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Bolivien: Luis Arce – ein neuer Gesprächspartner für Deutschland

Mit 54,4 Prozent der Stimmen hat der Kandidat der Partei Movimiento al Socialismo (MAS) die Wahl zum Präsidenten am 18. Oktober bereits im ersten Wahlgang klar für sich entschieden.
Inzwischen ist er vereidigt und Boliviens Linke ist nach einem Jahr der Übergangsregierung zurück. Zurück ist auch Boliviens ehemaliger Staatschef Evo Morales. Er musste – des Wahlbetrugs bei den vorangegangenen Präsidentenwahlen im Jahr 2019 bezichtigt – auf Druck des Militärs zurücktreten. Argentinien gewährte ihm Exil. Was ihn nicht daran hinderte Wahlkampf für den Neuen zu machen. Luis Acre – ein langjähriger Weggefährte - war sein Wunsch-Kandidat. Während seiner dreizehnjährigen Präsidentschaft, von 2006 bis 2019, war Luis Acre fast die gesamte Zeit an seiner Seite – erst als Finanz- und später als Wirtschaftsminister. Luis Acre wird sicherlich an seine Politik anknüpfen. Aber er wird auch einiges anders machen. Für deutsche Unternehmen könnten sich mit Luis Acre jedoch neue Chancen in Bolivien ergeben.
Bolivien: ein Auslandsmarkt für deutsche Unternehmen?
Bolivien, mit seinen circa 10 Millionen Einwohnern, gilt als eines der ärmsten Länder Lateinamerikas. 63 Prozent der Menschen dort leben unter der Armutsgrenze; 25 Prozent der Bevölkerung in absoluter Armut. Die Corona-Pandemie trifft Bolivien hart. Denn eigentlich wurden in Bolivien in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht: Boliviens wirtschaftliches Wachstum ist eines der besten und stetigsten in Südamerika, die Armut wurde signifikant verringert, der Konsum gesteigert. Möglich war dies nicht zuletzt aufgrund hoher öffentliche Ausgaben. Ausgaben, die jetzt dringend für das jahrelang vernachlässigte Gesundheitssystem nötig wären. Dies ist in mittels weitgehend kollabiert. Knapp 140.000 Infektionen wurden unter den elf Millionen Einwohnern des Landes bisher nachgewiesen, etwa 8.400 Menschen starben bisher in Bolivien an Covid-19.
Dennoch ist Bolivien für die deutsche Wirtschaft attraktiv. Hier liegen nämlich die größten Lithiumvorkommen der Welt. Und die sind noch weitgehend unberührt: 20 Millionen Tonnen dieses Rohstoffs sollen unter dem Salar de Uyuni, dem größten Salzsee der Welt, lagern. Den brauch die deutsche Wirtschaft: Für Akkus von Laptops, Tablets und Smartphones, für Stromspeicher von Solarsystemen. Vor allem aber für Elektroautos. Einen Deal, der deutsche Mittelständler an der Erschließung dieser gewaltigen Vorkommen beteiligen sollte, gab es schon: ein Joint Venture zwischen der ACI Systems Alemania und dem bolivianischen Staatsunternehmen YLB – angelegt auf eine Dauer von 70 Jahren. Morales hat dies kurz vor seinem Sturz allerdings annulliert und der Deal ging in den innenpolitischen Turbulenzen unter. Die Chancen auf einen Neustart unter Präsident Acres sind nun aber da.
Interessante Investitionsmöglichkeiten für deutsche Mittelständler gibt es aber in anderen Bereichen: In den vergangenen zehn Jahren hat die bolivianische Regierung stark in den Ausbau von Infrastruktur investiert. Deutsche Unternehmen sind hier – auch im Rahmen von entwicklungspolitischen Projekten – insbesondere im Wasser- und Abwassermanagement aktiv. Aber auch die Sektoren Schiene und Straße bieten Potenzial. Einiges zu tun gäbe es für deutsche Unternehmen auch im Bereich der konventionellen und erneuerbaren Energien. Das BMZ finanziert hier Programme zur Netzverdichtung und fördert Pilotprojekte zur Elektrifizierung entlegener Gebiete. Deutsche Experten beraten bei der Planung, Aufbau, Betrieb und Wartung von Windkraftanlagen, Photovoltaik-Anlagen und Hybridsystemen, unterstützen bei der Entwicklung von technischen Standards und der Steigerung der Energieeffizienz.
Investieren in Bolivien ist dennoch nicht ganz einfach. Der Marktzugang ist durch Restriktionen für ausländische Interessenten beschränkt. Ein Investitionsschutzabkommen zwischen Deutschland und Bolivien gibt es nicht. China ist ein starker Konkurrent. Lokale Kontakte und Netzwerke sind deswegen das A & O. Beides können deutsche Unternehmen bei der Deutsch-Bolivianischen Industrie- und Handelskammer erhalten.
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Stand: 02.08.2023