8. März 2024
Empfang der Wirtschaft
Der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg, Jörg Ludwig Jordan, und der Präsident der Handwerkskammer (HWK) Kassel, Frank Dittmar, begrüßten am 7. März beim gemeinsamen Empfang der Wirtschaft die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, den Hessischen Minister für Kultus, Bildung und Chancen, Armin Schwarz, und den Hessischen Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum, Kaweh Mansoori.
Rund 450 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Verwaltung, Medien und Kultur waren in die Stadthalle Baunatal gekommen. Der Abend unter dem Motto „Gute Bildung. Guter Standort. Gute Wirtschaft“ stellte die Schul- und Berufsbildung in den Mittelpunkt. Den Impulsvortrag hielt Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger. Gesprächspartner bei der sich anschließenden Diskussionsrunde waren neben den beiden Präsidenten Jörg Ludwig Jordan und Frank Dittmar die beiden hessischen Minister Armin Schwarz und Kaweh Mansoori. Die Diskussion moderierte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Arnd Klein-Zirbes.
Konstruktive Runde: (von links) Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori, IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Arnd Klein-Zirbes, HWK-Ehrenpräsident Heinrich Gringel, Hessens Kultusminister Armin Schwarz, IHK-Präsident Jörg Ludwig Jordan, Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, Ausbildungsleiterin Luisa Iske (horizont group GmbH), HWK-Präsident Frank Dittmar, Hessens Wissenschafts- und Kunstminister Timon Gremmels, HWK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Müller und Felix Reuter (Fritz Reuter und Sohn GmbH), Auszubildender zum Maler und Lackierer.
© Dieter Schachtschneider
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Im Rahmen der Diskussion kamen auch Luisa Iske, Ausbildungsleiterin bei der horizont group GmbH in Korbach, und Felix Reuter, Auszubildender zum Maler und Lackierer bei der Fritz Reuter & Sohn GmbH in Kassel, zu Wort. Sie gaben vertiefende Einblicke in die duale Ausbildung und den damit verbundenen Chancen für junge Menschen.
IHK-Präsident Jordan betonte die Bedeutung der Bildung als zentralen Standortfaktor für die Wirtschaft und forderte die Bundesbildungsministerin auf, sich für einen umfassenden Bürokratieabbau einzusetzen: „Die Überbürokratisierung unseres Landes, mit der wir ausländische Fachkräfte konfrontieren, ist nicht Ausdruck der Willkommenskultur, die wir Unternehmer uns wünschen. Dem Fachkräftemangel können wir nur mit einer strategisch durchdachten Fachkräftezuwanderung erfolgreich begegnen.“ Zur Weltoffenheit gebe es keine Alternative, weder menschlich noch politisch und schon gar nicht wirtschaftlich.
Forderung nach einer zukunftsfähigen Bildungspolitik
Der IHK-Präsident appellierte zudem an Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger, Hessens Kultusminister Schwarz und Hessens Wirtschaftsminister Mansoori, dass Bund und Länder gemeinsam mit der Wirtschaft an einer zukunftsfähigen Bildungspolitik arbeiten: „Die Menschen, die wir in den nächsten fünfzehn Jahren in den Schulen und Hochschulen ausbilden, werden Deutschland bis zur nächsten Jahrtausendwende prägen“, so Jordan. Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und Demokratie hingen davon ab, diese jungen Menschen mit den richtigen Kompetenzen auszustatten.
Für HWK-Präsident Frank Dittmar ist neben dem Klimawandel und der derzeit schwierigen Wirtschaftslage der Fachkräftemangel eine zentrale Herausforderung für das Handwerk: „Auch wenn KI den Arbeitsalltag in unseren Betrieben verändern wird, brauchen wir auch künftig Menschen, die ihr Handwerk beherrschen, weil sie es erlernt und sich zu qualifizierten Fachkräften fortgebildet haben. Das ist die unabdingbare Grundlage für das erfolgreiche Bestehen unserer Betriebe.“
Dittmar betonte, dass die Zukunftsfähigkeit der Betriebe und damit der Gesellschaft von der Frage abhängt, „ob es uns gelingt, unser Bildungssystem so aufzustellen, dass wir auch künftig genügend Menschen finden, die an der Bewältigung der Herausforderungen, vor denen wir stehen, mitarbeiten können und wollen“. Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung wäre ein Bildungssystem, „dass tatsächlich alle mitnimmt und nach ihren Fähigkeiten fördert, sowie die gesellschaftliche Anerkennung der dualen Bildung als echte Alternative zum Studium.
Standort Deutschland wieder attraktiver machen
Auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger wies darauf hin, dass der Standort Deutschland wieder attraktiver gemacht werden müsse: „Dabei geht es um mehr Freiheit für die Wirtschaft, beispielsweise durch Steuerentlastungen, den Abbau von Bürokratie und das Wachstumschancengesetz einschließlich der Ausweitung der Forschungszulage. Aber auch gute Bildung ist dafür entscheidend. Wir brauchen eine bildungspolitische Trendwende. Deshalb ist das Startchancen-Programm so wichtig. Es ist das größte und langfristigste Bildungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Gleichzeitig stärken wir die berufliche Bildung mit unserer Exzellenzinitiative Beruflich Bildung.“
Für eine gute Berufsausbildung ist der duale Partner Berufsschule von großer Bedeutung. Deshalb dringt die Wirtschaft auf eine Stärkung der Berufsschulstandorte, eine Ausweitung der Berufsorientierung auf Gymnasien und die Gleichstellung von beruflicher und akademischer Ausbildung. IHK-Präsident Jordan und HWK-Präsident Dittmar richteten diese Forderungen in Baunatal an Kultusminister Schwarz, der deutlich machte: „Starke Ausbildungspartnerschaften vor Ort, eine attraktive berufliche Orientierung zur Sicherung des Fachkräftebedarfs und die Absenkung der Mindestklassengrößen in der Berufsschule sind eine solide Basis zur Stärkung des Wirtschaftsfaktors ländlicher Raum.“
Hessens Wirtschaftsminister Mansoori betonte, dass sowohl in der Wirtschafts- als auch in der Bildungspolitik von heute die Weichen für den Wohlstand und den gesellschaftlichen Frieden von morgen gestellt werden. „Durch die Förderung von Innovation, Qualifizierung, Unternehmertum und die Anpassung der Bildungsinhalte an zukünftige Anforderungen auf der einen Hand und dem Ausbau der Bildungsgerechtigkeit beziehungsweise der Schaffung inklusiver Bildungsstrukturen auf der anderen Hand, können wir einen sozial gerechten Strukturwandel gestalten, der allen Bürgerinnen und Bürgern Chancen auf Teilhabe und Erfolg bietet“, sagte Mansoori.
Transformation der Arbeitswelt
Die Podiumsdiskussion ergänzten Video-Einspieler, in denen sich Unternehmer aus beiden Kammern äußerten. So schilderten Marco und Timo Völske (Völske Elektro-Anlagen GmbH/Gudensberg), Dr. Andreas Ritzenhoff (Seidel GmbH & Co. KG/Marburg) und Alexander Host (Hetzler Automobile GmbH/Kassel) ihre Sicht der Dinge und forderten die Politik zum Handeln auf – etwa mit Blick darauf, ob das föderale Bildungssystem nach den jüngsten Pisa-Ergebnissen noch zeitgemäß ist, wie Ausbildungsstrukturen an die aktuellen Anforderungen angepasst werden oder wie die Transformation der Arbeitswelt gelingen kann.
Als Aussteller präsentierten sich auf dem sogenannten Markt der Möglichkeiten verschiedene HWK- und IHK-Projekte und -Kooperationen. Die Initiative „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“, ein regionaler Zusammenschluss von Organisationen, Vereinen und Unternehmen, die sich in der Region für Vielfalt in all ihren Dimensionen sowie gegen jegliche Ausgrenzung von Menschen in der Gesellschaft und Arbeitswelt einsetzen, war ebenfalls wie die Bundeswehr mit einem Informationsstand vertreten.
HWK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Müller fasste in seinem Schlusswort die Ergebnisse der Diskussion zusammen. Angesichts der großen Transformationsprozesse, vor denen die Wirtschaft stehe, wies er in Richtung Politik darauf hin, dass es dringender denn je Zeit sei, zu machen. Abschließend dankte er dem Ensemble „Scharfes Blech“ des Heeresmusikkorps Kassel unter der Leitung von Stabsfeldwebel Volker Löser, das den Abend musikalisch begleitete.