REACH

Weitgehende Beschränkung von fluorhaltigen Stoffen geplant

Helsinki, 22.02.2023. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat ihren Vorschlag für ein Verbot der Herstellung, des Imports, der Verwendung und des Inverkehrbringens von mindestens 10.000 Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) veröffentlicht.
Ziel des Verbots ist es, durch eine entsprechende Regelung in Anhang XVII der REACH-Verordnung die Freisetzung von PFAS in die Umwelt drastisch zu verringern. Betroffene Unternehmen sollten sich jetzt Gedanken über eine Substitution dieser Stoffe oder die Beantragung einer Ausnahme, bzw. Übergangsfrist machen.

Was sind PFAS?

Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) sind eine Klasse synthetischer organischer Substanzen mit unterschiedlichen Strukturen und Eigenschaften, die wegen ihrer Widerstandskraft gegen Hitze, weil sie Öl und Wasser effektiv abweisen und die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten modifizieren, in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden. Bekannte PFAS sind Perfluoroctansäure (PFOA) und Fluorpolymere wie Polytetrafluorethylen (PTFE), das unter dem Handelsnamen Teflon bekannt ist.
Das Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat die wichtigsten Infos zu den PFAS zusammengestellt, siehe: https://www.bmuv.de/faqs/per-und-polyfluorierte-chemikalien-pfas

Öffentliche Konsultation ab März 2023

Die wissenschaftliche Bewertung durch die ECHA-Ausschüsse für Risikobeurteilung (RAC) und sozioökonomische Analyse (SEAC) steht noch aus. Am 22. März 2023 startet eine sechsmonatige öffentliche Konsultation. Betroffene Unternehmen können dann z.B. die Aufnahme weiterer Ausnahmeregelungen vorschlagen, wobei diese wohl nur bei guten Begründungen gewisse Erfolgsaussichten haben.
Der chemische Anwendungsbereich des Beschränkungsvorschlags ist definiert als: Jeder Stoff, der mindestens ein vollständig fluoriertes Methyl- (CF3-) oder Methylen- (-CF2-) Kohlenstoffatom (ohne daran gebundenes Wasserstoff-/Chlor-/Brom-/Iod-Atom) enthält. Betroffen sind PFAS als solche und als Bestandteile anderer Stoffe, in Gemischen und in Erzeugnissen schon ab sehr geringen Konzentrationen (Verunreinigungen). Unter den Beschränkungsvorschlag fallen alle Verwendungen von PFAS, unabhängig davon, ob sie von den Staaten (darunter Deutschland), die das Beschränkungsdossier eingereicht haben, bewertet wurden und/oder in ihrem Bericht erwähnt werden oder nicht

PFAS in vielen Erzeugnissen enthalten

Per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen werden in Zehntausenden von Produkten verwendet, darunter Mobiltelefone, Windturbinen, Kosmetika, Solarpaneele, medizinische Geräte und Regenmäntel. Einmal freigesetzt verbleiben sie jedoch aufgrund ihrer außerordentlichen chemischen Stabilität über Jahrzehnte in der Umwelt und können schädliche Wirkungen auf Menschen und die Umwelt haben. In vielen Fällen sind nach Einschätzung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die an der Erarbeitung beteiligt war, bereits Alternativen für PFAS verfügbar. In allen übrigen Fällen müssten Ersatzlösungen gesucht werden.

EU entscheidet 2025

Voraussichtlich 2025 kann mit einer Entscheidung der Europäischen Kommission über den Beschränkungsvorschlag gerechnet werden, welcher eines der umfangreichsten Verbote chemischer Stoffe seit Inkrafttreten der REACH-Verordnung im Jahr 2007 darstellen würde.

Übergangsfristen für einzelne Sektoren möglich

Laut der vorgeschlagenen Beschränkung gibt es für Unternehmen je nach Anwendung Übergangsfristen von eineinhalb bis dreizehneinhalb Jahren, um Alternativen zu finden. Für einige wenige Bereiche sind unbegrenzte Ausnahmen vorgesehen. Dies betrifft zum Beispiel Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln, Biozidprodukten und Human- sowie Tierarzneimitteln.

Keine Fristen versäumen

Das Procedere für Ausnahmeregelungen und Übergangszeiträume ist zeitlich und inhaltlich genau vorgeschrieben. Wer hier also Fristen versäumt und zu spät reagiert, kann die Stoffe zukünftig nicht mehr verwenden!
Das Beschränkungsdossier zum Herunterladen gibt es - leider nur in englischer Sprache und viele hundert Seiten umfassend - unter https://echa.europa.eu/restrictions-under-consideration/-/substance-rev/72301/term
Dort werden in der Datei „Annex XV report“ ab Seite 99 bis Seite 156 der pdf-Datei einzelne Produktsektoren im Hinblick auf Substitutionspotentiale betrachtet.

Sektoren, für die Ausnahmen erwogen werden

Die Sektoren lauten wie folgt (vgl. die Datei Annex E):
E.2.1 PFAS-Herstellung
E.2.2 TULAC (Textilien, Polstermöbel, Leder, Bekleidung und Teppiche)
E.2.3 Materialien und Verpackungen mit Lebensmittelkontakt
E.2.4 Metallbeschichtung und Herstellung von Metallprodukten
E.2.5 Verbrauchermischungen (und Musikinstrumente)
E.2.6 Kosmetika
E.2.7 Skiwachs
E.2.8 Anwendungen von fluorierten Gasen
E.2.9 Medizinische Geräte
E.2.10 Verkehrswesen
E.2.11 Elektronik und Halbleiter
E.2.12 Energie
E.2.13 Bauprodukte
E.2.14 Schmierstoffe
E.2.15 Erdöl und Bergbau
Anhand dieser Sektoren-Einteilung können Unternehmen ab Seite 172 der pdf-Datei prüfen, ob für ihre Anwendungen Ausnahmen (und ggf. wie lange) vorgesehen sind.
Für sonstige Sektoren würde das Verbot 18 Monate nach Inkrafttreten uneingeschränkt gelten!

Weitere Informationen

Weitere Informationen veröffentlicht der BDI hier: https://bdi.eu/artikel/news/industrie-sieht-breite-pfas-beschraenkung-mit-sorge/
Quelle: IHK FR, BAuA, BMUV, ergänzt