hier geht was Vol. II

Von Bauanträgen bis Geburtsurkunde: So digital ist Ulm

Bürokratie eindämmen, indem man Prozesse bündelt und digitalisiert - das ist das Ziel im Rathaus. Davon profitieren auch die Bürger.
Ein Weg, Bürokratisierung einzudämmen, ist konsequente Digitalisierung. Und so hat die Stadt Ulm schon viele Services ins Internet verlegt, damit sich Bürger den Behördengang sparen können. So kann man bereits online einen Auszug aus dem Führungszeugnis beantragen oder das Eröffnen einer Gaststätte. Auch für die die Befreiung von der Hundesteuer und das Beantragen einer Geburtsurkunde muss man nicht mehr persönlich „aufs Amt“.
„Es wurden Gesetze geändert. Denn bisher werden Baugenehmigungen ja mit Stempel, Siegel und Unterschrift versehen“
– Carola Christ
Voraussichtlich ab November dieses Jahres kommt ein neuer Service hinzu, für den bereits seit bald zwei Jahren im Hintergrund gearbeitet wird: das virtuelle Bauamt. In Zukunft soll es möglich sein, Bauanträge digital einzureichen. Und zwar „medienbruchfrei“ – das bedeutet, dass es an keiner Stelle notwendig sein wird, etwas auszudrucken. Zum Beispiel, um es zu unterschreiben. Dafür ist für Privatpersonen eine Registrierung mit der Bund-ID notwendig – ein zentrales Konto für Online-Anträge, das vom Bundesinnenministerium bereitgestellt wird. „Und es wurden Gesetze geändert. Denn bisher werden Baugenehmigungen ja mit Stempel, Siegel und Unterschrift versehen“, erklärt Carola Christ, Leiterin der Hauptabteilung Stadtplanung der Stadt Ulm.

Bisher gab es kistenweise Unterlagen

Doch die Vorteile liegen auf der Hand: Es müssen keine Pläne mehr in mehrfacher Ausfertigung geplottet werden. „Für große Projekte werden manchmal Kartons voller Akten abgegeben“, berichtet Christ. Außerdem müssen die Unterlagen von mehreren verschiedenen Ämtern bearbeitet werden – Papierakten müssen dazu physisch weitergereicht werden, was Zeit kostet. An einem digitalen Bauantrag können alle parallel arbeiten. „Und der Antragsteller kann zugreifen und den Status seines Antrages sehen“, ergänzt Christ. Was allerdings noch nicht funktioniert: Dass die Software direkt einen Hinweis gibt, wenn Unterlagen fehlen. Das machen noch immer die Kolleginnen und Kollegen – allerdings können sie aus dem System heraus direkt eine E-Mail an den Antragsteller schicken und ihn darauf hinweisen.
Die Umstellung ist für die Stadt Ulm ein großer Kraftakt. „Das funktioniert nur, weil wir eine IT-Spezialistin direkt in der Abteilung haben, die etwa 70 Prozent ihrer Arbeitszeit nur auf dieses Projekt verwendet“, erklärt die Abteilungsleiterin.
Weiteres Projekt: ein zentraler Ansprechpartner für die Wirtschaft Ein weiteres Projekt, das den Kontakt zu Behörden erleichtern kann, kommt vor allem Unternehmern zugute. Darum wurde im vergangenen Jahr bei der Stadt Ulm die Koordinierungsstelle Wirtschaft und Arbeit ins Leben gerufen. Das Ziel: Ein zentraler Ansprechpartner, der sich um die Themen der Wirtschaft kümmert. Und die können vielfältig sein: Wie richtet man eine Betriebs-Kita ein? Kann ich die Zuleitung zu meinem Gelände über das kleine Stück Grundstück führen, das der Stadt gehört? An wen können sich meine Mitarbeiter wenden, wenn sie ein Haus bauen möchten?
Es geht dabei nicht darum, jemanden zu bevorzugen. „Unser Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die Unternehmen schnell zu den richtigen Ansprechpartnern finden“, erklärt Tanja Oelmaier, Leiterin der Abteilung Liegenschaften und Wirtschaftsförderung bei der Stadt Ulm. Diese zentrale Ansprechperson – in dem Fall Evelyn Zettelmeier – ist umgeben von einem abteilungsübergreifenden Kompetenzteam. Dazu gehören die Abteilungen Stadtplanung, Verkehrsplanung und Wirtschaftsförderung, die Projektentwicklungsgesellschaft sowie die Zentralstelle, die beim Oberbürgermeister angesiedelt ist. „So haben wir alle notwendigen Kompetenzen beisammen“, erklärt Oelmaier.

Ulm entwickelt sich „hin zu mehr Kundenorientierung“

„Diese Zentralstelle ist Teil unserer veränderten Arbeitsweise“, erklärt Oelmaier. „Hin zu mehr Kundenorientierung.“ Dazu gehören auch die Unternehmensfrühstücke, die einmal im Jahr angeboten werden, und die Unternehmensbesuche, die Oelmaier und ihr Team regelmäßig machen. „Wir versuchen so, die Themen, die die Wirtschaft beschäftigen, aktiv einzuholen.“ Die Rückmeldungen seien bislang sehr positiv. „Die Unternehmer fühlen sich gehört.“ Und das wiederum sei positiv für die Stadt – denn die Unternehmen bringen der Stadt über Steuern Einnahmen und sie schaffen Arbeitsplätze. „Wir müssen Firmen aktiv begleiten und unterstützten, damit sie am Standort festhalten.“ In Ulm sei außerdem das Thema Marketing wichtig, erklärt Oelmaier. Denn „Ulm ist eine kleine Großstadt“. Diese müsse man mehr bewerben und erklären wie beispielsweise Köln, München oder Berlin. „Gerade Bewerber aus dem Ausland haben oft keine klare Vorstellung. Wir vermarkten unsere Vorteile noch zu wenig“, meint Oelmaier.
Simone Dürmuth, Südwest Presse

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