Reform des EU-Strommarktdesigns
Das EU-Parlament hat über das europäische Strommarktdesign final abgestimmt. Mit den angestrebten Änderungen sollen sowohl der Ausbau von erneuerbaren Energien als auch der Ausstieg aus Erdgas beschleunigt werden. Ziel ist es, Strompreise langfristig vorhersehbarer zu gestalten und Preisspitzen abzufedern. Die formale Annahme des Rates steht noch aus, ist aber zu erwarten.
Ausgewählte Maßnahmen:
- Beibehaltung der Merit Order
- Erleichterungen für Direktstromlieferverträgen (PPAs) z.B. durch Pooling, freiwillige Standardverträge, staatliche Garantien
- Förderung von neuen Anlagen aus Erneuerbaren Energien und Atomkraft nur noch durch freiwillige Contracts for Difference (CfDs) oder äquivalente Instrumente, mit einem Rückholmechanismus -> ggf. Anpassung des EEGs innerhalb der nächsten 3 Jahre notwendig
- Mehr Rechte beim Energy-Sharing für Unternehmen, wodurch PPAs und die Abgabe von überschüssigem Strom aus der betrieblichen Eigenstromerzeugung auf oder nahe dem Betriebsgelände und Gewerbe- sowie Industriegebieten ermöglicht werden (Begrenzung für nicht KMU auf 6 MW Anlagenkapazität)
- Staatlich befristete Unterstützungsmaßnahmen für KMU im Falle einer Strompreiskrise -> keine beihilferechtliche Genehmigung notwendig
- Kapazitätsmechanismen nicht mehr als Ausnahmeregelung, aber weiterhin unter umfassender Prüfung durch die Kommission
DIHK-Einschätzung:
Die Beibehaltung des Merit Order Systems kann nach den intensiven Diskussionen, besonders während der Energiekrise im Jahr 2022, als erfolgreicher Schritt betrachtet werden. Zusätzlich eröffnet die Reform die Möglichkeit, im Falle einer erneuten Strompreiskrise Unterstützungsmaßnahmen für KMU zu ergreifen. Dass dabei zukünftig keine zusätzlichen Instrumente der Gegenfinanzierung, wie der kritische Markteingriff zur Erlösabschöpfung bei Erzeugungsanlagen, notwendig ist, ist ein Erfolg. Zudem kann die Stärkung des Power Purchase Agreement (PPA)-Marktes das Stromangebot erneuerbarer Energien in Deutschland ausweiten. Gleichzeitig bieten PPAs Unternehmen eine marktwirtschaftliche Option, sich klimafreundlich gegen kurzfristige Preisschwankungen auf den Energiemärkten abzusichern und treibhausgasneutralen Strom zu beziehen. Die Bereitstellung staatlicher Garantien zur Absicherung finanzieller Risiken erleichtert insbesondere KMU den Zugang zum PPA-Markt und stärkt Investitionen in eine umweltfreundliche Energieversorgung.
Die Bestimmungen für den staatlich finanzierten Ausbau erneuerbarer Energien bedeuten jedoch auch einen Rückschritt in der Energiewende. Obwohl zweiseitige Differenzkontrakte nicht obligatorisch eingeführt werden, entziehen Erlösobergrenzen am Strommarkt (Erlösabschöpfungen) Anreize, die Stromvermarktung direkt mit Speichern, anderen Erzeugungsanlagen oder der Nachfrageseite zu koppeln. Dies verringert die Flexibilität des Marktes erheblich und könnte dazu führen, dass erneuerbare Energieanlagen sich nach Ablauf der Förderperiode am Markt nicht etablieren können. Zudem öffnet die Reform weiterhin die Tür für die Einführung nationaler Kapazitätsmechanismen, die einem effizienten integrierten Strombinnenmarkt entgegenstehen und mit höheren Stromkosten für Betriebe einhergehen können.
(Quelle DIHK)