Besorgniserregende Stoffe

Meldepflicht für SCIP-Datenbank kommt 2021

Trotz eines Gesuchs um Fristverschiebung soll Anfang 2021 die SCIP-Datenbank der Europäischen Chemikalienagentur an den Start gehen. Für Unternehmen, die besonders besorgniserregende Stoffe melden müssen, bedeutet das einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand. Unklar ist, ob die europäische Abfallrahmenrichtlinie bis dahin in deutsches Recht umgesetzt wird. In einem Webinar am 19. November können sich Unternehmen über die geplante Datenbank informieren.
Autor: Peter Sülzen, IHK Offenbach, 10. November 2020

Meldepflicht für besorgniserregende Stoffe

Ein Lieferant von Erzeugnissen (egal ob Produzent, Importeur oder „nur“ Händler) muss gemäß Artikel 33 der europäischen Chemikalien-Verordnung REACH seine Abnehmer informieren, sofern ein besonders besorgniserregender Stoff (substance of very high concern - SVHC) in einer Konzentration von über 0,1 Massenprozent im Erzeugnis enthalten ist. Die SVHC-Stoffe werden auf der so genannten Kandidatenliste der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) gelistet, die mehrfach im Jahr erweitert wird. Das ist soweit seit Jahren gängige Praxis.
Nun ist im Bemühen um die Förderung der Kreislaufwirtschaft in Europa aber aufgefallen, dass genau diese SVHC-Stoffe in Erzeugnissen nicht nur während deren Lebensdauer ein Problem sein könnten. Sie haben möglicherweise auch am Ende der Lebensdauer der Erzeugnisse schädliche Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit, mit entsprechenden negativen Folgen bei der Behandlung und beim Recyceln dieser Abfälle.

Datenbank für SVHC-Stoffe

Im Zuge der Umsetzung des 2015 beschlossenen Europäischen Aktionsplans für mehr Kreislaufwirtschaft, trat 2018 die geänderte Europäische Abfallrahmenrichtlinie in Kraft. Darin wird der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) die Aufgabe zugewiesen, eine Datenbank mit Informationen über diese Erzeugnisse einzurichten, die SVHC-Stoffe enthalten. Mithilfe der Informationen aus der Datenbank sollen Abfallbewirtschaftungseinrichtungen dann diese Erzeugnisse besser sortieren und recyceln können, wodurch letztlich die Behandlung dieser Abfälle weiter verbessert und insgesamt die Erzeugung von Abfällen, die gefährliche Stoffe enthalten, verringert werden. Ein hehres Ziel und für betroffene Unternehmen soweit – in der Theorie - auch nicht besonders dramatisch. Denn ob man die gleichen Informationen, die man nach REACH ohnehin seinem Abnehmer zur Verfügung stellen muss, auch gleichzeitig der ECHA zur Verfügung stellt, ist zwar ein gewisser Mehraufwand, aber vermutlich nicht gravierend.
Allerdings sind es in der Praxis nicht die gleichen Informationen! Denn die Pflichtangaben in der Datenbank, die die ECHA zur Erfüllung der Anforderungen aus der Abfallrahmenrichtlinie (SCIP-Datenbank*) formuliert hat, gehen weit über die Informationsanforderungen nach der REACH-Verordnung hinaus.

SCIP-Meldepflicht in Deutschland

Wie jede europäische Richtlinie muss auch die Abfallrahmenrichtlinie in Deutschland (durch Gesetz oder Verordnung) in deutsches Recht umgesetzt werden. Dies geschieht im § 16f des Chemikaliengesetzes. Darin heißt es zur SCIP-Meldepflicht sinngemäß, dass die nach der Abfallrahmenrichtlinie erforderlichen Informationen der Europäischen Chemikalienagentur „zur Verfügung zu stellen“ sind.
Aber was bedeutet nun „zur Verfügung stellen“? Das soll nun eine (weitere) Rechtsverordnung festlegen, die jedoch nach Aussage des Bundesumweltministeriums bis zum Start der SCIP- Meldepflicht am 5. Januar 2021 noch gar nicht zur Verfügung stehen wird. Wann diese Verordnung kommen wird, ist noch nicht absehbar.
Natürlich könnte es am Ende durch diese angekündigte Verordnung dazu kommen, dass betroffene Unternehmen (auch die Zusatzinformationen) in die Datenbank eintragen müssen. Genauso gut kann es passieren, dass bei fehlender Nutzung der Datenbank der ECHA die Europäische Kommission entsprechende Beschwerden an die Mitgliedstaaten richtet und dann auf Gerichtswegen entschieden wird, dass „zur Verfügung stellen“ im Sinne des Gesetzes (dessen Ziel ja die Umsetzung der Richtlinie und damit de facto die Nutzung der Datenbank ist) nichts anderes bedeuten kann als „in die Datenbank eintragen“. Auch können entlang der Lieferkette Forderungen etwa an Zulieferer gestellt werden, dass die Vorprodukte konform in die Datenbank eingetragen sind. In manchen EU-Mitgliedstaaten wird im nationalen Gesetz ebenfalls die unmittelbare Eintragung in die Datenbank gefordert. Notwendig gewesen wäre dieses Durcheinander aber nicht, zumal die Industrie- und Handelskammern mehrfach in Brüssel interveniert und auf diese Problematik aufmerksam gemacht haben.

Was können betroffene Unternehmen nun tun?

Die IHKs raten betroffenen Unternehmen aus Sorge vor bürokratischer Überlastung derzeit von der Nutzung der Datenbank auf Grundlage des Wortlauts des Chemikaliengesetzes ab. Der Europäischen Chemikalienagentur sollten die entsprechenden Informationen nach Art. 33 REACH auf anderem Wege übermittelt werden. Gleichwohl bleibt ein Restrisiko, dass eine gesetzliche Pflicht zur vollständigen Nutzung und Eintragung in die Datenbank in Deutschland zu einem späteren Zeitpunkt noch einsetzen könnte.
Unternehmen, die trotz derzeitiger Rechtsunsicherheit bereits die Datenbank nutzen wollen, können hierfür auf das Webinar-Angebot der ECHA am 19. November zur Vorbereitung nutzen.
* SCIP = database for information on Substances of Concern In articles as such or in complex objects (Products)
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: Umwelt- und Energieberatung, Umwelt- und Energiepolitik

Weitere Informationen