Nearshoring und Diversifizierung der Lieferketten wird in Zeiten zunehmender Handelskonflikte und geopolitischer Unsicherheiten immer wichtiger. Rumänien ist aufgrund der geographischen Nähe, seiner hohen Qualitätsstandards, niedriger Lohnkosten und seiner EU-Zugehörigkeit ein interessanter Beschaffungsmarkt für deutsche Industrieunternehmen. Infolge dieser Entwicklung präsentieren sich rumänische Unternehmen gleichzeitig zunehmend als potenzielle Abnehmer für neue Maschinen und Anlagen.
Rumänien ist nach Ungarn und vor der Slowakei der zweitwichtigste Handelspartner Deutschlands in Südosteuropa. Der deutschrumänische Außenhandel betrug im letzten Jahr 37,5 Milliarden Euro und stieg damit um knapp 14 Prozent im Vergleich zu 2021. Hierbei ist der starke Zuwachs der Importe aus Rumänien, die mit einem Anstieg von etwa 20 Prozent letztes Jahr 17,5 Milliarden Euro erreichte, ein Zeichen für die steigende Bedeutung Rumäniens als Beschaffungsmarkt für deutsche Unternehmen.
Ein Fünftel des deutsch-rumänischen Außenhandels fällt allein auf Baden-Württemberg. Mit dem Südwesten verzeichnete Rumänien im letzten Jahr sogar einen Handelsüberschuss. Baden-Württembergische Unternehmen exportierten 2022 Waren im Wert von 2,89 Milliarden Euro, während die Importe mit einem Anstieg von über 31 Prozent auf 4,38 Milliarden Euro wuchsen.
Schlüsselsektor Metallbearbeitung
Zu den wichtigsten Industriezweigen in Rumänien gehört das metallbearbeitende Gewerbe. Die metallverarbeitende Industrie in Rumänien umfasst mehr als 16.000 Unternehmen. Vom Maschinenbau über die Automobilindustrie bis zu Luft- und Raumfahrt, Energieerzeuger und Medizintechnik – es ist eine breite Palette von Sektoren, die rumänische Zulieferer mit Produkten beliefern. Viele dieser Unternehmen bieten sich immer mehr als potenzielle Zulieferer für baden-württembergische Industrieunternehmen an, die ihre Lieferketten, oder Teile davon, mittelfristig nach Europa verlagern wollen. Auf der anderen Seite investieren die exportorientierten Metallbearbeiter aus Rumänien immer mehr in die Modernisierung ihrer Fertigungsanlagen und in die Ausstattung mit den neuesten Maschinen, um auf dem Markt wettbewerbsfähig zu bleiben und die Bedürfnisse und Standards ihrer Kunden zu erfüllen. Vor einigen Jahren haben die Unternehmen begonnen, EU-Mittel in Anspruch zu nehmen. Die meisten Unternehmen rüsten ihre Fabriken mit importierten Maschinen aus, da die Maschinenbauindustrie in Rumänien nicht so weit entwickelt und diversifiziert ist. Maschinen „Made in Germany“ stellen für rumänische Unternehmen nach wie vor ein Gütesiegel dar, so dass sich hier ein erhebliches Absatzpotenzial für baden-württembergische Maschinenhersteller ergibt.
Ein Beleg für die zwei positiven Trends im Ein und Verkauf der metallverarbeitenden Industrie in Rumänien sind die Handelsstatistiken mit Deutschland: Metallerzeugnisse rangieren bei den rumänischen Importen und Exporten von, beziehungsweise nach Deutschland auf den Plätzen vier und fünf. Im Jahr 2021 betrugen die Einfuhren 1,8 Milliarden Euro, während die Ausfuhren 1,15 Milliarden Euro erreichten.
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Unternehmerreise nach Baden-Württemberg
In diesem Zusammenhang bieten die baden-württembergischen IHKs in Kooperation mit der deutsch-rumänischen Industrie- und Handelskammer (AHK Rumänien) eine viertägige Geschäftsanbahnungsreise für rumänische Blechbearbeiter in Baden-Württemberg. Die rumänische Delegation besteht aus 22 Unternehmensvertretern von 15 Unternehmen, die sorgfältig von der Auslandhandelskammer in Bukarest ausgewählt wurden. Die Geschäftsanbahnungsreise hat eine zweifache Ausrichtung: Zum einen sollen baden-württembergische Anbieter von Blech- und Metallbearbeitungsmaschinen durch zielgenaues Matching mit rumänischen Kunden und ihren Einkaufsleitern zusammengebracht werden. Die Gespräche werden unter anderem auf der Blechexpo, der internationalen Fachmesse für Blechbearbeitung, am 7. und 8. November stattfinden. Darüber hinaus sollen Einkäufer baden-württembergischer Industrieunternehmen aus verschiedenen Industriezweigen, die maßgeschneiderte Blechkomponenten für ihre Produkte oder Anlagen benötigen – zum Beispiel Automobil, Luft- und Raumfahrt, Elektronik, Medizintechnik, Maschinenbau, Lebensmittelverarbeitung, Bau und Energieerzeugung – die Möglichkeit bekommen, mit potenziellen Lieferanten ins Gespräch zu kommen. Die Gespräche mit baden-württembergischen Einkäufern werden separat außerhalb der Messe auf zwei Kontaktbörsen am 6. November in Mannheim und am 9. November in Ulm stattfinden.
Das Projekt, gefördert durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg, wird von den Industrie und Handelskammern Ulm und Rhein-Neckar geleitet und von der IHK-Exportakademie veranstaltet.