aktuelle Entwicklungen

Lohnsteuer aktuell

Das erste Quartal des Jahres ist vorüber. Zeit für eine Zwischenbilanz zu aktuellen Entwicklungen im Bereich der Lohnsteuer.

Wachstumschancengesetz

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 22. März 2024 dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zugestimmt. Die wichtigsten Aspekte des Gesetzes für Arbeitgeber stellen wir nachfolgend vor:
  • Anhebung der Freigrenze für die Abzugsfähigkeit von Geschenken an Geschäftsfreunde nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG von 35 auf 50 Euro (Anwendung: Wirtschaftsjahre mit Beginn nach dem 31. Dezember 2023). Wir empfehlen, die Anpassung zu nutzen, um die internen Prozesse zur steuerlichen (Umsatzsteuer, Ertragsteuer, Pauschalsteuer nach § 37b Abs. 1 EStG) Behandlung von Geschenken allgemein zu überprüfen. Nicht mehr enthalten ist die Anhebung des Freibetrags im Rahmen von Betriebsveranstaltungen. Es bleibt hier also bei dem Freibetrag gemäß § 19a EStG in Höhe von 110 Euro.
  • Anhebung des Höchstbetrags bei der begünstigten Versteuerung von rein elektrischen Firmenfahrzeugen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 Nr. 3 EStG) auf 70.000 Euro (Anwendung: Anschaffungen nach dem 31. Dezember 2023). Die geplante Änderung bei Hybridfahrzeugen wurde ersatzlos gestrichen.
  • Wegfall der Pauschalierungsbegrenzung bei Gruppenunfallversicherungen (Anwendung: ab Lohnsteuerabzug 2024).
  • Anhebung der Übernachtungskostenpauschale nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5b S. 2 EStG für Berufskraftfahrer bei Übernachtung im Fahrzeug auf 9 Euro (Anwendung: ab Veranlagungszeitraum 2024). Die geplante Anhebung der Verpflegungspauschalen für Auswärtstätigkeiten ist nicht erfolgt. In der Praxis haben die Autoren in den vergangenen Wochen festgestellt, dass einige Arbeitgeber die ursprünglich geplante Erhöhung bereits zum Jahreswechsel umgesetzt haben und dementsprechend Korrekturbedarf besteht.
  • Wegfall der sogenannten Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG (ab Veranlagungszeitraum 2025) im Lohnsteuerabzugsverfahren. Aufgrund der weiterhin bestehenden Bescheinigungspflichten dürfte die administrative Erleichterung in der Personalabteilung jedoch überschaubar sein.

Erste Erfahrungen mit den neuen Lohnsteuerhinweisen 2024

Besonders die Hinweise H 3.37 zum fahrradtypischen Leasingzubehör dürften zu Beginn der Fahrradsaison von besonderer praktischer Bedeutung sein. Vielfach bieten Arbeitgeber ihren Beschäftigten sogenannte Jobräder im Rahmen von Barlohnumwandlungsmodellen an. In der Gehaltsabrechnung wird der monatliche geldwerte Vorteil für die private Nutzung mit 0,25 Prozent des (abgerundeten) Bruttoherstellerpreises inklusive der Kosten für das fahrradtypische Zubehör berücksichtigt.
Fahrradtypisches Zubehör sind alle unselbstständigen Einbauten, die fest am Fahrradrahmen oder mit anderen Fahrradteilen verbaut sind, zum Beispiel Fahrradständer, Gepäckträger, Schutzbleche, Klingel, Navigationsgeräte sowie andere angebaute Träger oder modellspezifische Halterungen.
Nicht in den Bruttoherstellerpreis einzubeziehen ist dagegen selbstständig nutzbares Zubehör wie eine Fahrerausrüstung, in modellspezifischen Halterungen einsetzbare Geräte (zum Beispiel Smartphone, mobiles Navigationsgerät) sowie Lenker, Rahmen- oder Satteltaschen und Fahrradkorb oder ein kompletter Fahrradanhänger. Dieses Zubehör ist separat lohnsteuerlich nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG zu würdigen. Arbeitgeber sollten in diesem Zusammenhang das Gespräch mit dem Leasinganbieter suchen und die Gewährung von Zubehör streng prüfen, um mögliche Haftungsrisiken und administrativen Aufwand zu vermeiden.

Highlights aus der Rechtsprechung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im ersten Quartal des Jahres 2024 bereits praxisrelevante Entscheidungen veröffentlicht.

Ordnungsgemäßheit eines elektronischen Fahrtenbuchs – Urteil vom 12. Januar 2024 (VI B 37/23)
Inhaltlich hält der BFH damit an den strengen Anforderungen für ein Fahrtenbuch fest und konkretisiert diese für das elektronische Fahrtenbuch. Eine Fahrtenbuchdatei aus einem Computerprogramm ist demnach formgerecht, wenn nachträgliche Veränderungen nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder zumindest in der Datei selbst dokumentiert und offengelegt werden. Nicht ausreichend ist es, wenn weitere Listen oder Auskünfte für die Prüfung erforderlich sind.

Zutreffende Ermittlung der (lohnsteuerlichen) Bemessungsgrundlage bei VIP-Logen – Urteil vom 23. November 2023 (VI R 15/21)
Leergebliebene Plätze beziehungsweise nicht abgerufene Kontingente begründen keine Zuwendung an Mitarbeiter oder Geschäftskunden. Derartige Aufwendungen sind damit bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage einer Pauschalversteuerung nach § 37b EStG nicht zu berücksichtigen.
Verbleibende Aufwendungen können zudem geschätzt werden, wenn der tatsächliche Wert der einzelnen Plätze und/oder der Werbeanteil je Veranstaltung nicht ermittelt werden kann.
Ein geldwerter Vorteil kann durch die Teilnahme eigener Arbeitnehmer ausgeschlossen sein, sofern der Arbeitnehmer teilnehmende Geschäftspartner betreut und eine „Gastgeberrolle“ wahrnimmt. Dies ist im Einzelnen nachzuweisen und vom Arbeitgeber zu dokumentieren.
Damit eröffnet der BFH rechtzeitig zur Fußballeuropameisterschaft 2024 einerseits Argumentationsspielräume, bestärkt aber auch die Wichtigkeit einer guten Dokumentation.
Abzuwarten bleibt das Ergebnis aus der mündlichen Verhandlung vor dem BFH vom 27. März 2024 zum sachlichen Anwendungsbereich der Betriebsveranstaltung (R VI R 5/22). Während der mündlichen Verhandlung hat das Gericht durchblicken lassen, dass für die Anwendung des § 40 Abs. 2 EStG (25 Prozent Pauschalversteuerung) ein „Offenstehen der Veranstaltung für alle Mitarbeiter“ nicht erforderlich ist. Sollte sich dieser Eindruck aus der Diskussion in der mündlichen Verhandlung bestätigen, würde dies den Anwendungsbereich der günstigen (und sozialversicherungsfreien) Pauschalierung enorm ausweiten.

Sandra Guyot, LL.M.
Rechtsanwältin, Senior Manager, Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München

Michael Faulhaber
Steuerberater, Senior Manager, Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Stuttgart