Warum Verwaltung schneller und umfassend digitalisiert werden muss

Warum mit den Digitalisierungsgesetzen des Bundes viel versprochen, aber nur wenig umgesetzt wird, liegt für Ammar Alkassar, Executive in Residence/Senior Fellow des GovTech Campus Deutschland, nicht am Willen der Beteiligten, sondern „an der Komplexität der Verfahren“. In Deutschland nehme man es eben immer sehr genau. Andere Länder seien da flexibler und vor allem schneller, sagte Ammar Alkassar beim ersten GovTech Forum der IHK Heilbronn-Franken mit dem Dialog Zukunft: „Viele Verwaltungen haben die Corona-Pandemie genutzt, um Verwaltungsabläufe zu digitalisieren, Deutschland nicht.“

Dass die Behörden und Ämter schneller und umfassender digital werden müssen, darin waren sich alle Besucher des GovTech-Forums einig, unter ihnen auch Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel, Landrat Norbert Heuser und die Vorsitzende von ProRegion, Friedlinde Gurr-Hirsch. Und für die IHK: Präsidentin Kirsten Hirschmann sowie Hauptgeschäftsführerin Elke Döring.

Ammar Alkassar kritisierte vor allem die Zeiträume, in denen Entscheidungen getroffen und umgesetzt würden. „Bis wir ein Digitalisierungsprojekt umgesetzt haben, dauert es Jahre und ist dann meist schon überholt. Das aktuelle Bürokratieentlastungsgesetz war eineinhalb Jahre in der Vorbereitung.“ Gute Ansätze würden so wieder aufgeweicht, und anstatt Bürokratie abzubauen würden neue bürokratische Hürden aufgebaut. Der Grund: „Wir bewerten das, was wir machen, nicht nach den Ergebnissen, sondern messen es am Prozess.“

Für den GovTech-Experten steht fest: „So wie wir es jetzt machen, geht es nicht weiter.“ Die Digitalisierung sei nicht nur ein Service für Kunden, sondern im Zusammenhang mit der Entbürokratisierung auch wesentlich für die Wirtschaft des Landes: „Berichts- und andere bürokratische Pflichten führen mittlerweile dazu, dass Menschen immer mehr Zeit dafür aufwenden müssen, die ihnen letztlich fürs Geschäft fehlt.“

Der GovTech Campus Deutschland e.V. setzt genau da an. Er bringt Verwaltungen, Start-ups und Scale-ups zusammen. In Baden-Württemberg entsteht mit Unterstützung des Staatsministeriums Baden-Württemberg und der Dieter Schwarz Stiftung ein regionaler Campus mit dem Leitthema „AI/Data-for-Government“. Das Programm bietet laut StartupBW Infrastruktur und Ressourcen für die Entwicklung und Erprobung von KI-Anwendungsfällen und entwickelt Weiterbildungsangebote sowie Austausch- und Weiterbildungsformate zu Daten- und KI-Themen. Standort des GovTech Campus Baden-Württemberg ist der Innovationspark Künstliche Intelligenz (IPAI) in Heilbronn.

IHK-Präsidentin Kirsten Hirschmann verwies darauf, dass die Digitalisierung von Verwaltungsabläufen Kernpunkt einer zentralen IHK-Forderung nach einem umfassenden Bürokratieabbau sei und nannte den GovTech Campus in Heilbronn eine weitere innovative Einrichtung, mit der sich Heilbronn erneut an die Spitze einer Bewegung setze und ein Alleinstellungsmerkmal herausbilde.

Ansprüche, Forderungen und Möglichkeiten der Verwaltungsdigitalisierung wurden anschließend in vier Workshops diskutiert, geleitet von Dr. Malte Busch, Valerie Hübscher, Klaus Angerer und David Wurster vom Joint Innovation Hub Heilbronn des Fraunhofer ISI, die eine Kurzstudie zur Verwaltungsdigitalisierung vorlegten: Ihr Thema: Der Weg zu einer datensmarten Kommune: Best Practices.
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