstreitigkeiten stellt die Option der Kündigung der Gesellschaft – und wenn auch nur unter taktischen Gesichtspunkten – ein massives Druckmittel dar.
  • Auch ohne Vereinbarung einer sogenannten Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag scheidet ein Gesellschafter einer GbR im Falle von Kündigung oder Tod künftig aus der Gesellschaft aus. Die Gesellschaft wird dann mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt. Zu einer Liquidation kommt es – im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage – nur noch, wenn die Gesellschafter dies explizit vereinbaren.
  • Scheidet ein Gesellschafter aus einer GbR aus, so erhält er künftig eine dem Wert seines Anteils angemessene Abfindung (§ 728 BGB n. F.). Bislang war für die Bestimmung der Abfindung eine Bewertung der Gesellschaft (insgesamt) vorzunehmen und hiervon ein Anteil in Höhe der quotalen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zu bilden (sogenannte indirekte Bewertung). Der neue Gesetzeswortlaut lässt nunmehr den Schluss zu, dass nur noch eine Wertermittlung bezogen auf den konkreten Gesellschaftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters erfolgt. Für die Höhe der Abfindung kann dies zu erheblichen Abweichungen (nach oben oder nach unten) führen. § 728 BGB n. F. ist abdingbar. Um Rechtsklarheit zu diesem wirtschaftlich ganz wesentlichen Thema zu schaffen, sollte daher künftig dringend eine klare Regelung hierzu im Gesellschaftsvertrag erfolgen.
  • Für Personenhandelsgesellschaften enthalten die §§ 110 ff. HGB n. F. ein gänzlich neues Beschlussmängelrecht. Künftig wird zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen differenziert. Diese Regelungen gelten für GbRs nicht. Es besteht für GbR-Gesellschafter jedoch die Option, sich im Gesellschaftsvertrag aktiv für ein solches Modell auch in ihrer Gesellschaft zu entscheiden (sogenanntes Opt-in). Je nach Struktur und Größe der konkreten Gesellschaft kann dies gerade bei Gesellschafterstreitigkeiten für mehr Rechtssicherheit sorgen.
  • Schlussendlich stehen die Personenhandelsgesellschaften künftig auch Angehörigen der Freien Berufe als mögliche Rechtsform zur Verfügung. Voraussetzung dafür ist, dass das jeweils einschlägige Berufsrecht dies zulässt (§ 107 HGB n. F.). Denkbar wären daher beispielsweise Rechts- und/oder Steuerberatungsgesellschaften in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG.

In welchen Fällen besteht Handlungsbedarf?

Sofern bei Gesellschaften bislang noch kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existiert, ist angesichts der umfangreichen Neureglungen dringend zu empfehlen, einen solchen nunmehr abzuschließen. Aber auch bei bereits existierenden Verträgen sollten diese auf Aktualität und vor dem Hintergrund der umfangreichen Neuerungen auf Anpassungsbedarf überprüft werden. Insbesondere ist zu klären, ob bestimmte Punkte im Vertrag nur unzureichend oder möglicherweise gar nicht geregelt sind. Ist dies der Fall, kommt es zu einem Rückgriff auf die gesetzlichen Regeln. Diese stellen sich unter dem MoPeG ab dem 1. Januar 2024 aber in vielen Bereichen anders dar als noch unter Zugrundelegung des alten Rechts.

Handlungsempfehlungen und Lösungsoptionen für die Praxis

Die Neuregelungen geben für Gesellschafter Anlass, sich mit der eigenen Interessenslage und den bestehenden Vertragswerken auseinander zu setzen. Nur so lassen sich frühzeitig praktikable Lösungen für einen möglichen Konfliktfall finden. Aufgrund des durchaus erheblichen Nachteils der nicht abdingbaren Möglichkeit der Kündigung der Gesellschaft bei einer GbR sollten Gesellschafter dringend darüber nachdenken, ob nicht ein Wechsel in eine Partnerschaftsgesellschaft (bei Freiberuflern) oder in eine OHG/KG eine Alternative sein könnte. Ein Wechsel in eine andere Gesellschaftsform sollte aber rechtlich gut durchdacht und vorbereitet werden, denn auch hier müssen nachteilhafte Gesetzesbestimmungen (zum Beispiel Ausschluss eines Gesellschafters nur durch gerichtliche Gestaltungsklage, § 9 Abs. 1 PartGG und §§ 130 Abs. 1 Nr. 5, 134 HGB n. F.) durch individuelle Regelungen im Gesellschaftsvertrag ersetzt werden.
Dr. Matthias Wallimann

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Mössner & Partner mbB

Maximilian Eh
Rechtsanwalt
Mössner & Partner mbB