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Expertise einbringen, Erfahrungen mitnehmen
Wer sagt denn, dass am Prüfungstag nur die Auszubildenden an ihren Aufgaben wachsen dürfen? Auch den Prüferinnen und Prüfern bietet sich eine gute Chance zur Persönlichkeitsentwicklung, sagt die Personalmanagerin und Geschäftsführerin der in Münster ansässigen ECON TEL GmbH, Claudia Hegemann. | Text: Dominik Dopheide
Hegemann ist Mitglied im IHK-Prüfungsausschuss „Kaufmann/-frau/Servicefachkraft für Dialogmarketing“ und zudem im IHK-Berufsbildungsausschuss tätig. Viel Überzeugungsarbeit musste die IHK nicht leisten, um sie für die Ehrenämter zu gewinnen, weil sie dem Thema Ausbildung ohnehin eine große Wertschätzung entgegenbringt. „Ich bin bei ECON TEL für den gesamten Bereich des Personals verantwortlich, von der Rekrutierung und Einstellung über die Personalentwicklung und Betreuung bis hin zum Vertragsende“, erklärt die Geschäftsführerin und Ausbilderin. ECON TEL ist Vertriebsdienstleister: Das Unternehmen unterstützt seine Kunden, damit diese zum perfekten Zeitpunkt die passenden Produkte und Services an die richtigen Entscheider bringen können. Zudem hilft das Unternehmen, digitale Verkaufskanäle aufzubauen, Reichweiten zu vergrößern sowie Märkte zu analysieren und zu erschließen. Hegemann hat also quasi von Haus aus einen geschulten Blick für Chancen und Potenziale. Genau deshalb ist sie eingestiegen in den Prüfungsausschuss.
Der gesamte Wirtschaftsstandort Nord-Westfalen, betont sie, profitiere von der Arbeit dieser Gremien. Denn mit soliden Ausbildungen und einem hohen Standard der IHK-Prüfungen werde dem Fachkräftemangel entgegengesteuert und das Potenzial für Innovation und Wachstum geschaffen. Wachsen können aber auch die Prüfenden: Die Erfahrungen aus diesem Ehrenamt hätten sie in ihrer persönlichen Entwicklung weitergebracht, erzählt Hegemann. So sieht sie es grundsätzlich als eine inspirierende Aufgabe, junge Menschen auf deren beruflichem Weg und somit auch durch die Prüfungsetappe zu begleiten. Die Unternehmerin hat ein Beispiel parat. Demnach trat ein junger Mann vor den Ausschuss, der sehr schlechte schriftliche Noten im Gepäck hatte. Einmal die erste Nervosität abgelegt, trumpfte er immer stärker auf und überraschte mit einem exzellenten Ergebnis. Ein Wunder? Natürlich nicht, aber doch ein wunderbares Beispiel für die Wirkung von Gemeinschaftssinn und Teamwork, das Hegemann gern mitgenommen hat ins eigene Berufsleben „Er hat erzählt, dass er seinen Ausbilder, seine Arbeitskollegen und auch seine Berufsschulklasse um Unterstützung für die letzten Monate der Ausbildung und für die Prüfungsvorbereitung gebeten hat“, löst Hegemann das Rätsel auf und fügt an: „Dieses Engagement der eigentlich Unbeteiligten hat mich sehr beeindruckt.“
Seminare für Prüferinnen und Prüfer
Von „unschätzbarem Wert“ ist für sie der fachliche und persönliche Austausch im Kreis der Ausschussmitglieder. Die Zusammenarbeit eröffne für jede Prüferin und jeden Prüfer die Möglichkeit, an einem großen Erfahrungsschatz zu partizipieren. Die Arbeit im Gremium sieht Hegemann folglich als einen gemeinsamen Lernprozess, der den Horizont jedes Ausschuss-Mitglieds erweitern könne. Dass sich dieser Effekt noch verstärken lässt, ist für sie der nächste gute Grund, langfristig im Prüfer-Team zu bleiben. „Die IHK bietet für die Ausschussmitglieder kontinuierlich Prüferseminare an“, erklärt sie. Diese Angebote zu nutzen, um auf dem Laufenden zu bleiben: Das empfiehlt sie allen, die in ein Prüfungs-Gremium aufgenommen worden sind – so auch einer Mitarbeiterin aus dem ECON-TEL-Team. „Sie hat 2011 bei uns ihre Ausbildung begonnen, ist dann selbst Ausbilderin geworden und geht jetzt in den Prüfungsausschuss – eine tolle Entwicklung“, freut sich Hegemann.. „Durch das Auswahlverfahren bin ich kontinuierlich nah an den jungen Leuten dran und gewinne in den Vorstellungsgesprächen einen guten Eindruck, wie die Bewerberinnen und Bewerber ticken“, sagt die Personalchefin.
Azubis wollen mitgestalten
Was sich geändert habe: Die Auszubildenden wollen nicht mehr nur abarbeiten, was ihnen aufgetragen wird, sondern selbst mitgestalten und Verantwortung übernehmen – am besten im Rahmen kleinerer Projekte. Um so wichtiger ist für Hegemann, dass die Betriebe in den Ausschüssen präsent sind und dazu beitragen, dass die Prüfungsszenarien diese neue Realität widerspiegeln. Noch ein Pluspunkt der betrieblichen Teilhabe aus ihrer Sicht: Gerade für die Prüferinnen und Prüfer, die aus den Unternehmen kommen, sei das Engagement eine Herzensangelegenheit. Also bestehe wenig Gefahr, dass die Aufgabe zur Routine wird. Zwar sei der Ablauf der Prüfungen klar vorgegeben. „Bei den Aufgaben und Prüfungssituationen aber können und sollten wir mitgestalten, damit die Inhalte am Puls der Zeit und somit realistisch sind“, macht Hegemann deutlich, dass die Qualität des Prüfungsgeschehens auch vom Engagement der Unternehmen abhängt. Ihr Appell an alle Newcomer in den Ausschüssen: „Bleibt neutral, behandelt alle Auszubildenden fair und gleichberechtigt, und lasst euch nicht von persönlichen Vorurteilen leiten!“.
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Redaktion Wirtschaftsspiegel