Baden-Württemberg
Arbeitsentwurf eines Rohstoffkonzepts für Baden-Württemberg vorgelegt
Stuttgart/Karlsruhe, 17.07.2020. Das Umweltministerium hat einen Arbeitsentwurf „Nachhaltige Nutzung mineralischer Rohstoffe in Baden-Württemberg – Konzept“ erarbeitet. Das Rohstoffkonzept fokussiert sich auf heimische mineralische Rohstoffe, deren Sicherung und Gewinnung, ohne Energie- und Metallrohstoffe zu betrachten, welche wiederum von der Landesstrategie Ressourceneffizienz mitberücksichtigt werden. Der Rohstoffkonzept-Entwurf kann z. B. für rohstoffgewinnende Betriebe, Bauwirtschaft; Zementindustrie; Industrieunternehmen; Recyclingunternehmen wichtig sein.
Die IHK Karlsruhe hat die wichtigsten Aspekte zusammengefasst:
I. Ziel
Das Rohstoffkonzept fokussiert sich auf Sicherung und Gewinnung der heimischen mineralischen Rohstoffe, ohne Energie- und Metallrohstoffe zu betrachten. In diesem Zusammenhang soll auf die Nachhaltigkeit, die Belange der betroffenen Bevölkerung, der Siedlungsentwicklung für Industrie, Gewerbe und Wohnraum, den Natur-, Arten- und Grundwasserschutz sowie die Land- und Forstwirtschaft geachtet werden.
Ziel ist, dass der wachsende Rohstoffbedarf möglichst regional gedeckt werden sollte. Recycling, Ressourceneffizienz und nachwachsende Rohstoffe sollen dabei wesentliche Ansätze bilden, um die Primärrohstoffnutzung zu verringern. Mit dem neuen Rohstoffkonzept sollen z. B. Aspekte der Nachhaltigkeit wie Baustoffrecycling, Optimierung von Stoffströmen sowie die dauerhafte regionale Baustoffversorgung mit kurzen Transportwegen berücksichtigt werden.
Mineralischen Rohstoffe des Landes: Zu den mineralischen Rohstoffen in Baden-Württemberg gehören: Kiese und Sande, Natursteine, Naturwerksteine, Zementrohstoffe, grobkeramische Rohstoffe, hochreine Kalksteine, Quarzsande sowie Sulfatgesteine; Steinsalz, Fluss- und Schwerspat.
II. Leitlinien und Inhalt
Das Konzept für Baden-Württemberg soll sich an den nachfolgenden Leitlinien orientieren:
1. Senkung des Primärrohstoffverbrauchs durch Steigerung von Ressourceneffizienz bei der Verwendung, Recycling und Substitution
Grundsätzlich soll die Bereitstellung möglichst hochwertiger, qualitätsgesicherter Sekundärrohstoffe angestrebt werden. Der Einsatz von ressourcenschonendem Beton (R-Beton) und die Wiederverwendung von Ausbauasphalten (RC-Asphalt) sind hierfür gute Beispiele.
Für bisher nicht genutzte Materialien, die bei Rohstoffgewinnung, Recycling oder bei Baumaßnahmen anfallen, sollen möglichst Märkte gefunden bzw. Verwertungskonzepte ausgearbeitet werden. Innovative Ansätze, zum Beispiel auf dem Sektor der Zement- und Asphaltherstellung, sind ein Beispiel für die Entwicklung ressourcenschonenderer Lösungen.
Neben der Herstellung von Recyclingprodukten, der höherwertigen Verwertung von Abraum und der Verwertung bisher gar nicht genutzter Anteile von Abraum soll ein schonender Umgang mit den heimischen mineralischen Rohstoffen auch durch Substitution durch andere Primärrohstoffe oder durch nachwachsende Rohstoffe, insbesondere Holz erfolgen. Das Land verfolgt das Ziel, insbesondere Holz einer langfristigen stofflichen Holzverwendung zuzuführen und den wertvollen Rohstoff kaskadenförmig zu nutzen.
Ressourceneffizienz, Recycling und Substitution sollen in der Bauwirtschaft als besonders ressourcenintensivstem Wirtschaftssektor gesteigert werden. Dabei besteht ein hoher Bedarf an großen Mengen heimischer mineralischer Rohstoffe wie Natursteinen, Kiesen und Sanden. Zugleich produziert der Bausektor mit großem Abstand das größte Abfallaufkommen. Hier soll der Grundsatz gelten: Der Einsatz von Rohstoffen ist auf das technisch mögliche Mindestmaß zu beschränken, der Einsatz von Sekundärrohstoffen hat – soweit nicht unwirtschaftlich - Vorrang vor dem Einsatz von Primärrohstoffen. Durch Recyclingbaustoffe und -materialien soll die Möglichkeit bestehen, die anfallenden mineralischen Bauabfälle zumindest in Anteilen wieder in den Hoch- und Tiefbau zurückzuführen und somit Kreisläufe zu schließen.
Angebot und Nachfrage nach Recyclingbaustoffen und -materialien soll gesteigert werden. Neben der Herstellung von Recyclingprodukten und der höherwertigen Verwertung von Abraum und bisher nicht verwendeten Anteilen soll ein schonender Umgang mit den heimischen mineralischen Rohstoffen auch durch Substitution durch andere Primärrohstoffe erfolgen.
2. Nachhaltige Sicherung der Rohstoffversorgung auch für zukünftige Generationen: Rohstoffsicherung beginnt laut Konzept mit den Regionalplänen, die sich an der rahmensetzenden integrierenden Landesentwicklungsplanung orientieren. Tragfähige Festlegungen im Land und in den Regionen sind laut Konzept nur auf der Grundlage aussagekräftiger Bedarfsprognosen für die heimischen Rohstoffe möglich. Belastbare Bedarfsprognosen benötigen ihrerseits präzise Daten über Rohstoffvorkommen, Abbau und Stoffströme. Über die Ausweisung von Vorranggebieten zur Rohstoffsicherung in der Regionalplanung werden die Weichen gestellt, in welchen Gebieten und in welchem Umfang ein Rohstoffabbau in Zukunft stattfinden kann. Hierdurch soll eine bedarfsgerechte und verbrauchernahe Versorgung mit heimischen mineralischen Rohstoffen sichergestellt werden.
Zukunftsfähige Rohstoffsicherung muss sich gemäß dem Konzept an Nachhaltigkeitskriterien ausrichten. Des Weiteren tragen die Berücksichtigung von Effizienzgesichtspunkten und die Festlegung von für Umwelt und Natur wertvollen Nachnutzungen zu einer besseren Akzeptanz bei. Den Trägern der Regionalplanung kommt – so das Konzept - eine besondere Verantwortung für eine sichere und nachhaltige Rohstoffversorgung in Baden-Württemberg zu. Sie tragen wesentlich zur Rohstoffsicherung über die Festlegungen in den von ihnen zu erstellenden Regionalplänen bei. Über die Regionalpläne werden die Weichen gestellt, wo und in welchem Zeitraum in Baden-Württemberg künftig Rohstoffe abgebaut werden können. Im Bereich der Rohstoffsicherung geht eine wesentliche Lenkungswirkung von der Bedarfsprognose aus, die der Regionalplanung zugrunde gelegt wird. Des Weiteren müssen Nachhaltigkeitskriterien und Umweltgesichtspunkte bei der Erstellung der Bedarfsprognose einbezogen werden.
Zur Schonung der heimischen Rohstoffe müssen Recycling und Substitution gefördert, weiter ausgebaut und vermehrt eingesetzt werden.
Abgaben auf Rohstoffgewinnung zur Steuerung des Rohstoffbedarfs stehen seit Jahren in der öffentlichen und politischen Diskussion. Mit solchen Abgaben ist – so das Konzept - die Erwartung verbunden, steuernd auf Rohstoffabbau und Rohstoffexporte zu günstigen Preisen einzuwirken, sowie Anreize zu mehr Bemühungen um Substitution und Recycling zu schaffen. Im Konzept wird vorgeschlagen, fundierte Kenntnisse der tatsächlichen und rechtlichen Hintergründe, Zusammenhänge und Voraussetzungen für eine sachliche, verantwortungsvolle und zielführende Diskussion über Rohstoffabgaben zu erlangen. Daran anschließend empfiehlt sich gegebenenfalls eine weitere Untersuchung der rechtlichen Grundlagen und möglichen Ausgestaltungsfragen und Auswirkungen.
3. Nachhaltigere und ressourcenschonendere Primärrohstoffgewinnung
Gemäß dem Konzept verlangt die nachhaltigere Gewinnung von heimischen mineralischen Rohstoffen einen effizienten umweltschonenden Abbau, der zwangsläufig notwendige Eingriffe in die Natur minimiert und durch eine optimierte Nachnutzung von Abbaustätten teilweise wieder ausgleicht oder im besten Fall überkompensiert. Im Hinblick auf die nachhaltigere Gewinnung von heimischen mineralischen Rohstoffen ist auf eine hocheffiziente Nutzung von Lagerstätten unter Beachtung der Versorgungssicherheit zu achten.
