
Barrierefreie Websites werden zur Pflicht
Zum 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Damit soll allen Menschen die Teilhabe am Wirtschaftsleben ermöglicht werden. Durch das Gesetz werden teilweise erhebliche Änderungen an Produkten und Dienstleistungen erforderlich, insbesondere an Websites.
- Welche Unternehmen fallen unter das Gesetz?
- Um welche Produkte und Dienstleistungen geht es?
- Wann sind Produkte oder Dienstleistungen barrierefrei?
- Welche Ausnahmen gibt es?
- Welche Pflichten müssen Unternehmen erfüllen?
- Wie wird die Einhaltung des Gesetzes überwacht?
- Welche Folgen können Verstöße haben?
- Welche Übergangsregelungen gibt es?
Text: Matthias Voigt
Welche Unternehmen fallen unter das Gesetz?
Das BFSG betrifft Hersteller, Händler und Importeure von bestimmten Produkten sowie Dienstleistungserbringer für Verbraucher. Ausgenommen sind Dienstleistungserbringer, die Kleinstunternehmen sind (Unternehmen, die weniger als zehn Personen beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens zwei Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens zwei Millionen Euro beläuft).
Für Kleinstunternehmen, die Produkte in den Verkehr bringen, gilt diese Ausnahme aber nicht! Für diese sieht das Gesetz eine Beratungsmöglichkeit durch die Bundesfachstelle Barrierefreiheit (www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de) vor.
Um welche Produkte und Dienstleistungen geht es?
Das BFSG gilt für Produkte wie etwa Computer, Tablets, Laptops, Selbstbedienungsterminals (Geldautomaten, Fahrausweisautomaten und Check-in-Automaten), Smartphones oder Smart-TV und E-Book-Lesegeräte, die allesamt nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden.
Außerdem gilt das BFSG für folgende Dienstleistungen, die für Verbraucher*innen nach dem 28. Juni 2025 erbracht werden: Websites und Apps, über die Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen vertreiben wie beispielsweise Online-Shops, Telekommunikationsdienste, Websites und Apps von Fernsehsendern oder Video-on-Demand-Plattformen, Online-Banking oder E-Books.
Die Wahrnehmung einer Website muss immer über mindestens zwei Sinne erfolgen können, wie etwa zusätzlich durch das Vorlesen schriftlicher Informationen.
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Wann sind Produkte oder Dienstleistungen barrierefrei?
Produkte oder Dienstleistungen sind nach dem BFSG barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe, auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.
Grundsätzlich muss eine Wahrnehmung immer über mindestens zwei Sinne möglich sein (also zum Beispiel zusätzlich das Vorlesen schriftlicher Informationen).
Welche Ausnahmen gibt es?
Unternehmen müssen die Barrierefreiheitsanforderungen nicht einhalten, wenn die Einhaltung zu einer grundlegenden Veränderung ihres Produktes oder ihrer Dienstleistung oder zu einer unverhältnismäßigen Belastung führen würde.
Eine unverhältnismäßige Belastung kann unter anderem dann vorliegen, wenn die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen eine zusätzliche übermäßige organisatorische oder finanzielle Belastung für den Wirtschaftsakteur darstellt. Das Gesetz listet dafür Kriterien auf.
Welche Pflichten müssen Unternehmen erfüllen?
Die Pflichten unterscheiden sich nach der Rolle, die ein Unternehmen („Wirtschaftsakteur“) hat.
- Hersteller dürfen ihre Produkte nur auf den Markt bringen beziehungsweise anbieten, wenn sie barrierefrei sind. Dies müssen sie in einem „Konformitätsbewertungsverfahren“ nachweisen. Zudem ist eine technische Dokumentation zu erstellen, damit die Übereinstimmung des Produkts mit den Anforderungen des Gesetzes und der Verordnung bewertet werden kann.
- Importeure müssen ebenfalls dafür sorgen, dass sie nur solche Produkte in den Verkehr bringen, die die Anforderungen des BFSG und der Verordnung erfüllen, auch wenn die Produkte in Drittländern hergestellt wurden. Sie müssen daher prüfen, ob der Hersteller seine Pflichten erfüllt hat.
- Auch für Händler gilt: Besteht Grund zur Annahme, dass ein Produkt die Barrierefreiheitserfordernisse nicht erfüllt, darf es nicht vertrieben werden. Auch hier muss das Produkt so gelagert und transportiert werden, dass die Barrierefreiheitsanforderungen nicht beeinträchtigt werden. Den Händler treffen aber keine Verpflichtungen zur Herstellung der Konformität, wohl aber die Informationspflichten.
- „Quasi-Hersteller“: Für Händler oder Importeure, die Produkte unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke in den Verkehr bringen, gelten die Regelungen für Hersteller.
- Dienstleistungserbringer dürfen nur Dienstleistungen erbringen beziehungsweise anbieten, die die Anforderungen der Verordnung erfüllen. Sie müssen zudem nach Anlage 3 des BFSG bestimmte Informationen erstellen und diese der Allgemeinheit in barrierefreier Form zugänglich machen, zum Beispiel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), darunter eine allgemeine Beschreibung der Dienstleistung in einem barrierefreien Format.
- Alle Wirtschaftsakteure müssen auf Anfrage der Marktüberwachungsbehörde mindestens für fünf Jahre ab Bezug oder Abgabe eines Produkts Auskunft darüber erteilen können, von wem Produkte bezogen und an wen Produkte abgegeben wurden.
Wie wird die Einhaltung des Gesetzes überwacht?
Marktüberwachungsbehörden können sowohl mit als auch ohne Anlass Produkte und Dienstleistungen überprüfen und bei Nichtkonformität zu Korrekturmaßnahmen auffordern. Werden die Maßnahmen nicht umgesetzt, können Produkte zurückgerufen und Dienstleistungen eingestellt werden.
Welche Folgen können Verstöße haben?
Verbraucher*innen oder anerkannte Verbände und Einrichtungen können sich bei Verstößen an die Marktüberwachungsbehörde wenden. Es sind Produktrückrufe oder die Einstellung der Dienstleistung oder Bußgelder bis zu 100.000 Euro möglich.
Welche Übergangsregelungen gibt es?
Das BFSG tritt am 28. Juni 2025 in Kraft. Selbstbedienungsterminals, die von Dienstleistungserbringern vor dem 28. Juni 2025 zur Erbringung von Dienstleistungen unter Einhaltung der gesetzlichen Regelungen eingesetzt werden, dürfen bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer, aber nicht länger als 15 Jahre nach ihrer Ingebrauchnahme (also bis maximal 2040) weiter zur Erbringung vergleichbarer Dienstleistungen eingesetzt werden.
Weitere Infos erhalten Sie in unserem Beitrag Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Pflicht für Webseitenbetreiber und Online-Händler zur Barrierefreiheit
Praktische Beispiele
Hilfestellungen zum BFSG finden Sie auch bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit.
Hilfestellungen zum BFSG finden Sie auch bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit.
Dieser Artikel ist erstmals erschienen im IHK-Magazin „Wirtschaftsdialoge”, Ausgabe 1/2025. Sie möchten das gesamte Heft lesen? Die „Wirtschaftsdialoge” können Sie auch online als PDF-Datei herunterladen.
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Matthias Voigt
Bereich:
Kommunikation und Marketing
Themen: IHK-Magazin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit