Hier geht was

Digital die Bürokratie eindämmen

Immer mehr Aufgaben mit weniger Leuten erledigen. Das geht, wenn man Prozesse konsequent digitalisiert. Davon haben dann auch die Bürger im Alb-Donau-Kreis was.
Der Inbegriff für Bürokratie sind für viele Bürger Behörden wie zum Beispiel die Landratsämter. Um der überbordenden Bürokratie etwas entgegenzusetzen, geht das Landratsamt für den Alb-Donau-Kreis in Ulm ganz stringent den Weg der Digitalisierung.
„Wenn ein neues Gesetz kommt, ist es oft doppelt so dick wie das alte“, berichtet Landrat Heiner Scheffold aus der Praxis. Und das bedeutet in der Regel auch, dass die Umsetzung komplex ist. Dies in Kombination mit fehlenden Fach- und Arbeitskräften führt zu einer enormen Belastung. Die Antwort des Landratsamts: konsequente Digitalisierung.
190 Fachverfahren seien bereits digitalisiert, berichtet Scheffold. „Im Sommer waren es noch 150.“ Damit gehört das Landratsamt zu den Spitzenreitern im Land Baden-Württemberg. Das sei auch dringend notwendig.
„Mit den Arbeitsabläufen aus meiner Anfangszeit in den 80er-Jahren könnte man die Arbeitsmenge von heute gar nicht bewältigen.“
– Heiner Scheffold

Bürger sind teils zurückhaltend

Und auch für den Bürger sollen die Angebote von Vorteil sein – allerdings werden nicht alle Services auch genutzt. So gibt es beispielsweise ein Kundenportal für das Abfallwesen. Hier können unter anderem Rechnungen eingesehen oder Sperrmüll-Abholung beantragt werden. Das werde gut angenommen. „Die weit überwiegende Mehrheit der Kunden nutzt das“, so Scheffold. Und auch die Bürger-App werde rege genutzt. Die sendet beispielsweise Nachrichten, welche Mülltonne am nächsten Tag rausgestellt werden muss und informiert, wenn sich die Abfuhr – etwa wegen des Wetters – kurzfristig ändert.
Andere Dienste werden deutlich weniger genutzt. Zum Beispiel die Möglichkeit, den Führerschein zu beantragen. Hier kann man schon bevor man die praktische Prüfung macht, alle notwendigen Unterlagen hochladen und dann viel schneller das Dokument bekommen. „Als Führerschein-Neuling will ich ja möglichst zeitnah nach der Prüfung fahren und nicht noch wochenlang warten, bis das Dokument aus der Bundesdruckerei kommt“, erklärt Scheffold den Vorteil. Seit August ist das im Alb-Donau-Kreis möglich. Genutzt wurde es seitdem aber nur fünf Mal. Oder auch die Kfz-Anmeldung: Von rund 54 000 Zulassungen im vergangenen Jahr wurden nur 874 online gemacht.
Warum das eine gut angenommen wird und das andere nicht – dafür hat der Landrat eine Erklärung: Während man sich für das Portal und die App einfach registrieren kann, ist es für die Beantragung von Führerschein und Kfz-Zulassung notwendig, dass die Online-Funktion des Personalausweises aktiviert ist.
Für die Mitarbeiter sei die Umstellung keineswegs einfach. Da müssen Prozesse komplett neu gedacht werden und es läuft auch nicht auf Anhieb alles rund. So habe die Kfz-Zulassungsstelle eine neue Software bekommen. „Da gab es für ein paar Tage Probleme – aber das haben wir bereits im Vorfeld ehrlich kommuniziert“, so Scheffold.

Zur Chefsache machen

Für andere Firmen, die sich mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen, hat der Landrat ein paar Tipps. So sei es zum Beispiel wichtig, das Thema zur „Chefsache“ zu machen. „Das muss von oben vorgelebt werden“, ist er überzeugt. Außerdem dürfe man nicht den Fehler machen, analoge Prozesse einfach in digitale übersetzen zu wollen. „Da braucht es häufig völlig neue Abläufe.“ Um diese festzulegen, solle man unbedingt Experten von außen dazu holen. Zudem müsse man die Mitarbeiter frühzeitig ins Boot holen und sich bemühen, sie für das Projekt zu gewinnen. „Dazu gehört auch, dass man ehrlich kommuniziert.“ Also dass man die Vorzüge aufzeigt, aber auch die Anstrengungen, die notwendig sind.
Privat ist Scheffold ebenso begeistert von der Digitalisierung – sie zieht sich durch fast alle Bereiche seines Lebens. Von der Überwachung der eigenen Solaranlage auf dem Dach bis hin zum Smartphone, das sein ständiger Begleiter ist. Aber ein paar Dinge bleiben dann aber auch beim digital begeisterten Landrat analog: „Persönliche Begegnungen sind mir sehr wichtig“, erklärt er. Eine Kreistagssitzung sei „in echt“ einfach viel gewinnbringender als digital. Und auch die wichtigsten Dokumente habe er ausgedruckt. „Falls jemand Mal den Stecker zieht, damit ich immer noch zeigen kann, wer ich bin und welche Ansprüche ich habe.“
Simone Dürmuth, Südwest Presse

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