In der Naturschutzstrategie Baden-Württemberg hat sich das Land vorgenommen, unter bestimmten Voraussetzungen Abbaustätten als Trittsteine und Ausbreitungsinseln für Tier- und Pflanzenarten in den landesweiten Biotopverbund einzubeziehen.
4. Steigerung der Akzeptanz für die Nutzung, die Sicherung und die Gewinnung heimischer mineralischer Rohstoffe in der Bevölkerung
Das Konzept erläutert, dass Bürgerinnen und Bürger von Anfang an über Sinn und Zweck der Gewinnung heimischer mineralischer Rohstoffe informiert werden sollten, damit trotz divergierender Interessen von Unternehmen der Rohstoffwirtschaft, Nachbarn und Verbänden in konkreten Sachverhalten sachgerechte Entscheidungen getroffen werden können. Auf die Gewinnung heimischer mineralischer Rohstoffe wird gemäß Konzept man auch künftig nicht verzichten können. Daher gilt es die Akzeptanz für die Gewinnung heimischer mineralischer Rohstoffe in der Bevölkerung allgemein und im Einzelfall zu verbessern. Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit sollte elementarer Bestandteil jedes Verfahrens sein. Die Rohstoffgewinnungsunternehmen sollten laut Konzept die vorhandenen Instrumente für eine Öffentlichkeitsbeteiligung nutzen und möglichst frühzeitig und mit größtmöglicher Transparenz informieren und die Öffentlichkeit beteiligen und dabei auch ihre positiven Beiträge zum Beispiel für den Umweltschutz oder ihr Engagement für nachhaltiges Wirtschaften in der Öffentlichkeit offensiv vertreten.
III. Maßnahmen
Das Land sieht in seinem Konzept 45 Maßnahmen vor. Maßnahmen sind z. B.:
- M 1 Weitere Steigerung des Einsatzes von Sekundärrohstoffen
- M 4 Bewertungssystem (Gütesiegel) für die Rückbaubarkeit und die Recyclingfähigkeit von Bauprodukten
- M 5 Märkte für bisher nicht genutzte Materialien schaffen
- M 6 Verwertung von Abraum und Abfall aus Großbaustellen
- M 7 Nutzung von nachwachsenden Baumaterialien unter Berücksichtigung von Ökonomie und Ökologie
- M 9 Rohstoffsicherung – Flächeneffizienter Rohstoffabbau und Dezentralität
- M 10 Vorausschauende Planung durch frühzeitige Erkundungsmaßnahmen
- M 11 Konkretisierung des „regionalen Bedarfs“
- M 13 Optimierte Bedarfsprognose – Belastbare Daten zur Abschätzung von Stoffströmen
- M 17 Optimierte Bedarfsprognose - Frühzeitige Information über betriebliche Bedarfsänderungen
- M 19 Beibehaltung der Anwendung von Zuschlägen – Zuschlagshöhe in Abhängigkeit vom Erkundungsgrad
- M 21 Langfristige Rohstoffsicherung mittels Vorrang- und Vorbehaltsgebieten
- M 23 Stärkung des Vollzugs
- M 26 Optimierung der Abbaumethoden zur Vermeidung der Feinsediment-Problematik
- M 27 Lagerstättengerechte Anlage von Flachwasserzonen
- M 29 Prüfung der Möglichkeiten zur Verbesserung des Artenschutzes
- M 30 Entwicklung von Kriterien für die Überprüfung von Rekultivierungsplanungen
- M 31 Überprüfung der Barrierendefinition bei Rohstoffabbaustätten im Biotopverbund
- M 32 Prüfung von Änderungen der Vorgaben im Naturschutz- und Forstrecht
- M 38 Qualifikation der Verfahrensbeteiligten bei Öffentlichkeitsbeteiligung
- M 39 Einsatz von Mediationsverfahren
- M 43 Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch – Runder Tisch Rohstoffe (u. a. unter Beteiligung des ISTE)
- M 44 Broschüre „Nachhaltiger Umgang mit heimischen mineralischen Rohstoffen“ in der Serie „Gut zu wisseN!“
- M 45 Teilnahme der rohstoffgewinnenden Industrie an der WIN!-Charta
Anmerkungen zum Arbeitsentwurf des Umweltministeriums können betroffene Unternehmen bis zum 28.7.2020 an ihre zuständige IHK übermitteln.
Quelle: IHK Karlsruhe